sönlichen Daten6 6 Kirchhof, ZRP 2017, S. 127; Müller, NZWiSt 2017, 121 ff.; vgl. auch EuGH, Urt. v. 21.12.2016 – C-203/15 und C-698/15 – Tele2 Sverige u.a., zur Zweckbindung bei der Vorratsdatenspeicherung. und das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung zu Zwecken von Betrug, Erpressung und Einschüchterung hingewiesen.7 7 Vgl. hierzu BT-Drs. 19/15196, 43 f.; Müller, NZWiSt 2017, 121 ff. IV. ENTSCHEIDUNG DES EUGH VOM 22.11.2022 Der EuGH hat in seiner Entscheidung nunmehr diese Bedenken aufgegriffen und Art. 30 V lit. c der 5. Geldwäsche-RL 2018/843 für ungültig erklärt. Das Urteil geht auf zwei Vorabentscheidungsersuchen des Bezirksgerichts Luxemburg zurück, die die Weigerung der Luxembourg Business Registers (LBR) betreffen, den Zugang der breiten Öffentlichkeit zu Angaben über zum einen die Eigenschaft von WM (Rs. C-37/20) als wirtschaftlicher Eigentümer einer Immobiliengesellschaft und zum anderen über den wirtschaftlichen Eigentümer von Sovim SA (Rs. C-601/20) zu versagen. Das LBR verlangt die mit den in § 19 I Nr. 1-5 GwG für das hiesige Transparenzregister vergleichbaren Angaben. Begründet hat der Gerichtshof dies im Ergebnis damit, dass der Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer einen schwerwiegenden Eingriff in die in den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbürgten Grundrechte darstellt.8 8 Rn. 40 und 44 der Entscheidung des EuGH v. 22.11.2022 (oben Fn. 1). Dieser liege bereits in der Zurverfügungstellung personenbezogener Daten an Dritte unabhängig von der späteren Verwendung (Rn. 39). Die Schwere des Eingriffs ergebe sich aus der Möglichkeit einer Profilerstellung (Rn. 41), des ungehinderten Abgreifens der Daten zu beliebigen, nicht der Zielsetzung der Registerspeicherung dienenden Zwecken (Rn. 42) sowie der Gefahr der missbräuchlichen Verarbeitung und Verwendung der Informationen, gegen die sich die betroffenen Personen nicht wirksam wehren könnten (Rn. 43). V. WAS MACHT DAS TRANSPARENZREGISTER? Auf der Webseite des Transparenzregisters9 9 https://www.transparenzregister.de/treg/de/start;jsessionid=61303A0228C50EE BB19E0C8A0FD2FB1A.app41?0. war zunächst unter Hinweis auf die am 22.11.2022 ergangene Entscheidung des EuGH am 30.11.2022 mitgeteilt worden, dass die Stattgabe der Anträge von Mitgliedern der Öffentlichkeit aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 22.11.2022 bis auf weiteres ausgesetzt sei. Dies wurde an gleicher Stelle am 12.12.2022 dahin revidiert, dass im „Hinblick auf die Rechtslage, die vor Inkrafttreten der für nichtig erklärten Regelungen der Richtlinie (EU) 2018/843 galt, und die im Rahmen einer unionsrechtskonformen Auslegung der GwG-Vorschriften heranzuziehen ist, eine Einsichtnahme weiterhin in Fällen möglich [ist], in denen das berechtigte Interesse einer Einsichtnahme durch Mitglieder der Öffentlichkeit dargelegt wird.“ VI. FOLGERUNGEN Was zunächst als Rückgriff auf die Rechtslage vor der 5. Geldwäsche-Richtlinie „plausibel“ klingen mag, ist gerade vor dem Hintergrund des vorliegenden Urteils des EuGH eine bedenkliche Verlautbarung durch die registerführende Bundesanzeiger Verlag GmbH. Der EuGH verweist auf die Stellungnahen des Rates und der Kommission, wonach die Streichung des „berechtigten Interesses“ als Kriterium für die Informationsübermittlung in der 5. Geldwäsche-Richtlinie (2018/843) für erforderlich gehalten wurde, weil sich in einer „Folgenabschätzung“ zur 4. Geldwäsche-Richtlinie herausgestellt habe, dass die einheitliche Definition des Merkmals praktische Schwierigkeiten bereitet. Die „geeignete Lösung“ habe deshalb darin bestanden, diese Voraussetzung in der 5. Geldwäsche-Richtlinie zu streichen (Rn. 68). Auf ergänzende Nachfrage des Gerichtshofs (im Rahmen der mündlichen Verhandlung), ob es Überlegungen im Hinblick auf eine einheitliche Definition des „berechtigten Interesses“ gegeben habe, sei – so heißt es im Urteil – seitens der Kommission erklärt worden, man habe dies zwar in Betracht gezogen, letztlich aber darauf verzichtet, „weil das Kriterium, selbst wenn es mit einer Definition versehen sei, schwer umzusetzen sei und seine Anwendung zu willkürlichen Entscheidungen führen könne“ (Rn. 71). Alarmieren muss die Aussage der Kommission, dass die Anwendung des Kriteriums des „berechtigten Interesses“, selbst wenn es durch Definition näher zu bestimmen wäre, zu willkürlichen Entscheidungen im Hinblick auf die Freigabe von Registerdaten führen könne. Wenn also das „berechtigte Interesse“, so wie von dem Bundesanzeiger-Verlag verkündet, als rechtsstaatliches Regulativ für die Einsichtnahme dienen sollte, wäre der Gesetzgeber gefragt, dafür einheitliche und praxistaugliche Kriterien zu entwickeln. Es darf nicht der registerführenden Stelle überlassen bleiben, dieses Kriterium heranzuziehen und dann auch noch nach eigenem Gutdünken im Einzelfall auszulegen. Was unter dem „berechtigten Interesse“ zu verstehen ist, ist offenkundig nach Einschätzung der EU-Kommission eine schwierige und derzeit offene Rechtsfrage. Wenn man es dessen ungeachtet dennoch als Kriterium verwendet, macht dies auch weiterhin das Transparenzregister zu einer „offenen“ Datenquelle. Auf Grundlage der Mitteilung auf der Webseite des Transparenzregisters vom 12.12. 2022 besteht diese Gefahr, was der EuGH aber gerade nicht billigt. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 17
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0