BRAK-Mitteilungen 6/2022

[4] Die Kl. wurde angehört und trat dem Antrag entgegen. Die Bekl. erstreckte die Zulassung der Beigeladenen mit Bescheid v. 21.8.2019 auf die Tätigkeit bei dem s. „nach Maßgabe des [...] Arbeitsvertrags v. 4.10.2018 i.V.m. der Ergänzungsabrede v. 11.1.2019“. Den Widerspruch der Kl. hiergegen wies die Bekl. zurück, den ursprünglichen Erstreckungsbescheid im Widerspruchsbescheid v. 30.10.2020 änderte sie allerdings entsprechend einem Antrag der Beigeladenen v. 1.9.2020 dahingehend ab, dass der Zulassungsbescheid bezüglich der Tätigkeit bei der r. GmbH widerrufen wurde und die Beigeladene als Syndikusrechtsanwältin „bei der s. aufgrund der arbeitsvertraglichen Verabredung v. 4.10. 2018 i.V.m. der Ergänzungsverabredung v. 11.1.2019“ zugelassen wurde. [5] Hiergegen hat die Kl. Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung des Bescheids der Bekl. v. 21.8.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids v. 30.10.2020 beantragt hat, soweit mit ihm die Beigeladene als Syndikusrechtsanwältin bei dem s. zugelassen worden ist. [6] Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen. [7] Der AGH hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin lägen vor. Die den Kern des Arbeitsverhältnisses ausmachende Schlichtungstätigkeit der Beigeladenen erfülle die Voraussetzungen einer anwaltlichen Tätigkeit i.S.v. § 46 III Nr. 1 bis 4 BRAO. Die fachliche Unabhängigkeit der Beigeladenen sei sowohl vertraglich als auch tatsächlich gewährleistet. Die Voraussetzungen des § 46 V BRAO seien ebenfalls erfüllt. Die Beigeladene nehme ausschließlich Rechtsangelegenheiten ihres Arbeitgebers wahr. Dessen Tätigkeit sei nach seinem Vereinszweck auf Schlichtung ausgerichtet, weshalb die Schlichtung dessen Rechtsangelegenheit sei. Soweit die Beigeladene zudem Mitgliedern des Vereins als Ansprechpartnerin für die rechtliche Analyse, Herausarbeitung und Darstellung von Lösungen im Zusammenhang mit konkreten betriebsrelevanten Rechtsfragen zur Verfügung stehe, handele es sich hierbei nach § 46 V 2 BRAO um Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. [8] Hiergegen wendet sich die Kl. mit ihrer vom AGH zugelassenen Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt insb. vor, der Zulassung stehe § 46 V BRAO entgegen, weil die Beigeladene als Schlichterin nicht in Rechtsangelegenheiten ihres Arbeitgebers tätig sei. Zudem sei die fachliche Unabhängigkeit der Beigeladenen nicht tatsächlich gewährleistet. [9] Die Kl. beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Brandenburgischen AGH v. 20.12. 2021 – AGH 2/20 den Bescheid der Bekl. v. 21.8.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids v. 30.10.2020 aufzuheben, soweit mit ihm die Beigeladene als Syndikusrechtsanwältin bei der S. e.V. zugelassen worden ist. [10] Die Bekl. beantragt, die Berufung der Kl. zurückzuweisen. [11] Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die fachliche Unabhängigkeit der Beigeladenen sei vertraglich und tatsächlich gewährleistet. § 46 V BRAO stehe einer Zulassung nicht entgegen. [12] Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. In der Sache verteidigt sie das Urteil des AGH. Ihre fachliche Unabhängigkeit sei insbesondere auch in den Schlichtungsverfahren, die Kernaufgabe ihrer Tätigkeit seien und den ganz überwiegenden Teil ihrer Arbeitskraft ausmachten, vertraglich und tatsächlich gewährleistet. Die schlichtende Tätigkeit sei eine Rechtsangelegenheit des s., so dass sie ausschließlich in dessen Rechtsangelegenheiten tätig sei. (...) AUS DEN GRÜNDEN: [15] Die Berufung ist nach § 112e S. 1 Var. 1 BRAO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 112e S. 2 BRAO, § 124a II und III VwGO). Sie hat in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Aufhebung des Bescheids der Bekl. v. 21.8.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Bekl. v. 30.10. 2020, soweit die Beigeladene hierdurch als Syndikusrechtsanwältin bei dem s. zugelassen wurde. [16] I. Soweit mit dem angefochtenen Bescheid in Form des Widerspruchsbescheids die Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin für ihre Tätigkeit bei dem s. ausgesprochen wurde, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Kl. in ihren Rechten (§ 112c I 1 BRAO, § 113 I 1 VwGO). [17] 1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Beigeladenen als Syndikusrechtsanwältin lagen im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids nicht vor. [18] Gemäß § 46a I BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt auf Antrag zu erteilen, wenn die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen zum Beruf des Rechtsanwalts gem. § 4 BRAO erfüllt sind, kein Zulassungsversagungsgrund nach § 7 BRAO vorliegt und die Tätigkeit den Anforderungen des § 46 II bis V BRAO entspricht. [19] Diese Voraussetzungen waren nicht gegeben. Es kann dahingestellt bleiben, ob die fachliche Unabhängigkeit der Beigeladenen vertraglich und tatsächlich i.S.v. § 46 IV BRAO gewährleistet ist. Der Zulassung steht jedenfalls entgegen, dass die Beigeladene zumindest im Kernbereich ihrer Aufgaben, nämlich als Schlichterin, nicht in Rechtsangelegenheiten ihres Arbeitgebers anwaltlich tätig ist (§ 46 II 1, V BRAO). [20] a) Nach § 46 II 1, V 1 BRAO ist Voraussetzung der im Kernbereich keine Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers Zulassung, dass der Antragsteller im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für seinen Arbeitgeber in dessen Rechtsangelegenheiten tätig ist, seine Tätigkeit sich mithin auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers beschränkt. Nach mittlerSYNDIKUSANWÄLTE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 328

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