auf einen entsprechenden Hinweis des Senats Prüfprotokolle von drei erfolglos gebliebenen Übermittlungsversuchen vorgelegt wurden, um unverzüglich glaubhaft zu machen, dass eine Übermittlung als elektronisches Dokument wegen eines am Tag des Fristablaufs aufgetretenen technischen Fehlers im Postausgang des beA-Postfachs vorübergehend unmöglich war, darf man nach strengerer Auffassung11 11 Auch OLG München, Beschl. v. 24.1.2022 – 28 U 8331/21 Bau. nicht erst einen Hinweis des Gerichts abwarten. Der BayVGH versteht die Formulierung so, dass die Glaubhaftmachung mit der Ersatzeinreichung grundsätzlich vorrangig zu erfolgen habe. Lediglich dann, wenn der Rechtsanwalt erst kurz vor Fristablauf feststellt, dass eine elektronische Einreichung nicht möglich ist und bis zum Fristablauf keine Zeit mehr verbleibt, die vorübergehende technische Störung darzutun und glaubhaft zu machen, genüge es, die Glaubhaftmachung unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern nachzuholen. Dabei sieht auch der BayVGH die Beweggründe des Gesetzgebers: Ein vorübergehender Ausfall der technischen Einrichtungen des Rechtsanwalts soll dem Rechtsuchenden nicht zum Nachteil gereichen. Eine etwas kulantere Auslegung der „Unverzüglichkeit“ wäre also angebracht. (ju) beA: ÜBERPRÜFUNG DER DATEI VOR VERSENDUNG Anders als bei der Übermittlung per Telefax, bei der die Gefahr besteht, dass die Übertragung vorzeitig abgebrochen und einzelne Seiten eines Schriftsatzes nicht übermittelt werden, und wo den Rechtsanwalt bzw. dessen gut geschultes Büropersonal daher die Obliegenheit trifft, sich anhand des Sendeberichts zu vergewissern, ob die Zahl der übermittelten Seiten mit der Seitenzahl des Originalschriftsatzes übereinstimmt, kann beim Versand über das beA eine Datei nur entweder gar nicht oder aber „authentisch“ übertragen werden; der sichere Übermittlungsweg und die Verschlüsselung lassen die Annahme der Veränderung einer Datei während des Übermittlungsvorgangs als nahezu ausgeschlossen, jedenfalls aber nicht hinreichend wahrscheinlich erscheinen. BayVGH, Beschl. v. 20.4.2022 – 23 ZB 19.2287 Der Prozessbevollmächtigte hatte offenbar in drei Parallelverfahren Anträge auf Zulassung der Berufung einreichen wollen. Tatsächlich war aber laut Hinweis des Senats im gegenständlichen Verfahren innerhalb der Frist keine Zulassungsbegründung eingegangen. Im Parallelverfahren sei ein vollständiger Zulassungsbegründungsschriftsatz und in einem weiteren Verfahren lediglich die Seite 2 eines Schriftsatzes eingegangen. Der Prozessbevollmächtigte begründete seinen Wiedereinsetzungsantrag damit, dass ausweislich des Übermittlungsprotokolls sowohl im Verfahren 23 ZB 19.2286 als auch im Verfahren 23 ZB 19.2288 jeweils ein signierter Schriftsatz sowie darüber hinaus eine Anlage eingereicht worden seien. Wie dem beigefügten Zulassungsbegründungsschriftsatz im Verfahren 23 ZB 19.2288 zu entnehmen sei, betreffe dieser auch das gegenständliche Zulassungsverfahren. Sollte das Dokument nicht vollständig angekommen sein, habe die Klägerin dies nicht zu vertreten. Das sieht der BayVGH nicht so. Er führt zutreffend aus, dass – anders als beim Fax – beim Versand über das beA eine Datei nur entweder gar nicht oder aber „authentisch“ übertragen werden kann; der sichere Übermittlungsweg und die Verschlüsselung lassen die Annahme der Veränderung einer Datei während des Übermittlungsvorgangs als nahezu ausgeschlossen, jedenfalls aber nicht hinreichend wahrscheinlich erscheinen.12 12 BGH, Urt. v. 22.3.2021 – AnwZ (Brfg) 2/20. Es kann also nicht dazu kommen, dass einzelne Seiten verloren gehen. Hieraus folgt, dass offenbar nicht das zutreffende Dokument angehängt wurde. Es besteht jedoch eine Pflicht des Rechtsanwalts, vor der Signierung und Übersendung selbst zu überprüfen, ob die zutreffende Datei übermittelt wird. Das war hier nicht geschehen. (ju) KEIN VERTRAUEN AUF ERKENNBAR FALSCHE AUSKUNFT DER GESCHÄFTSSTELLE DES GERICHTS Beantragt ein Anwalt eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist über einen Monat hinaus ohne Zustimmung des Gegners entgegen § 520 II 2, 3 ZPO, begründet eine unzutreffende telefonische Auskunft der Geschäftsstelle des Gerichts, dass die Frist zunächst um eine weitere Woche verlängert worden sei, da die Erklärung des Gegners noch ausstehe, kein schützenswertes Vertrauen in die Richtigkeit dieser Auskunft. BGH, Beschl. v. 21.6.2022 – II ZB 1/22, NZFam 2022, 1042 Die Anwälte beantragten nach bereits erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat eine weitere Verlängerung. Das OLG wies darauf hin, dass die Gewährung von der Zustimmung des Gegners abhänge, dessen Erklärung hierzu angefordert worden sei. Am Tag vor Ablauf der Frist fragte eine Rechtsanwaltsfachangestellte der Kanzlei bei der Geschäftsstelle an. Die Urkundsbeamtin soll laut eidesstattlicher Versicherung der Mitarbeiterin mitgeteilt haben, dass die Frist zunächst um eine weitere Woche verlängert worden sei, da die Erklärung des Gegners hierzu noch ausstehe. Der Gegner verweigerte die Zustimmung. Das OLG wies daraufhin den weiteren Verlängerungsantrag zurück. Einen Antrag der Kanzlei auf Wiedereinsetzung wies das OLG zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Der BGH verwarf die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde als nach § 574 II ZPO unzulässig. Bezüglich der Versäumung der bereits verlängerten Berufungsbegründungsfrist liege ein Anwaltsverschulden vor, das der Partei nach § 85 II ZPO zuzurechnen sei. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 313
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0