sich die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers bei von der Ordnung des Betriebs geprägten Dienstleistungen „zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinern (BSG, Urt. v. 4.6.2019 a.a.O.). Insoweit hat der Senat bereits mit Urt. v. 14.5.1981 (12 RK 11/80 Rn. 42) bestätigt, dass ein zugelassener Rechtsanwalt in der Kanzlei eines anderen Rechtsanwalts sowohl als abhängig Beschäftigter wie auch als freier Mitarbeiter tätig sein kann. Er hat erkannt, dass sich das Abgrenzungsmerkmal der äußeren Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer des Arbeitseinsatzes so reduzieren kann, dass es eine sichere Unterscheidung zwischen abhängiger und selbstständiger Ausübung nicht mehr erlaubt und Rückschlüsse aus anderen Kriterien (damals: Vergütung) gezogen werden müssen. Hier kommt es entscheidend auf die weisungsunterworfene Eingliederung der Geschäftsführer in die vorgegebene – fremde – Ordnung der beigeladenen Rechtsanwaltsgesellschaft an. Wählen Berufsträger die Rechtsform einer ggf. mit haftungs- und steuerrechtlichen Vorteilen verbundenen GmbH in Form einer Rechtsanwaltsgesellschaft, können sie sich nicht darauf berufen, die Zusammenarbeit mit den anderen Gesellschaftern habe unabhängig von der gewählten Gesellschaftsform der einer Sozietät freiberuflich selbstständiger Rechtsanwälte entsprochen (vgl. BSG, Urt. v. 7.7. 2020 – B 12 R 17/18 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 49 Rn. 36 m.w.N. Steuerberater). [30] Die durch das Gesetz zur Änderung der BRAO, der Patentanwaltsordnung und anderer Gesetze v. 31.8. 1998 (BGBl. I 2600) mit Wirkung v. 1.3.1999 eingeführten Regelungen über die Rechtsanwaltsgesellschaft (§§ 59c ff. BRAO) zwingen nicht zu einer abweichenden Bewertung. Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist, können als Rechtsanwaltsgesellschaften zugelassen werden (§§ 59c I, 59d BRAO). Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft können nur Rechtsanwälte und Angehörige der in § 59a I 1 und II BRAO genannten Berufe sein; sie müssen in der Rechtsanwaltsgesellschaft beruflich tätig sein (§ 59e I 1 und 2 BRAO). Die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte muss Rechtsanwälten zustehen; sofern Gesellschafter zur Ausübung eines in § 59e I 1 genannten Berufs nicht berechtigt sind, haben sie kein Stimmrecht (§ 59e II BRAO i.d.F. des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts v. 12.12.2007, BGBl. I 2840). Die Rechtsanwaltsgesellschaft muss von Rechtsanwälten verantwortlich geführt werden, die Geschäftsführer müssen mehrheitlich Rechtsanwälte sein und Geschäftsführer kann nur sein, wer zur Ausübung eines in § 59e I 1 BRAO genannten Berufs berechtigt ist (§ 59f I und II BRAO; zur Unvereinbarkeit mit Art. 12 I GG und Nichtigkeit von § 59e II 1 und § 59f I BRAO, soweit sie der Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechts- und Patentanwälten als Rechtsanwaltsgesellschaft entgegenstehen, wenn nicht die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte sowie die verantwortliche Führung der Gesellschaft und die Mehrheit der Geschäftsführer den Rechtsanwälten überlassen sind, vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.1.2014 – 1 BvR 2998/11 u.a., BVerfGE 135, 90). Die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte, die Geschäftsführer oder gem. § 59f III BRAO bevollmächtigt sind, bei der Ausübung ihres Rechtsanwaltsberufs ist zu gewährleisten; Einflussnahmen der Gesellschafter, namentlich durch Weisungen oder vertragliche Bindungen, sind unzulässig (§ 59f IV BRAO). Diese normative Ausgestaltung der Rechtsanwaltsgesellschaft vermag die abhängige Beschäftigung der sie führenden Geschäftsführer, die zugleich Rechtsanwälte sind, nicht auszuschließen. [31] Gesellschaften mit beschränkter Haftung können als Rechtsanwaltsgesellschaften zugelassen werden (§§ 59c ff. BRAO). Keine solche Rechtsanwaltsgesellschaft sind Anwaltssozietäten in der Form von Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Partnerschaften (Brüggemann, in Weyland,10. Aufl. 2020, BRAO, § 59c Rn. 1; vgl. aber § 59b II BRAO in der ab 1.8.2022 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe v. 7.7.2021, BGBl. I 2363). Wegen ihrer Rechtsform als GmbH sind auf eine Rechtsanwaltsgesellschaft bei Fehlen spezieller abweichender berufsrechtlicher Normen die Regelungen des GmbHG grundsätzlich anwendbar. Daher sind auch die Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind (vgl. § 37 I GmbHG; dazu ausführlich oben unter 2.). Die spezielle Ausformung der personellen Zusammensetzung der Gesellschafterversammlung einerseits und der Geschäftsführung andererseits (§§ 59e I 1 und 2, 59f I BRAO) ändert daran nichts. Sie sagt nichts über die Rechtsmachtverteilung innerhalb der GmbH und die grundsätzliche Weisungsunterworfenheit des Geschäftsführers aus. [32] Auch die ausdrücklichen Regelungen über die GeEingliederung und Weisungsunterworfenheit währleistung der Unabhängigkeit der Rechtsanwälte und das Verbot von Einflussnahmen durch Weisungen nach § 59f IV BRAO schließen eine Eingliederung und Weisungsunterworfenheit des Geschäftsführers einer Rechtsanwaltsgesellschaft i.S.d. § 7 I 2 SGB IV nicht kategorisch aus. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 59f IV 1 BRAO, der die „Unabhängigkeit der Rechtsanwälte“ auf die „Ausübung ihres Rechtsanwaltsberufs“, nicht aber auf die Geschäftsführung insgesamt bezieht. [33] Diese Einschätzung wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Danach müsse dem verantwortlichen Rechtsanwalt – im Verhältnis zu den Gesellschaftern und zu etwaigen an der Geschäftsführung Beteiligten – BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 361
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