Rechtsgebiete außer Arbeitsrecht und Strafrecht. Täglich hat die Beigeladenen eine Vielzahl von rechtlichen Fragen und Problemen zu lösen und steht der Ärzteschaft während ihrer Arbeitszeiten, die sie mit ca. 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr angibt, telefonisch für Beratungsleistungen zur Verfügung. Ihre Postmappe, die hauptsächlich Anfragen von Ärzten enthält und die im Regelfall rechtlicher Natur sind, arbeitet sie bis am frühen Nachmittag ab. Sie wird mit rechtlichen Problemen aus dem ärztlichen Berufsrecht, dem Vertragsarztrecht, dem Kassenarztrecht, dem Heilberufsrechts und der ständig erneuerten und wechselnden Coronabekämpfungsverordnungen konfrontiert. Während der Corona-Pandemie war die Beigeladene vielfach mit Themen beschäftigt, wie die 2G/3G-Regelung in Praxen und Kliniken, dem rechtlichen Umgang mit Maskenverweigerern, der Ausstellung von Genesenenzertifikaten, dem Bezug von Impfstoffen, der rechtlichen Möglichkeit der Abrechnung von Coronatests für Privatpatienten, Errichtung von Teststellen als Arzt, dem Arbeitsschutz von Mitarbeitern aufgrund der Gefahren durch das Corona-Virus und dem Umgang mit ungeimpften Mitarbeitern. Im Vergleich zu ihrer Vorgängerin, die keine Juristin war und mangels Fachkenntnis nicht anwaltlich tätig werden konnte, hat ihr Arbeitgeber ausdrücklich eine Juristin anstellen wollen und angestellt, die die anwaltlichen Tätigkeiten selbst übernehmen kann und nicht wie in der Vergangenheit eine externe Anwaltskanzlei mit einem Kostenumfang von ca. 50.000 Euro pro Jahr beauftragt werden muss. Des Weiteren prüft und verhandelt die Beigeladene für ihren Arbeitgeber jeden Vertrag, den die Bezirksärztekammer mit Dritten abschließt. Aufgrund einer Gesamtschau steht damit zur Überzeugung des Senats fest, dass die anwaltlichen Tätigkeiten der Beigeladenen quantitativ und qualitativ den eindeutigen Schwerpunkt ihres Arbeitsverhältnisses ausmachen und die der Beigeladenen sonst obliegende Aufgaben wie Führungsaufgaben, organisatorische Aufgaben, disziplinarische Aufgaben und weitere nichtanwaltliche Aufgaben eindeutig hinter der anwaltlichen Tätigkeit zurückstehen. Die Beigeladene bearbeitet u.a. schwierige und komplexe rechtliche Fragestellungen der Ärzteschaft, insb. zahlreiche rechtliche Fragen zu den aufgrund der Corona-Pandemie erlassenen Vorschriften. Der Senat ist davon überzeugt, dass die anwaltliche Tätigkeit deutlich über dem von der Rechtsprechung mindestens geforderten Volumen von 65 % der Tätigkeiten der Beigeladenen ausmacht und damit prägend i.S.d. § 46 III BRAO für das Arbeitsverhältnis ist. Dabei verkennt der Senat nicht, dass ihre bisherige Tätigkeit sicherlich außergewöhnlich von der Coronapandemie beeinflusst worden ist und sich diese Situation in der Zukunft ändern kann. d) Nach § 46 III, IV 1 BRAO muss der Syndikusrechtsanwalt die ihm obliegenden anwaltlichen Tätigkeiten bei seinem Arbeitgeber fachlich unabhängig und eifachlich unabhängig und eigenverantwortlich genverantwortlich ausüben. Eine fachlich unabhängige Tätigkeit i.S.d. § 46 IV 1 BRAO liegt dann vor, wenn sich der Syndikusrechtsanwalt nicht an Weisungen seines Arbeitgebers zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen (BGH, 15.10. 2018 – AnwZ (Brfg) 68/17; BGH, 7.12.2020 – AnwZ (Brfg) 17/20). Das liegt dann vor, wenn der Syndikusrechtsanwalt im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit in erster Linie den Pflichten der Bundesrechtsanwaltsordnung unterworfen ist, hinter denen die arbeitsrechtlichen Weisungsbefugnisse des Arbeitgebers zurückstehen. Dadurch wird jedoch nicht jegliches Weisungsrecht des Arbeitgebers ausgeschlossen. Interne Vorgaben der Kammer, die keine unmittelbaren fachlichen Bezüge aufweisen sondern interne Regularien festschreiben, sollen gerade nicht ausgeschlossen werden (BGH, 6.5.2019 – AnwZ (Brfg) 31/17). Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten. Die von der Beigeladenen ausgeübte Tätigkeit entspricht den Anforderungen des § 46 III, IV BRAO, da die Beigeladene ihre anwaltliche Tätigkeit fachlich unabhängig und eigenverantwortlich ausführt und sich nicht an fachliche Weisungen zu halten hat. Insbesondere durch die Ergänzungsabrede zum Arbeitsvertrag v. 23.9.2020 sowie die Tätigkeitsbeschreibungen v. 20.4.2021 wird festgelegt, dass die Beigeladene bzgl. ihrer anwaltlichen Tätigkeit keinerlei fachlichen allgemeinen oder konkreten Weisungen unterliegt. Etwaige im Geschäftsführervertrag auferlegte fachliche Weisungsbefugnisse des Vorstands werden durch die Ergänzungsabrede zum Arbeitsvertrag v. 23.9.2020 ausdrücklich aufgehoben. Aufgrund der unbestrittenen Ausführungen der Beigeladenen über ihre Tätigkeiten ist der Senat davon überzeugt, dass die Vorgaben der Ergänzungsabrede zum Arbeitsvertrag v. 23.9.2020 tatsächlich gewährt werden. Insofern folgt der Senat nicht der Auffassung der Kl., dass die Beigeladene entsprechend dem Urteil des BGH v. 7.12.2020 (AnwZ (Brfg) 17/20) wie ein Geschäftsführer einer GmbH den fachlichen Weisungen des Vorstandes unterliegt. Der Geschäftsführer einer GmbH, der gem. § 37 I GmbHG den Weisungsbefugnissen der Gesellschafterversammlung unterliegt und bei dem es sich um ein Organ der GmbH handelt, ist mit dem vorliegenden Fall der Hauptgeschäftsführerin der Geschäftsstelle als Angestellte ohne Organfunktion nicht vergleichbar. Der Geschäftsführer einer GmbH ist das zwingend zu bestellende, gesetzlich berufene Organ der Gesellschaft mit gesetzlich festgeschriebener nicht einschränkbarer und umfassender Vertretungsbefugnis. Damit bewertet der BGH den Anstellungsvertrag grundsätzlich nachrangig zu dem gesellschaftsrechtlichen OrganverhältBERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 53
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