BRAK-Mitteilungen 6/2022

dd) Unproblematisch ist nach hier vertretener Auffassung auch, dass mit der Prozessvertretung innerhalb der Arbeitgeberverbände regelmäßig Assessoren gleichermaßen wie eben auch Syndikusrechtsanwälte beauftragt sind. Da den Assessoren die Möglichkeit der Einrichtung eines beA nicht offensteht, können sie diesen Übermittlungsweg schlicht nicht nutzen. Es ist aber nicht einsichtig, warum daneben die Syndikusrechtsanwälte das für sie eingerichtete beA nicht nutzen müssten. Die Unterscheidung zwischen Auftreten als Assessoren einerseits und Syndikusrechtsanwälten andererseits wird nicht zuletzt von den Vertretern selbst in jedem Stadium des Verfahrens explizit kenntlich gemacht. Tritt jedoch ein Syndikusrechtsanwalt als solcher nach außen auf, so ist es auch nur folgerichtig, ihn auch den rechtsanwaltlichen Pflichten zu unterwerfen. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Gesetzgeber in der vorliegenden Fallkonstellation die Syndikusrechtsanwälte privilegieren wollte, was jedoch die Rechtsfolge wäre, würde man ihnen ein Wahlrecht geben, ob sie Schriftsätze weiterhin in Papierform oder aber in elektronischer Form einreichen. Umgekehrt wiederum ist nicht davon auszugehen, dass aufgrund einer vom Gesetzgeber bislang bedauerlicherweise unzulänglich getroffenen Regelung der hier gefundene Lösungsansatz der verbandsangehörigen Partei den Zugang zum Gericht unzulässig erschweren würde. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die Übermittlung per beA gegenüber der bisher üblichen Übermittlung in Papierform eine Erschwerung bedeutet. Auch ansonsten ist nicht von einer unzulässigen Einschränkung auszugehen, da die ungeklärte Rechtslage zwar für alle an den Verfahren Beteiligten inklusive der Gerichte eine unbefriedigende, gleichwohl nicht ungewöhnliche Situation darstellt. Handelt für den Verband – wie hier – nach außen ereigenes beA des Syndikusrechtsanwalts kennbar ein Syndikusrechtsanwalt, so folgt aus seiner Stellung als Rechtsanwalt die Pflicht, sein eigens dafür bereit gestelltes beA zu benutzen, um Schriftsätze an das Gericht zu übermitteln. Obliegt hingegen die konkrete Handlung qua erteilter Vollmacht einem Assessor, so hat dieser mangels Einrichtung eines beA oder Einrichtung eines sicheren Übermittlungswegs für den Verband (noch) keine aktive Nutzungspflicht für den ERV. Dieses Verständnis deckt sich mit der in der Literatur dazu auch vertretenen sog. „2-Hüte-Theorie“. Die Differenzierung der Pflichten von Assessoren und Syndikusrechtsanwälten (erläuternd hierzu Pulz, NZA 2018, 14 ff.) hat auch in der Vergangenheit nicht zu Problemen geführt und bereitet soweit ersichtlich in der Praxis keine Schwierigkeiten. Sie kann auch in puncto ERV fortgesetzt werden. Ist der Syndikusrechtsanwalt zugleich als Rechtsanwalt zugelassen oder ist er im Rahmen mehrerer Arbeitsverhältnisse als Syndikusrechtsanwalt tätig, hat gem. § 46c V 2 BRAO eine gesonderte Eintragung für jede der Tätigkeiten zu erfolgen. Für jede Eintragung ist jeweils ein gesondertes beA einzurichten, so dass auf den jeweiligen Tätigkeitsbereich zugeschnittene Zugangsberechtigungen vergeben werden können und die Vertraulichkeit innerhalb der jeweiligen Mandats- und Arbeitsverhältnisse gewährleistet werden kann. Es ist dann aber nicht einsichtig, warum das eigens für die Tätigkeit als Verbandssyndikusrechtsanwalt zugeordnete beA nicht auch zu eben jenem Zweck genutzt werden müsste, wie dies der übrigen Rechtsanwaltschaft ebenso aufgebürdet wird. ee) Auch im Hinblick auf den mit § 46g ArbGG aufs Engste verknüpfte § 46c III 1 ArbGG gilt nichts anderes. Normzweck dort ist wie bei § 130a III 1 ZPO auch, die Sicherstellung von Authentizität und Integrität eines elektronischen Dokuments. Dieser Zweck hat zwar mit der Frage der Prozessvertretung nichts zu tun, da maßgeblich allein die Authentizität und Integrität des eingereichten elektronischen Dokuments, d.h. der Nachweis für die Verknüpfung des Erklärungsinhalts („elektronisches Dokument“) mit der Identität des Absenders („verantwortende Person“) ist und nur auf elektronischem Wege die Funktion der handschriftlichen Unterschrift nach § 130 Nr. 6 Hs. 1 ZPO ersetzt wird (vgl. LAG Hamm, 3.5.2022, 14 Sa 1381/21; ArbG Stuttgart 15.12. 2021, 4 BV 139/21; JurisPK-ERV/Müller 1. Aufl., § 130a ZPO, Rn. 52). Bei der eigenhändigen Unterzeichnung ist der Unterzeichner aber derjenige, welcher den Inhalt verantwortet, selbst wenn er für einen bevollmächtigten Verband handelt. Verantwortende Person i.S.d. § 46c III ArbGG ist immer die handelnde natürliche Person i.S.d. § 11 II 3 ArbGG, es gilt nichts anderes als bei der eigenhändigen Unterzeichnung eines Schriftsatzes. Die Einrichtung eines separaten beA als sicheren Übermittlungswegs durch den Gesetzgeber wäre überflüssig, wenn Syndikusrechtsanwälte für die einzige Tätigkeit, die sie nach außen erbringen dürfen, gar nicht „verantwortende Person“ i.S.v. § 46c III 1 Var. 2 ArbGG sein könnten (vgl. LAG Hamm, 3.5.2022, 14 Sa 1381/ 21; ArbG Stuttgart, 15.12.2021, 4 BV 139/21). Aus Sicht des hier erkennenden Gerichts spricht auch gerade nichts dagegen, ausgehend von der „verantwortenden Person“ aus § 46c ArbGG Rückschlüsse zu ziehen auf die Frage, auf welches ERV-Pflichtenprogramm es nach § 46g ArbGG, § 173 ZPO ankommen muss. ff) Da nunmehr den Verbänden selbst mit dem eBO ein eBO als weiterer Übermittlungsweg Postfach zur Verfügung stehen und ab 2026 eine eigene ERV-Nutzungspflicht etabliert wird, ergibt sich daraus nur ein weiterer sicherer Übermittlungsweg zur Nutzung des ERV; es ist jedoch der gesetzgeberischen Intention an keiner Stelle zu entnehmen, dass für einen Prozessbevollmächtigten (oder aber eine einen Schriftsatz zu verantwortenden Person) nur ein Übermittlungsweg exklusiv zur Verfügung stehen dürfte (ebenso JurisPK-ERV/Natter, § 46c ArbGG, Rn. 41c). Vergleichend heranzuziehen ist hier auch die Einführung des § 31b BRAO ab August 2022 und der erst dadurch vorgesehenen Schaffung eines besonderen elekELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 344

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