BRAK-Mitteilungen 1/2023

sammlung beschlossen werde. Danach laufe die Beitragserhebung durch eine Software vollautomatisiert und die Mitarbeiter der Geschäftsstelle würden die Bescheide per Knopfdruck als Serienbriefe ohne weitere intellektuelle Prüfung versenden. Wenn es Probleme mit einem Bescheid gebe bzw. Widerspruch gegen einen Bescheid eingelegt würde, obliege die Entscheidung darüber dem Beitragsausschuss. Bei Rückfragen zu dem Beitragsbescheiden würden sich die Mitarbeiter der Geschäftsstelle direkt an den Beitragsausschuss wenden, die Vorbereitung der Widerspruchsbescheide obliege zwar der Beigeladenen, sie treffe jedoch weder eine Entscheidung noch könne sie mit Entscheidungskompetenz an dem Erlass der Widerspruchsbescheide mitwirken. Der Vorsitzende der Bezirksärztekammer P. unterzeichne die Widerspruchsbescheide. Dasselbe gelte für die Ausstellung von Fortbildungszertifikaten, auch dieses Verfahren laufe durch die Nutzung einer Software vollautomatisch ab. Der/die jeweilige Arzt/Ärztin fordere im Internet in seinem/ihrem Fortbildungskonto durch das Drücken eines Buttons das Fortbildungszertifikat an. Dieser Button ließe sich nur drücken, wenn tatsächlich die erforderlichen 250 Fortbildungspunkte erreicht sind. Die Mitarbeiterin der Geschäftsstelle drucke das Zertifikat aus und lege es dem Vorsitzenden der Bezirksärztekammer P. zur Unterschrift vor. Die Beigeladene sei in diesem Vorgang nicht involviert. Entstehen Probleme mit der Ausstellung des Fortbildungszertifikates, melde sich der Arzt bei der jeweiligen Sachbearbeiterin zur Prüfung und Klärung. Der Vorstand entscheide dann bei Streitigkeiten. Die Zertifizierung von Fortbildungsveranstaltungen erledige allein der Fortbildungsausschuss, die Beigeladene habe keine eigene Sachkunde, um überhaupt bei der Zertifizierung mitzuwirken. Nur wenn einer Veranstaltung die Zertifizierung versagt wird, ergehe ein Bescheid, der von dem Vorsitzenden der Bezirksärztekammer P. unterzeichnet wird, ansonsten erscheine die Fortbildungsveranstaltung im Internet als zertifiziert durch eine grüne Markierung. Ferner trug die Beigeladene insb. in der mündlichen Verhandlung unbestritten vor, dass sie mitten in der Corona-Pandemie das Anstellungsverhältnis begonnen habe und daher noch mehr rechtliche Fragen und anwaltliche Tätigkeiten auf sie zugekommen seien; daher sei die anwaltliche Prägung sogar mit 90 % anzugeben. Ihre Vorgängerin sei Volkswirtschaftlerin gewesen und diese sei daher gezwungen gewesen, jede rechtliche Frage an eine externe Anwaltskanzlei zur Prüfung und Stellungnahme zu übermitteln. Dadurch seien ihrer Arbeitgeberin ca. 50.000 Euro Anwaltskosten im Jahr entstanden und die Bezirksärztekammer P. hat nach Beendigung des Anstellungsvertrages mit der Volkswirtschaftlerin ausdrücklich eine Juristin für die Position der Hauptgeschäftsführerin gesucht. Ihr Arbeitsgebiet erstrecke sich seit Beginn ihrer Tätigkeit auf praktisch alle Rechtsgebiete außer Arbeitsrecht und Strafrecht. Insbesondere sei sie auf dem Gebiet des ärztlichen Berufsrechts, Vertragsarztrechts, Kassenarztrecht, Fragen des Heilberufsrechts und der Klärung von vielfältigen Fragen aufgrund der ständig erneuerten und wechselnden Coronabekämpfungsverordnungen tätig. Insbesondere bei rechtlichen Fragen zum Kassenarztrecht käme ihr zugute, dass sie vor ihrer jetzigen Tätigkeit bei der Kassenärztlichen Vereinigung als Syndikusrechtsanwältin tätig gewesen sei. Sie bearbeite zahlreiche Anrufe und Fragen der Ärzteschaft in rechtlicher Hinsicht und berate diese in rechtlichen, teilweise äußerst komplexen und schwierigen Fragen. In organisatorischer Hinsicht bearbeite sie Fragen der Mitarbeiter ihrer Arbeitgeberin, kümmere sich um wechselnde Aufgaben, wie die Einholung und Prüfung von Angeboten zur Einsparung von Ressourcen. Die Personalführung der 13 Mitarbeiter mache kaum Arbeit, da keine Besonderheiten zu beachten seien und die Lohnbuchhaltung extern vergeben sei. Nach dem Anstellungsvertrag und auch in tatsächlicher Hinsicht obliege der Beigeladenen ausschließlich die disziplinarische Aufsicht über die Mitarbeiter der Geschäftsstelle, nicht jedoch die fachliche Aufsicht. Bei fachlichen Fragen und Problemen würden sich die Mitarbeiter nicht an die Beigeladene wenden, sondern direkt an die jeweiligen Fachausschüsse. (...) II.A. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist als Anfechtungsklage zulässig (§ 112c BRAO, § 42 VwGO). Nach § 68 VwGO, § 18a I AGVwGO RP ist ein Vorverfahren nicht erforderlich. Der AGH ist in erster Instanz für die Klage zuständig (§§ 46a II 3, 112a I BRAO). Formelle Bedenken gegen die Klage bestehen nicht. Zwar steht der AGH nach § 112c I 2 Hs. 1 BRAO einem Oberverwaltungsgericht gleich, sodass sich die Parteien durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen müssen, § 67 IV VwGO. Allerdings darf sich die Kl. als Behörde durch eigene Beschäftigte vertreten lassen, die die Befähigung zum Richteramt haben, § 67 IV 4 VwGO, was vorliegend gegeben ist. Auch die Beigeladene kann sich im Rahmen des § 67 IV 8 VwGO selbst vertreten. B. Da die Entscheidung des Senates gegenüber den Parteien und der Beigeladenen wegen § 46a II 4 BRAO nur einheitlich ergehen kann, war die Beigeladene nach § 112c I BRAO i.V.m. § 65 I VwGO mit Beschluss des Vorsitzenden v. 16.11.2021 zum Rechtsstreit beizuladen. C. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Bekl. v. 29.9.2021 ist bzgl. Ziff. 1) rechtmäßig und verletzt die Kl. nicht in ihren Rechten (§ 112c I 1 BRAO, § 113 I 1 VwGO). Die Bekl. hat die Beigeladene zu Recht als Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) für ihre Tätigkeit bei der Bezirksärztekammer P. zugelassen. SYNDIKUSANWÄLTE BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 47

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