Schädigung aufzufassen sei und die allein hierauf gestützte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht habe. Andere Gerichte16 16 Vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2022 – 9 O 257/21, beck-online Rn. 22. bejahten sie dagegen. Das OLG München17 17 Vgl. OLG München, Beschl. v. 21.3.2022 – 25 U 9289/21. folgte in einem Diesel-Fall, in dem sich der Kläger offensichtlich in seinen nicht angepassten Textbausteinen verheddert und weitgehend ohne die notwendige Fallbezogenheit widersprüchlich und teilweise ganz offensichtlich andere Klageverfahren betreffend vorgetragen hatte, der soweit ersichtlich allgemeinen Meinung, wonach für die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Rechtsverfolgung auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife abzustellen sei.18 18 OLG Schleswig, Beschl. v. 21.6.2022 – 16 U 53/22, beck-online Rn. 30; LG Krefeld, Urt. v. 23.3.2022 – 2 O 221/21 Rn. 23; AG Singen, Urt. v. 29.6.2022 – 11 C 20/ 22, beck-online Rn. 18. Ebenso Harbauer/Schmitt, § 3a ARB 2010 Rn. 13; Armbrüster, in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 1 ARB 2010 Rn. 8. Es erweiterte diese Aussage aber dahingehend, dass insoweit allerdings auch Entscheidungen des BGH berücksichtigt werden könnten, so diese nur eine zuvor bestehende Rechtslage feststellen und keine neue schaffen. Dies birgt allerdings die erhebliche Gefahr von als ex-ante-Betrachtungen verbrämten Bewertungen, die in Wahrheit rückschauend sind.19 19 S. dazu etwa unten Fn. 30 das Urt. des LG Landshut v. 5.1.2022 – 75 O 2191/21. Das OLG Schleswig20 20 Vgl. OLG Schleswig, Beschl. v. 21.6.2022 – 16 U 53/22 m. Anm. Grams, FD-VersR 2022, 450156. verwarf zu Recht einen Anspruch auf Freistellung von Kosten für die vorgerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts für die Geltendmachung eines Rückabwicklungsbegehrens gegen den Hersteller als mutwillig, weil die im Hauptsacheverfahren darauf verklagte BMW AG – ebenso wie alle anderen im Gefolge des VW-Diesel-Skandals in Anspruch genommenen Automobilhersteller – derartigen Verlangen niemals nachkommen würden, was den dortigen Klägervertretern bestens bekannt sei und auch in der Klage zum Ausdruck komme.21 21 Ebenso LG Heidelberg, Urt. v. 20.9.2022 – 2 O 200/21, beck-online Rn. 40 ff. Genau gegenteilig entschied, ebenfalls in einem „BMWFall“, das LG Nürnberg-Fürth:22 22 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 22.12.2022 – 2 O 7982/21, beck-online Rn. 86. Es gewährte nämlich zunächst, wenn überhaupt, nur Deckung für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung. c) UNVERZÜGLICHE MITTEILUNG DER ABLEHNUNGSGRÜNDE Der Rechtsschutzversicherer hat nach § 3a ARB dem Versicherungsnehmer unter Mitteilung der Gründe „unverzüglich“, also ohne schuldhaftes Zögern mitzuteilen, wenn er das Rechtsschutzbegehren seines Versicherers wegen Mutwilligkeit oder mangelnden Erfolgsaussichten ablehnen will. Das LG Rottweil23 23 Vgl. LG Rottweil, Urt. v. 14.11.2022 – 3 O 123/22, beck-online Rn. 30 ff.; ebenso AG Singen, Urt. v. 29.6.2022 – 11 C 20/22, beck-online Rn. 20 und in der Literatur etwa Münkel, in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 4. Aufl. 2020, § 3a ARB 2010 Rn. 6. schloss sich zunächst der ganz herrschenden Meinung an, dass die Frist keine starre, sondern sich nach den Umständen des Einzelfalls regelmäßig auf maximal zwei bis drei Wochen nach Erhalt aller für die Deckungsentscheidung notwendiger Unterlagen belaufe. Im Streitfall hat es eine Dauer von drei Wochen und drei Tagen für die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens in einem Diesel-Fall für nicht mehr unverzüglich mit der Folge eines Leistungsanerkenntnisses angesehen. Der Versicherer habe den Versicherungsfall bereits bei der erstinstanzlichen Deckungsanfrage geprüft und im Wesentlichen nur noch beurteilen müssen, ob sich unter den eingeschränkten prozessualen Möglichkeiten der Berufung Abweichungen von seiner bereits erfolgten Prüfung der Erfolgsaussichten ergäben. Ungeachtet dessen, dass sich in Diesel-Fällen einzelne komplexe Fragestellungen ergeben könnten, sei dies angesichts der Vielzahl regelmäßig wiederkehrender Sachverhaltskonstellationen relativiert und es würden sich typischerweise, wie auch im zu entscheidenden Fall keine überdurchschnittlich schwierigen oder umfangreichen Prüfungsaufgaben stellen. Das AG Köln24 24 Vgl. AG Köln, Urt. v. 23.11.2022 – 131 C 186/22, beck-online Rn. 26. hat in einem weiteren Diesel-Fall eine Deckungsablehnung für die Kosten vorgerichtlicher Tätigkeit nach mehr als zwei Monaten als nicht mehr unverzüglich abgelehnt und ebenfalls einen Rechtsschutzanspruch als anerkannt angesehen. 5. SCHIEDSGUTACHTERVERFAHREN UND STICHENTSCHEIDE NACH § 3a ARB 2010 a) EINLEITUNG BINNEN MONATSFRIST Dem OLG Celle25 25 Vgl. OLG Celle, Urt. v. 22.9.2022 – 8 U 336/21 m. zust. Anm. Grams, FD-VersR 2022, 452252. lag eine Unterlassungsklage eines Verbraucherverbands nach § 1 UKlaG zur Entscheidung vor. In Rede standen den GDV-Musterbedingungen 2010 entsprechende Klauseln zum Schiedsgutachterverfahren nach Ablehnung wegen mangelnder Erfolgsaussicht durch den Versicherer. Zunächst zu prüfen war die in der insoweit für den Versicherer zwingenden Norm des § 128 VVG nicht enthaltende Monatsfrist in § 3a II 1 ARB, wonach der Versicherungsnehmer „innerhalb eines Monats die Einleitung eines Schiedsverfahrens vom Versicherer verlangen kann“. Nachdem die ARB-Regelung keine Sanktion für die Nichteinhaltung der Frist enthält, kam das Gericht zutreffend zu dem sich auch in der Literatur findenden Ergebnis, dass die Vorschrift jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung auch als Ausschlussfrist zu verstehen sei. In dieser Auslegung sei sie gem. § 307 I 1 und 2 BGB (nur) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot, nicht aber wegen eines Leitbildverstoßes gem. § 307 II Nr. 1 BGB unwirksam. Letzterer sei nicht gegeben, weil auch § 128 VVG kein zeitlich unbegrenztes Gutachterverfahren vorsehe, vielmehr inhaltlich zum Verfahren gar keine Vorgaben mache, also dem Versicherer in den Bedingungen ein nicht unerheblicher Gestaltungsspielraum etwa auch hinsichtlich einzuhalVÖLKER, DIE RECHTSPRECHUNG ZUR RECHTSSCHUTZVERSICHERUNG IM JAHR 2022 BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 AUFSÄTZE 20
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