* 4. In ihrer Gesamtheit nur als „ein Fall“ i.S.d. § 5 I FAO anzurechnen sind Wiederholungs- bzw. Serienfälle lediglich dann, wenn bei verständiger Würdigung aller Umstände von einem einheitlichen Lebenssachverhalt auszugehen ist, der in mehrere Fälle aufgespalten wurde. Mehrere Fälle sind hingegen anzunehmen, wenn in sich geschlossene, von anderen Sachverhalten deutlich unterscheidbare Lebenssachverhalte juristisch aufzuarbeiten waren. * 5. Eine Mindergewichtung von Wiederholungsfällen ist nicht zwingend, da nicht allgemein davon ausgegangen werden kann, dass in solchen Wiederholungsfällen weniger praktische Erfahrungen erlangt werden. Je mehr praktische Erfahrungen der Bewerber hat, umso wahrscheinlicher ist es, dass er wiederholt dieselben Rechtsfragen zu beurteilen hat. Eine – auch erhebliche – Mindergewichtung ist aber dann gerechtfertigt und geboten, wenn Wiederholungsfälle eng miteinander verknüpft sind, etwa weil ihnen im Wesentlichen derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt oder weil sie Teil eines Verfahrensverbundes sind. * 6. Für die Gewichtung nach § 5 IV FAO besteht in quantitativer Hinsicht keine rechtliche Unter- oder Obergrenze. Bayerischer AGH, Urt. v. 24.11.2022 – BayAGH III-4-8/20 n.rkr. Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Angelegenheiten, die ein Rechtsanwalt sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich bearbeitet, zählen grundsätzlich nur als ein Fall. Dies gilt auch dann, wenn sich das Mandat auf mehrere gerichtliche Instanzen erstreckt. Gegebenenfalls können solche Verfahren im Rahmen des § 5 IV FAO höher als mit 1 gewichtet werden. Eine erweiternde Auslegung des Fallbegriffs scheidet aber aus (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2019, 145). VERGÜTUNG WAHLRECHT DES INSOLVENZVERWALTERS ZWISCHEN RVG UND InsVV InsO § 63 I 3; InsVV § 3 Der Verwalter, der eine Aufgabe selbst wahrnimmt, mit der er zulässigerweise einen Rechtsanwalt hätte beauftragen können, hat den Vorteil wählen zu können, ob er seine Vergütung nach dem RVG oder nach der InsVV geltend macht. Entscheidet er sich für letztere, darf er nicht erwarten, zumindest so gestellt zu werden, als hätte er die Vergütung nach dem RVG gewählt (Bestätigung von BGH, Beschl. v. 8.3.2012 – IX ZB 162/11). BGH, Beschl. v. 27.10.2022 – IX ZB 10/22 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de ANFORDERUNGEN AN DIE VEREINBARUNG EINES ZEITHONORARS RVG §§ 3a, 10 II 1 1. Gemäß § 10 II 1 analog RVG ist ein vereinbartes Zeithonorar mangels Angabe der jeweils angesetzten Stundensätze in der Rechnung – differenzierend nach Tätigkeiten von Partnern einerseits und angestellten Rechtsanwälten andererseits – nicht fällig. 2. Die vorgenannten Angaben können grundsätzlich auch noch in der Berufungsinstanz nachgeholt werden; § 531 II ZPO steht dem regelmäßig nicht entgegen. 3. Soweit die Berufung nach entsprechender Ergänzung der Rechnung Erfolg hat, hat der auf Vergütung klagende Rechtsanwalt die Kosten der Berufung nach § 97 II analog ZPO zu tragen. 4. In einer Vergütungsvereinbarung gem. § 3a RVG muss eindeutig festgelegt werden, für welche Tätigkeiten der Auftraggeber eine höhere als die gesetzliche Vergütung zahlen soll; insbesondere muss in der Vergütungsvereinbarung festgelegt werden, ob diese nur für das derzeitige Mandat oder auch für zukünftige Mandate, insbesondere Weiterungen des bestehenden Mandates gelten soll. 5. Selbst eine geltungserhaltende Reduktion einer Vergütungsvereinbarung auf ein (vermeintlich) originäres Mandat kann nach den konkreten Umständen des Einzelfalles aufgrund der bei dem Abschluss der Vereinbarung vorherrschenden Situation (hier: Konglomerat potenzieller Auseinandersetzungen verschiedener Personen) ausscheiden. OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.11.2022 – I-24 U 38/21 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Sieht eine Vergütungsvereinbarung ein Zeithonorar für Sekretariatstätigkeiten vor und eröffnet sie dem Rechtsanwalt die an keine Voraussetzungen gebundene Möglichkeit, statt des tatsächlichen Aufwandes pauschal 15 Minuten pro Stunde abgerechneter Anwaltstätigkeit anzurechnen, gilt insofern die gesetzliche Vergütung als vereinbart (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2020, 150 mit Anm. Schons). VERGÜTUNG BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 43
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