des Kl., ein solches Weisungsrecht wurde vom Kl. auch nicht wahrgenommen. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob und inwiefern eine solches Weisungsrecht mit dem anwaltlichen Berufsrecht vereinbar wäre. Die Beigeladene war nicht verpflichtet, dem Kl. zuzuarbeiten, sie musste für ihn keine Entwürfe oder Gutachten fertigen. Der Senat geht auch nicht von einer für die Beigeladenen verbindlichen Zuteilung der Verfahren an die Beigeladene durch das Sekretariat der Anwaltskanzlei aus. Für die Wahrnehmung eines anwaltlichen Mandats bedarf es einer Vollmachtserteilung durch die Mandanten, und die notwendige Vollmacht wurde ausschließlich der Beigeladenen und nicht auch dem Kl. erteilt. Dies ergibt sich aus den Angaben des Kl., denen die Beigeladene nicht widersprochen hat. In dem Erörterungstermin vor dem 10. Senat am 19.7.2021 hat die Beigeladene hierzu lediglich erklärt, die Vollmachten, die sie verwendet habe, seien ihr so vorgegeben und von ihr übernommen worden. Sie habe auf deren Gestaltung keinen Einfluss gehabt. [56] Die Beigeladene war auch nicht in einer ihre Tätigkeit prägenden Weise in den Betriebsablauf der Kanzlei des Kl. eingegliedert. Die in § 7 I 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weinicht eingegliedert sungsgebundenheit und der Eingliederung stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten (sog. Diensten höherer Art) kann das Weisungsrecht aufs Stärkste eingeschränkt sein. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit der Arbeitnehmerin verfeinert sich in solchen Fällen „zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ (BSG 4.6.2019, B 12 R 11/ 18 R, BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 42 Rn. 29 m.w.N.). Dabei kann jedoch nicht jede Anpassung an eine vorgefundene Organisation als eine die Tätigkeit prägende Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation gewertet werden (vgl. bereits BSG 14.5.1981, 12 RK 11/80, BB 1981, 1581 zu den „Sachgegebenheiten“ einer anwaltlichen Tätigkeit in einer Kanzlei). Eine solche fremdbestimmte Eingliederung hat das BSG z.B. angenommen, wenn bei einer arbeitsteiligen Zusammenarbeit mit dem Personal des Auftraggebers dessen Organisationstrukturen sowie dessen personelle und sächliche Betriebsmittel unentgeltlich genutzt werden (BSG 19.10.2021, B 12 R 10/20 R Rn. 28-31 zum Notarzt im Rettungsdienst). Eine solche arbeitsteilige Zusammenarbeit, die einer Tätigkeit ihr Gepräge geben kann, liegt nicht allein deshalb vor, weil die Beigeladene für die Bearbeitung ihrer Mandate auch das Sekretariat der Anwaltskanzlei eingesetzt hat. Die Tätigkeit einer Rechtsanwältin erhält ihr Gepräge nicht dadurch, dass sie eine bestimmte Software verwendet, ihre Diktate durch das Sekretariat schreiben lässt und Termine durch das Sekretariat der Kanzlei vereinbaren oder in Kalender eintragen lässt. Auch Richter sind zwar auf eine funktionierende Geschäftsstelle bzw. Serviceeinheit und eine funktionierende Software angewiesen, ihre Tätigkeit wird dadurch jedoch (hoffentlich!) nicht maßgeblich geprägt. Nichts anderes kann für die Tätigkeit einer Rechtsanwältin gelten. Im Übrigen hat die Beigeladene die Büroorganisation des Kl. auch nicht unentgeltlich genutzt, sondern hierfür bezahlt, indem sie 60 v.H. des von ihr erzielten monatlichen Nettoumsatzes dem Kl. überlassen hat. Die Auffassung des SG, bereits durch die Option, an Bürobesprechungen in der Kanzlei teilnehmen zu dürfen, manifestiere sich die Eingliederung der Beigeladenen in die Arbeits- und Betriebsorganisation in der Kanzlei des Kl., teilt der Senat nicht. [57] Bei der Prüfung, ob eine Rechtsanwältin abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, kommt nach Auffassung des Senats angesichts der berufsrechtlichen Vorgaben für die Tätigkeit einer Rechtsanwältin der Art der Vergütung i.R. der vorzunehmenden Gesamtabwägung eine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. zur Bedeutung einer Vergütung nur in Form einer Umsatzbeteiligung Urteil des Senats v. 13.12.2016, L 11 R 391/15 Rn. 49 sowie Urt. v. 25.1.2022, L 11 BA 1015/20, Rn. 37). Soweit die Bekl. in diesem Zusammenhang davon ausgeht, dass die Beigeladene kein unternehmerisches Risiko zu tragen hatte, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Festangestellte Rechtsanwälte haben im Gegensatz zu freien Mitarbeitern bereits dann einen Anspruch auf Vergütung, wenn sie arbeitsbereit sind, d.h. sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort (innerhalb oder außerhalb des Betriebs) bereithalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen. Die Arbeitsbereitschaft eines Arbeitnehmers ist vergütungspflichtige Arbeit. Denn dazu zählt nicht nur jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient, sondern auch eine vom Arbeitgeber veranlasste Untätigkeit, während derer der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz oder an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle anwesend sein muss und nicht frei über die Nutzung des Zeitraums bestimmen kann, er also weder eine Pause noch Freizeit hat (BAG 19.11.2014, 5 AZR 1101/12, BAGE 150, 82 Rn. 16). Der Umstand, dass die Beigeladene nicht schon für eine bloße Arbeitsbereitschaft, sondern nur dann einen Anspruch auf eine Vergütung hatte, wenn sie durch die Bearbeitung von Mandaten einen Honorarumsatz erzielte, ist nicht nur für eine abhängige Beschäftigung untypisch. Dies begründet auch ein gewisses unternehmerisches unternehmerisches Risiko Risiko. So trug die Beigeladene das Risiko, die Kosten für ihre Berufshaftpflichtversicherung auch dann tragen zu müssen, wenn sie keinen Umsatz erzielt. Auch bestand die Gefahr, dass sie viel Arbeitszeit für wenig lukrative Mandate aufwenden muss, außerdem trug sie das Risiko einer mangelnden Zahlungsbereitschaft der Mandanten, wenn sie auf Vorschusszahlungen verzichtet. Soweit bei reinen Dienstleistungen wie sie hier zu beurteilen sind für die Annahme von Selbstständigkeit BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 350
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