Syndikusrechtsanwalts abgestellt werden muss und ob es im Rahmen des § 46g S. 1 ArbGG auf ein rein statusbezogenes oder aber ein rollenbezogenes Verständnis des Begriffs Rechtsanwalt ankommt. Je nach Rechtsposition stellen sich dann eventuell noch Folgefragen dahingehend, ob es ein nach außen erkennbares, bewusst gewähltes Auftreten als Syndikusrechtsanwalt zu fordern ist und ob darüber letztlich der Arbeitgeberverband oder aber der Syndikusrechtsanwalt selbst entscheiden darf. a) Auf der einen Seite des Meinungsspektrums positionieren sich Heimann/Steidle (NZA 2021, 521 ff.), nach deren Auffassung beim ERV-Pflichtenprogramm allein auf das Organ bzw. den mit der Prozessführung beauftragten Vertreter abgestellt werden müsse. Sei dieser Vertreter zugleich ein zugelassener (Syndikus-)Rechtsanwalt, sei er nach § 46g S. 1 ArbGG i.V.m. § 46c IV 1 Nr. 2 i.V.m. den §§ 31a, 31c BRAO seit dem 1.1.2022 einschränkungslos verpflichtet, Schriftsätze ausschließlich als elektronisches Dokument einzureichen. Begründet wird diese Auffassung im Wesentlichen damit, dass sich die Gleichsetzung von Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt in § 46c BRAO nicht nur auf Berufspflichten bezöge. Die anstehende Einrichtung des eBO gäbe den Verbänden nur einen zusätzlichen potentiellen, sicheren Übermittlungsweg, tangiere aber die aktive und passive Nutzungspflicht des einzelnen Syndikus nicht. Sie sei auch nicht mit der fehlenden Nutzungspflicht des Arbeitgeberverbandes verknüpft, denn die rechtsanwaltliche beA-Nutzungspflicht sei über die BRAO persönlich ausgestaltet und treffe ihn in allen Fällen, in denen er in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt auftrete und unbestritten auch dann, wenn er eine Privatperson ohne eigene aktive Nutzungspflicht vertrete. Auch Müller (FA 2022, 62; jurisPK-ERV, § 130a ZPO, Rn. 199) folgt diesem berufsrechtlichen Ansatz und bejaht die beA-Nutzungspflicht des für den Verband auftretenden Syndikusrechtsanwalts insb. im Hinblick auf den reinen Wortlaut des § 46g S. 1 ArbGG verbunden mit seinem Zweck, die elektronischen Posteingänge bei den Gerichten zur Ermöglichung der Führung elektronischer Gerichtsakten zu erhöhen sowie schließlich Praktikabilitätserwägungen. b) Die konträre Rechtsposition zu diesem oben kurz skizzierten berufsrechtlichen Ansatz vertreten Elking (NZA 2022, 1009) und zuvor schon Schrade/Elking (NZA 2021, 1675) mit einem prozessualen Ansatz, bei dem in der Konsequenz auf das ERV-Pflichtenprogramm des Arbeitgeberverbandes abgestellt wird. Da prozessual der eigentliche und rechtlich handelnde Prozessbevollmächtigte eben der Arbeitgeberverband und nicht der jeweilige Syndikusrechtsanwalt sei und sowohl die aktive als auch die passive Nutzungspflicht des ERV an den Status der prozessual handelnden Person anknüpfe, fehle es an einer aktiven ERV-Nutzungspflicht. Die Eingabe erfolge nämlich nicht wie gefordert „durch einen Rechtsanwalt“, sondern nach Maßgabe des § 11 II 3 ArbGG nur aufgrund seiner Funktion als mit der Prozessvertretung beauftragten Person für den eigentlichen Prozessbevollmächtigten, also den Verband, für den es eben derzeit den sicheren Übermittlungsweg noch nicht gebe. Folgerichtig wird dann vertreten, es müsse sogar die Nutzung des persönlichen beA eines beim Verband angestellten (Syndikus-)Rechtsanwalts ausscheiden, da im Rahmen der für die Einreichung einschlägigen Vorschrift des § 46c ArbGG „verantwortende Person“ und Signierender zwangsläufig nur der Verband sein könnte, der wiederum eben nicht Inhaber des beA-Postfachs ist. c) Zwischen diesen beiden Polen bewegen sich jüngste bisherige Judikatur Entscheidungen des Arbeitsgerichts Stuttgart und des Landesarbeitsgerichts Hamm, die – da jeweils die Wirksamkeit erfolgter elektronischer Einreichungen per beA zu prüfen waren –, zu den Voraussetzungen des § 46c ArbGG ergangen sind. Mit Beschluss v. 15.12.2021, 4 BV 139/21, hat das Arbeitsgericht Stuttgart eine durch die Syndikusrechtsanwältin per beA eingereichte Antragsrücknahme im Beschlussverfahren für rechtswirksam erachtet und daraufhin das Verfahren eingestellt. Zur Begründung führt es zusammengefasst aus, der bei Prozessvertretung durch einen Verband handelnde Syndikusrechtsanwalt sei über § 11 II 3 ArbGG zugleich auch „verantwortende Person“ i.S.v. § 46c III 1 Var. 1,2 ArbGG, andernfalls sei nicht nachvollziehbar, wofür die Einrichtung „seines“ beA durch den Gesetzgeber erfolgt sein soll, wenn der Syndikusrechtsanwalt es für die einzige Tätigkeit, die er nach außen erbringen dürfe, gar nicht „verantwortende Person“ sein könne. Es möge zwar gute Gründe geben, eine Nutzungspflicht zu verneinen, daraus jedoch den Ausschluss von Nutzungsmöglichkeiten zu schlussfolgern, erscheine überschießend. In seiner Anmerkung vertritt Tiedemann explizit die Auffassung, eine ERVNutzungspflicht des Syndikus sei abzulehnen, stimmt aber der Nutzungsmöglichkeit indes zu (Tiedemann, jurisPR-ArbR 19/2022 Anm. 9). Mit Urteil v. 3.5.2022, 14 Sa 1381/21 hat sich das Landesarbeitsgericht Hamm der Rechtsauffassung des ArbG Stuttgart angeschlossen und eine per beA eingereichte Berufung eines Syndikusrechtsanwalts ebenfalls für zulässig erachtet. Entgegen Schrade/Elking komme es im Rahmen des § 46c ArbGG nicht auf das ERV-Pflichtenprogramm des Verbandes bzw. Vertretungsfragen an. Mit Urteil v. 18.7.2022, 4 Ca 1688/22 hat das Arbeitsgericht Stuttgart schließlich seine Rechtsprechung weiter präzisiert und entschieden, dass jedenfalls keine ERV-Nutzungspflicht bestünde für einen Verbandsmitarbeiter (hier: Rechtsschutzsekretär), der nur zur Ausübung eines Nebenberufs über eine Zulassung als Rechtsanwalt verfügt, im Prozess jedoch im Rahmen seiner hauptberuflichen Verbandstätigkeit und gerade nicht als Rechtsanwalt auftrat; es macht aber gleichzeitig deutlich, eine grundsätzliche ERV-Nutzungspflicht von Syndikusrechtsanwälten unabhängig von deren Auftreten nach außen abzulehnen. BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 342
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