Jahrgänge ihren Teil hierzu bei, aber ebenso die Vielzahl der Ausbildungsangebote und Vielfalt an Ausbildungsalternativen. Das Angebot an neuen Studiengängen überfordert teilweise junge Menschen, sie brauchen Orientierung. a) KURZER RÜCKBLICK UND WANDEL Wie gingen wir bisher mit der Situation um? Wenn wir endlich einmal einen jungen Menschen davon überzeugt hatten, dass der Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten der schönste und abwechslungsreichste Beruf ist und sie einen Ausbildungsvertrag unterschrieben hatten, lehnten wir uns bisher zurück. Konsequenz dieser Passivität war oftmals, dass Ausbildungen abgebrochen und Chancen vertan wurden, junge Menschen für den Beruf zu begeistern. In diesem Bereich hat sich in den letzten Jahren viel geändert. Die Ausbildung wird qualitativ hochwertiger und die Begleitung junger Menschen auf dem Weg ins Erwachsenenleben ist intensiver geworden. Wir stehen also vor dem nächsten Schritt. Es steht an dieser Stelle sowohl für Auszubildende als auch für Rechtsanwaltsfachangestellte (ReFa) oder Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte (ReNo) fest, dass der Beruf der schönste, spannendste und abwechslungsreichste ist, den man sich vorstellen kann. Viele ReFas und ReNos bestätigen, dass der Beruf zur Berufung wird, ebenso wie der Anwaltsberuf für viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte eine Berufung darstellt. Was ist konkret also noch zu ändern? Die STAR-Umfrage sollte helfen, den Status Quo zu betrachten, die Ursachen des Fachkräftemangels aufzudecken und schlussendlich die aufgedeckten Probleme zu lösen. Denn eins ist klar: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen als Teil des Rechtsstaats funktionieren, oder vielmehr: Rechtsanwaltskanzleien müssen funktionieren. b) GEHALT Betrachten wir die Gehaltsstruktur: Ist es zu kurz gesprungen, wenn man die Zahl unbesetzter Stellen in Relation zu Gehältern setzt? Sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ständig auf andere Berufsgruppen schielen und vergleichen, was man beim Absprung aus der Kanzlei heraus verdienen könnte, höchstmotiviert? Auf der anderen Seite könnte man dagegenhalten, dass das RVG lange nicht angepasst wurde und Gehälter sich an den Einnahmen orientieren müssen. Aber ist nicht auch diese Aussage zu kurz gesprungen? aa) GEHÄLTER ANDERER BRANCHEN Einige Gegenstandswerte orientieren sich an den Gehältern der Mandanten. So fällt der Blick direkt auf Bereiche wie Familien- oder Arbeitsrecht, in denen Monatsgehälter dem Gegenstandswert zugrunde liegen. Damit ist Fakt, dass auch nicht-anwaltliches Personal Gehaltsabrechnungen der Mandanten zu sehen bekommt. Ähnliches gilt bei der Berechnung von pfändbaren Einkommen. Auch dort bekommen Kanzleimitarbeiterinnen und -mitarbeiter die Gehälter anderer Berufsgruppen auf den Tisch. Der Markt hat seine eigenen Gesetze. Werfen wir also tatsächlich mal einen Blick auf Gehälter anderer Branchen, die so verlockend scheinen. Das durchschnittliche Monatsgehalt aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland liegt laut statistischem Bundesamt bei rund 4.100 Euro.6 6 Durchschnittliche Bruttoverdienste 2021 – Statistisches Bundesamt (destatis.de). Dieses müsste in unserer Sparte um produzierendes Gewerbe sowie die Erbringung von nicht-freiberuflichen oder IT-Dienstleistungen noch bereinigt werden. Das statistische Bundesamt hat für die Erbringung von diesen „sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen“ für April 2022 folgende Zahlen angegeben: Eine Vollzeitstelle in diesem Bereich umfasst 37,0 Wochenstunden bei 19,30 Euro/Stunde. Somit stehen wir bei einem vergleichbaren Monatsgehalt von rund 3.100 Euro. bb) STEIGENDE GEHÄLTER BEI REFAS UND RENOS Dieses Argument wurde von der Anwaltschaft ernstgenommen. Im Vergleich zur letzten STAR-Erhebung 2020 sind die Jahresgehälter um rund 5.000 Euro gestiegen. So liegt der Median bei den Jahresgehältern der ReFa/ReNo mit Berufserfahrung bei 33.000 Euro, 2020 lag er noch bei 28.000 Euro. Rechtsfachwirtinnen und Rechtsfachwirte mit Berufserfahrung haben im Vergleich zu der letzten Umfrage ebenfalls ein höheres Jahresgehalt und liegen nun im Westen bei 40.000 Euro (STAR 2020: 36.000 Euro), im Osten bei 34.000 Euro (STAR 2020: 29.000 Euro) und damit in der Gesamtschau bei 38.000 Euro Median (STAR 2020: 34.000 Euro). Aber auch hier lohnt es sich, genauer hinzusehen: Weisen Median und Mittelwert nur geringe Unterschiede auf, kann daraus eine gleichmäßige Verteilung der Angaben abgeleitet werden – es gibt also nur wenige Teilnehmende, die außergewöhnlich hohe oder niedrige Werte genannt haben. Wenn Mittelwert und Median starke Unterschiede aufweisen, ist von der gegenteiligen Annahme auszugehen. Die Angaben der Teilnehmenden unterscheiden sich stark und es gibt einige Werte, die sehr hoch oder sehr niedrig sind. In diesem Fall ist es regelmäßig angezeigt, zur Interpretation der Werte auch die Mediane zu betrachten. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 9
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