zurückbleibt, so ist eine Grundlage für sein Vertrauen, die Frist laufe erst später als aus der Mitteilung ersichtlich ab, nicht ersichtlich. Vielmehr ist von einem ordentlichen und gewissenhaften Rechtsanwalt zu erwarten, dass er eine solche Mitteilung zur Kenntnis nimmt und sich auf die daraus ersichtliche Frist einstellt. BGH, Beschl. v. 27.9.2022 – VI ZB 66/21, NJW-RR 2022, 1648 1) Eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wird erst wirksam, wenn sie dem Berufungskläger formlos mitgeteilt wird (vgl. BGH, Beschl. v. 21.1.1999 – V ZB 31/98, NJW 1999, 1036 Rn. 5; v. 14.2.1990 – XII ZB 126/89, NJW 1990, 1797). 2) Wird dem Berufungskläger bei Mitteilung der Verlängerungsverfügung ebenfalls mitgeteilt, die Verfügung enthalte einen Schreibfehler, tatsächlich sei ein anderes Fristende gewollt gewesen, so kann dieses Schreibversehen jedenfalls gem. § 319 ZPO berichtigt werden. BGH, Beschl. v. 20.9.2022 – VI ZB 48/21, NJW-RR 2022, 1650 Anträge zur Verlängerung von Rechtsmittelbegründungsfristen sind an der gerichtlichen und anwaltlichen Tagesordnung, also mehr oder weniger Routine. Immer wieder kommt es in diesem Zusammenhang zu Missverständnissen. Oft kann die Ursache zumindest auch beim Anwalt gefunden werden, so dass Wiedereinsetzungsanträge scheitern und anschließend der Haftungsfall auf der Hand liegt. Das ist umso ärgerlicher, da es einfache Strategien gibt, solche Fehler zu vermeiden. Im ersten Fall, den der VI. Zivilsenat am 27.9.2022 entschied, hatte der Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers die Begründungsfrist um einen Monat verlängern wollen. Da das Urteil am 21.1.2021 zugestellt wurde, verfügte das Gericht eine Fristverlängerung bis zum 21.4.2021. Genau genommen war das deshalb keine Verlängerung „um einen Monat“ (wie es beantragt war), weil die nicht verlängerte Begründungsfrist am 22.3.2021, einem Montag, abgelaufen wäre. Der BGH versagt die Wiedereinsetzung. Ein schlichtes Schreibversehen beim Berufungsgericht habe nach dessen Angaben nicht vorgelegen. Davon durfte der Prozessbevollmächtigte auch nicht ausgehen, als die Verlängerungsverfügung bei ihm einging. Grundsätzlich dürfe ein Prozessbevollmächtigter zwar darauf vertrauen, dass sein ordnungsgemäß gestellter und begründeter Antrag auf eine erste Fristverlängerung auch bewilligt werde; das enthebe ihn aber lediglich von der Verpflichtung, vor Fristablauf bei Gericht nachzufragen, wenn rechtzeitig vor Fristablauf noch keine entsprechende Verfügung zuging. Hier aber lag die Verfügung rechtzeitig vor. In diesem Fall müssen die Fristen im Kalender entsprechend der Verfügung umgehend korrigiert werden. Maßgeblich sei immer die bewilligte, nicht die beantragte Verlängerung. Im zweiten Fall, den derselbe Senat eine Woche zuvor entschieden hatte, ging es um die mit Zustimmung des Gegners beantragte Verlängerung auf den 29.12.2020. Das Gericht verfügte die Verlängerung lediglich auf den 28.12., gab aber dann nach Eingang der Begründung am 29.12. mit Verfügung vom gleichen Tag bekannt, dass es sich um ein Schreibversehen gehandelt habe; eigentlich sei der 29.12. gemeint gewesen. Später war das Berufungsgericht allerdings dann der Ansicht, dass ein für alle offenkundiges Schreibversehen nicht vorgelegen habe, sodass der Schriftsatz nicht rechtzeitig eingegangen sei. Wiedereinsetzung wurde nicht gewährt mit dem Hinweis darauf, dass eine rechtzeitige Nachfrage vor Ablauf der verlängerten Frist notwendig gewesen sei, wenn wie vorgetragen die Verlängerungsverfügung nicht rechtzeitig bei den Bevollmächtigten einging. Der BGH ging hingegen davon aus, dass die Frist gewahrt war. Er musste davon ausgehen, dass die Verlängerungsverfügung dem Berufungsführer nicht vor dem 29.12. zuging. Etwas Anderes hatte das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Verlängerung der Frist werde aber erst wirksam, wenn sie dem Berufungskläger formlos mitgeteilt wird. Mit der neuen Verfügung vom 29.12.2020 sei das Schreibversehen dann aber für alle Beteiligten „offenbar“ i.S.d. § 319 ZPO gewesen, so dass sich die Verlängerung noch auf den 29.12. korrigieren ließ. Zusammenfassend lässt sich den Beschlüssen also entnehmen, dass Verlängerungsverfügungen grundsätzlich nur bis zu dem Zeitpunkt gelten, zu dem verfügt ist. Vertrauensschutz auf den eigenen Antrag gibt es nur dann, wenn die Verfügung nicht rechtzeitig eintrifft. Bis dahin ist sie auch nicht wirksam und kann ggf. noch durch das Gericht – gleichsam überholend – korrigiert werden. In der Büroorganisation ist also darauf zu achten, dass Verlängerungsanträge tunlichst zu einem bestimmten Datum, nicht „um einen Monat“ gestellt werden. Das beantragte Fristende ist vorläufig im Kalender zu notieren. Sodann ist darauf zu achten, dass die daraufhin ergehende Verfügung mit dem Antrag übereinstimmt. Wenn nicht, muss der Kalendereintrag sofort geändert werden. Ist die Verfügung nicht rechtzeitig eingetroffen, besteht keine Verpflichtung, bei Gericht nachzufragen, solange der Antrag rechtzeitig und mit ausreichender Begründung gestellt wurde. Das gilt für eine zweite Verlängerung nur dann, wenn die Zustimmung des Gegners vorher eingeholt und dem Gericht im Verlängerungsantrag mitgeteilt oder beigefügt wurde. (bc) EMPFANGSBEKENNTNIS BEI ÜBERLASSUNG DER beA-KARTE 1. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände ist die Beweiswirkung eines über den sicheren Übermittlungsweg eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs versandten elektronischen Empfangsbekenntnisses nicht allein durch den Vortrag durchgreifend entkräftet, dass es dem Gericht vom Sekretariat des Postfachinhabers unautorisiert übermittelt worden sei. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 29
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