BRAK-Mitteilungen 6/2022

nicht erinnern, jemals einen Bescheid unterschrieben zu haben. Zu ihren Aufgaben habe dies jedenfalls nicht gehört. Die Ausführungen der Beigeladenen werden durch die Vernehmung des Zeugen ... bestätigt. Dieser hat bekundet, dass die Beigeladene als Mitarbeiterin der Rechtsabteilung eingestellt worden sei. Sie sei für die Betreuung der Abteilung „Notdienst und Rezeptsammelstellen“ zuständig gewesen. In dieser Abteilung seien zwei Mitarbeiterinnen ohne akademische Vorbildung tätig. Aufgrund zunehmender Apothekenschließungen komme es gerade in diesem Bereich zu strittigen Fragen, bei denen auch mit Klagen betroffener Apotheker gerechnet werden müsse. Die Beigeladene habe – ebenso wie ihre als Syndikusanwältin zugelassene Vorgängerin und Nachfolgerin – die Geschäftsführung bei strittigen Fragen in zahlreichen Gesprächen beraten. Die Entscheidung strittiger Fragen habe bei ihm als Geschäftsführer gelegen. Auf Vorhalt des Klägervertreters, dass die von der ... gewählte Organisationsform der Aufgliederung in Abteilungen ohne jeweils eigenen Abteilungsleiter ungewöhnlich sei, führte der Zeuge aus, das möge schon sein, habe sich aber für die ... bewährt. Die Aussage erscheint glaubhaft. Sie wird durch die zur Akte gereichten Urkunden, aber auch die in Abwesenheit des Zeugen erfolgte Aussage der Beigeladenen bestätigt. Sie ist geeignet, die Verwaltungsabläufe der ... plausibel zu erklären. Darüber hinaus hat der Zeuge auch nachvollziehbar dargestellt, wie die derzeitige Organisationsform unter Berücksichtigung seines beruflichen Werdegangs bei der ... gewachsen ist. Die Ausführungen des Zeugen erscheinen auch deshalb plausibel, weil es sich bei der Beigeladenen um eine Berufsanfängerin im ersten Jahr der Beschäftigung handelt. Diesem Personenkreis wird üblicherweise nicht die eigenverantwortliche Leitung einer Abteilung mit Weisungsbefugnissen gegenüber den Mitarbeiter/innen übertragen. Der Grad der Verantwortung spiegelt sich auch in der Höhe des Einstiegsgehalts. Allein aufgrund des ursprünglichen Internetauftritts früherer Internetauftritt der ... wäre die Versagung der Zulassung gem. § 7 Nr. 8 BRAO nicht gerechtfertigt. Der Internetauftritt bezeichnete die Beigeladene zwar ursprünglich als Leiterin Notdienst und als Leiterin Rezeptsammelstellen. In diesem knappen Internetauftritt wurde aber die konkrete Tätigkeit der Beigeladenen nicht näher beschrieben. Lediglich die Bezeichnung ist zumindest missverständlich. Dementsprechend hat die ... den Internetauftritt berichtigt und stellt die Beigeladene nunmehr als rechtliche Prüfstelle Notdienst, Rezeptsammelstellen vor. Soweit der Beigeladenen stellvertretend auch Aufgaben des Beitragswesens übertragen waren, macht die Kl. keine konkreten Aufgaben, die über die rechtliche Beratung und Unterstützung bei der Festsetzung und Eintreibung der Beiträge hinausgehen. Unwidersprochen trägt die Beigeladene vor, dass sie in diesem Aufgabenbereich keine Tätigkeiten verrichtet hat. Es bestehen damit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beschreibung der geschuldeten Tätigkeiten der Beigeladenen im Arbeitsvertrag und in der Tätigkeitsbeschreibung unzutreffend sein könnten. HINWEISE DER REDAKTION: Auch auf den Umfang einer hoheitlichen Tätigkeit in der Gesamtschau des Anstellungsverhältnisses kommt es nicht an. Es gilt eine Art „Infektionstheorie“. Eine einzige hoheitliche Funktion führt zur Versagung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt und kann nicht einfach als nichtanwaltliche Tätigkeit herausgerechnet werden. Die anwaltliche Prägung der Gesamttätigkeit genügt mithin nicht (vgl. insofern auch Flegler, Fünf Jahre neues Syndikusrecht, BRAKMitt. 2021, 227). PROZESSUALES PROZESSVERTRETUNG DURCH HAFTPFLICHTVERSICHERER ZPO § 79 II 2 Nr. 2; UWG § 3a 1. § 79 II ZPO ist eine Marktverhaltensregelung i.S.v. § 3a UWG. 2. Ein Haftpflichtversicherer ist im gegen seinen Versicherungsnehmer geführten Prozess nicht gem. § 79 II 2 Nr. 2 ZPO vertretungsbefugt. BGH, Urt. v. 10.3.2022 – I ZR 70/21 berichtigt durch Beschl. v. 28.7.2022 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de PROZESSUALES BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 335

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