BRAK-Mitteilungen 6/2022

pro Schadensfall und 4,5 Mio. pro Versicherungsjahr zahlte er jährliche Beiträge von 1.417,20 Euro zuzüglich 19 v.H. Versicherungssteuer (insgesamt: 1.686,47 Euro) für jeden der Beigeladenen. Für eine Versicherung mit einer Mindestdeckungssumme von 250.000 Euro pro Versicherungsfall und 1 Mio. Euro pro Versicherungsjahr wären jeweils 504,66 Euro nebst Versicherungssteuer (insgesamt: 600,55 Euro) aufzuwenden gewesen. [3] Bis einschließlich 2009 führte die Kanzlei Beiträge zur Sozialversicherung unter Berücksichtigung der von ihr getragenen Beiträge zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung als geldwerte Vorteile zugunsten der Beigeladenen ab. Wegen der insoweit ab 2010 unterbliebenen Beitragszahlung forderte die Bekl. Sozialversicherungsbeiträge von 4.776,61 Euro zur gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege- und zur Arbeitslosenversicherung sowie Insolvenzgeldumlage und Säumniszuschläge von 786,50 Euro (insgesamt: 5.563,11 Euro) für den Zeitraum 2010 bis 2012 (Betriebsprüfungsbescheid v. 8.7.2013, Widerspruchsbescheid v. 17.10. 2013). Die übernommenen Beiträge zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von jährlich 1.668,47 Euro je Beigeladenem seien als geldwerte Vorteile beitragspflichtiges Arbeitsentgelt. [4] Die dagegen gerichtete Klage ist erfolglos geblieben (Urt. des SG Halle v. 19.5.2015). Das LSG hat die Berufung des Kl. zurückgewiesen. Die beigeladenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte seien gesetzlich zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung verpflichtet. Damit scheide in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH ein dem Arbeitsentgeltbegriff entgegenstehendes überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Kl. als Arbeitgeber aus. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 I GG liege gegenüber der Gruppe der Steuerberater nicht vor. Die Voraussetzungen zur Erhebung von Säumniszuschlägen seien gegeben. Der Kl. habe die unverschuldete Unkenntnis von seiner Zahlungspflicht nicht glaubhaft gemacht, weil bis Ende 2009 Beiträge abgeführt worden seien. Der übersandte Lohnsteueraußenbericht enthalte keine Feststellungen zu den Versicherungsbeiträgen (Urt. des LSG Sachsen-Anhalt v. 11.3.2020). [5] Der Kl. rügt mit seiner vom LSG zugelassenen Revision die Verletzung von § 14 I und § 17 I 2 SGB IV i.V.m. § 1 S. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) sowie des § 51 BRAO. Kein Arbeitsentgelt seien Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erwiesen. Die Berufshaftpflichtversicherung diene überwiegend seiner eigenen Absicherung. Obwohl es sich bei den Beigeladenen um angestellte Rechtsanwälte handele, unterstelle das LSG eine „Briefkopfhaftung“. Begriffe wie „Zahlungsunfähigkeit des Kanzleiinhabers“ und „Arbeitsplatzverlust“ seien aus der Luft gegriffen. Als alleiniger Kanzleiinhaber hafte er auch für das Verschulden der angestellten Rechtsanwälte. [6] Die Bekl. hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die angefochtenen Verwaltungsakte insoweit zurückgenommen, als Sozialversicherungsbeiträge auf einen Versicherungsbeitrag von mehr als 600,55 Euro jährlich und insoweit Säumniszuschläge festgesetzt worden sind. Der Kl. hat dieses Teilanerkenntnis angenommen. [7] Der Kl. beantragt, die Urteile des LSG Sachsen-Anhalt v. 11.3.2020 und des SG Halle v. 19.5.2015 sowie den Bescheid der Bekl. v. 8.7.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids v. 17.10.2013 und der Fassung des Teilanerkenntnisses v. 28.6.2022 aufzuheben. [8] Die Bekl. beantragt, die Revision des Kl. zurückzuweisen. [9] Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. [10] II. Die über das angenommene Teilanerkenntnis der Bekl. hinausgehende Revision des Kl. ist zulässig, aber unbegründet (§ 170 I 1 SGG). Die Bekl. hat zu Recht Sozialversicherungsbeiträge auf den vom Kl. für die Mindesthaftpflichtversicherung der beigeladenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte übernommenen Versicherungsbeitrag von jeweils 600,55 Euro jährlich sowohl dem Grunde (dazu 1.) als auch der Höhe nach (dazu 2.) erhoben und insoweit Säumniszuschläge festgesetzt (dazu 3.). Diesbezüglich ist der Bescheid der Bekl. v. 8.7. 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids v. 17.10. 2013 und der Fassung des Teilanerkenntnisses v. 28.6. 2022 rechtmäßig, der Kl. nicht in seinen Rechten verletzt, und hat das LSG zu Recht seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil zurückgewiesen. Über die Rechtmäßigkeit der darüber hinausgehenden Verwaltungsentscheidung war nicht mehr zu entscheiden, nachdem sie von der Bekl. aufgehoben worden ist und sich der Rechtsstreit insoweit mit der Annahme des Teilanerkenntnisses in der Hauptsache erledigt hat (§ 101 II SGG). [11] 1. Rechtsgrundlage der Beitragsfestsetzung ist § 28p I 1 und 5 SGB IV i.d.F. der Bekanntmachung v. 12.11.2009 (BGBl. I 3710). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Sie erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (Satz 5). Die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Vorschriften des SGB IV sind auf die Umlage für das Insolvenzgeld entsprechend anzuwenden (§ 359 I 2 SGB III i.d.F. des Unfallversicherungsmodernisierungsgesetzes ‹ UVMG 8 v. 30.10.2008, BGBl. I 2130). [12] In der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung werden bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt (§ 226 I 1 Nr. 1 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 353

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