BRAK MIT TEILUNGEN FEBRUAR 2023 · AUSGABE 1/2023 54. JAHRGANG AKZENTE BOTSCHAFT ANGEKOMMEN Dr. Ulrich Wessels Viele Anwältinnen und Anwälte treiben derzeit Sorgen um, weil die Kosten für Energie, Papier und vieles mehr, kurz: die Kosten für den Betrieb ihrer Kanzleien, in den vergangenen Monaten enorm gestiegen sind. Und sie fragen sich, wie sie den angesichts eben dieser Kostensteigerungen nur allzu berechtigten Forderungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach einer Gehaltserhöhung begegnen können. Angesichts des sich inzwischen klar abzeichnenden Fachkräftemangels – vor allem bei Rechtsanwaltsbzw. Rechtsanwaltsund Notarfachangestellten, aber immer öfter auch beim anwaltlichen Nachwuchs – ist das ein besonders empfindlicher Punkt. Ein Dilemma, denn ohne eine Erhöhung auf der Einnahmeseite fehlt dafür vielen die finanzielle Beinfreiheit. Besonders deshalb brauchen Anwältinnen und Anwälte möglichst rasch eine Erhöhung der gesetzlichen Anwaltsgebühren, gerade auch für die Gehälter ihrer Angestellten. Apropos Fachkräfte... Um ein klareres Bild von deren aktueller Situation zu erhalten, hat die BRAK eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Darin geht es nicht allein um die Gehälter. Es geht auch um die sonstigen Arbeitsbedingungen. Sabine Vetter erläutert und analysiert die Ergebnisse in diesem Heft ausführlich – ein für uns alle lesensund bedenkenswerter Beitrag! Denn wie man gute Fachkräfte gewinnen und sie auch auf Dauer in der Kanzlei halten kann, wird künftig eine immer wichtigere Frage. Die Forderung nach einer Gebührenerhöhung ist nicht neu. Erst im vorletzten Heft war sie an dieser Stelle Thema. Die Hauptversammlung der BRAK hat sich im September 2022 klar dazu positioniert. Die BRAK hat in Schreiben und Gesprächen auch der Politik gegenüber immer wieder deutlich gemacht, weshalb gerade in der jetzigen Situation höhere gesetzliche Anwaltsgebühren notwendig sind. Reagiert wurde darauf meist mit dem Hinweis, dass erst vor Kurzem eine Anpassung der Gebühren erfolgt sei. Das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 ist aber gerade keine Antwort auf die aktuellen Entwicklungen. Es brachte nicht einmal eine vollständige Anpassung an die seit der vorherigen Gebührenanpassung im Jahr 2013 erheblich gestiegenen Betriebskosten, sondern in weiten Bereichen nur etwa zur Hälfte. Lediglich im Sozialrecht, wo freilich die Gebühren zuvor kaum auskömmlich waren, erfolgte damals eine Anpassung auf dem notwendigen Niveau. Die Preissteigerungen durch die Energiekrise und Inflation in der Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine können notwendigerweise in der damaligen Gebührenanpassung noch nicht berücksichtigt sein. Doch genau darauf braucht die Anwaltschaft eine Antwort! Eine vorsichtig positive Entwicklung gibt es in Sachen Gebührenerhöhung zu verzeichnen: Die Botschaft ist beim Bundesjustizminister angekommen. Er hat verstanden, dass Anwältinnen und Anwälte einen wichtigen Beitrag für den Zugang von Bürgerinnen und Bürgern zum Recht leisten. Und dass sie ihn nur gewährleisten können, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Der Minister hat versichert, sich dafür einzusetzen, dass es noch in dieser Legislaturperiode zu einer Anpassung der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung kommt. Sein Ministerium arbeitet aktuell daran, Zahlen zur Einkommens- und Preisentwicklung zusammenzutragen. Das Anliegen der Anwaltschaft hat der Minister bereits an die Länder herangetragen. Deren finanzielle Interessen sind bei einer Gebührenerhöhung immer mitbetroffen, man denke nur an die Beratungs- und Prozesskostenhilfe und an die mögliche Ausstrahlung etwa auf die Gebühren von Sachverständigen oder Dolmetscherinnen und Dolmetschern. Bisher wurde dies stets mit der reflexhaften Forderung nach einer parallelen Erhöhung der Gerichtskosten beantwortet – nur dass es eigentlich Aufgabe des Staates und nicht der einzelnen Rechtsuchenden ist, eine funktionierende Justiz zu finanzieren. Nun kommt es darauf an, dass wir gemeinsam weiter daran arbeiten, rasch eine angemessene Erhöhung der gesetzlichen Anwaltsgebühren auch tatsächlich in die Tat umzusetzen! Ihr Dr. Ulrich Wessels AKZENTE BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 1
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