BRAK-Mitteilungen 1/2023

nis, woraus folgt, dass Vereinbarungen des Anstellungsvertrages nicht in die gesetzliche oder statutarische Ausgestaltung des Organverhältnisses eingreifen dürfen (BGH v. 7.12.2020 – AnwZ (Brfg) 17/20). Dem gegenüber ist die Hauptgeschäftsführerin der Geschäftsstelle die „Entlastungsinstanz“ des gesetzlich bestimmten Organs der Kammer, nämlich des Vorstandes. Die Hauptgeschäftsführerin ist gerade kein Organ der Bezirksärztekammer. Ihr kann auch keine Organstellung verliehen werden, da ausschließlich die Vertreterversammlung und der Vorstand gem. § 8 I HeilBG i.V.m. § 4 I Hauptsatzung Bezirksärztekammer P. zu Organen der Bezirksärztekammer berufen sind. Insbesondere die Tatsache, dass der GmbH-Geschäftsführer gem. § 37 GmbH den (auch fachlichen) Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt und der Vorstand der Kammer nach § 11 III 2 HeilBG die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführerin einschränken kann, stellt u.a. den gravierenden Unterschied zwischen dem Geschäftsführer einer GmbH und der Geschäftsführerin der Kammer dar. Dem Geschäftsführer der GmbH entspricht wegen der Organstellung der Vorstand der Kammer, somit sind die Stellungen des Geschäftsführers der GmbH und der Geschäftsführerin der Kammer sowie die Weisungsbefugnisse der zuständigen Organe gegenüber den jeweiligen Geschäftsführern nicht vergleichbar. Die Hauptgeschäftsführerin der Kammer bekommt die originär dem Vorstand obliegenden laufenden Geschäfte vom Vorstand im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen übertragen, wobei der GmbH-Geschäftsführer seine Aufgaben durch die Bestellung per Gesetz zugewiesen bekommt. Daher kann im Anstellungsvertrag der Geschäftsführerin der Kammer die Weisungsbefugnis auf organisatorische und nicht-anwaltliche Aufgaben beschränkt werden, woraus folgt, dass die fachliche Weisungsfreiheit für die anwaltliche Tätigkeit vereinbart werden kann, was vorliegend erfolgt ist. Dem steht § 11 II HeilBG nicht entgegen. Wie die Bekl. ausführt, ist Sinn und Zweck der Einführung der Regelung lediglich die Klarstellung, dass ein Geschäftsführer der Kammer bestimmt werden kann, da seither die Geschäftsführer der Kammern ohne eine Regelung im HeilBG u.a. auf der Grundlage von Satzungsbestimmungen bestellt wurden. Es sollte ferner klargestellt werden, dass der Geschäftsführer ohne besondere Einzelvollmacht befugt ist, die Kammer gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Dadurch sollte gerade eine flexible Handhabung möglich sein (Gesetzesbegründung HeilBG, Landtag Rheinland-Pfalz Drucksache 16/ 3626, 63 ff., 73 zu § 11). Entgegen der Auffassung der Kl. liegt damit aber in der vorliegenden bestehenden Einschränkung der fachlichen Weisung des Vorstandes gegenüber der Hauptgeschäftsführerin kein Verstoß gegen § 134 BGB vor. Die seitherige Bestellung erfolgte u.a. aufgrund von Satzungsbestimmungen, die auch eine Übertragung eines (anwaltlichen) Aufgabengebietes ohne eine entsprechende fachliche Überprüfung und Weisungsbefugnis durch den Vorstand vorsehen konnte. Da die Einführung von § 11 II HeilBG gerade eine Klarstellung herbeiführen sollte, ist die Übertragung von Aufgaben auf die Hauptgeschäftsführerin ohne fachliche Weisungsbefugnis aufgrund der Gesetzesbegründung nach Auffassung des Senates gerade zulässig. Die Beigeladene übt die ihr obliegenden anwaltlichen Tätigkeiten nach § 46 III, IV 1 BRAO fachlich unabhängig und eigenverantwortlich aus. Die Weisungsrechte des Vorstandes organisatorischer Art, bspw. bei der Anfertigung des Jahresabschlusses und des Haushaltsplans werden dabei nicht erfasst und sind für die Zulassung als Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) unschädlich. e) Die Beigeladene bearbeitet Rechtsangelegenheiten ihres Arbeitgebers durch die rechtliche Beratung der Ausschüsse und des Vorstandes sowie der Kammermitglieder in berufsrechtlich relevanten Angelegenheiten. Die Beratung der Ärzteschaft, also die Mitglieder ihres Arbeitgebers, schließt eine Zulassung als Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) nicht aus. Zwar beschränkt sich die Befugnis des Syndikusrechtsanwaltes gem. § 46 V 1 BRAO auf die Beratung und Vertretung in den Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. In dem Ausnahmetatbestand des § 46 V 2 Nr. 2 BRAO sind von der Befugnis des Syndikusrechtsanwalts auch die erlaubten Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern enthalten, wenn es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung nach § 8 I Nr. 2 RDG handelt. Von § 8 I Nr. 2 RDG werden insb. die als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierten Berufskammern erfasst (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/5201, zu § 46 V BRAO). Damit liegt ein nach § 46 V 2 Nr. 2 BRAO i.V.m. § 8 I Nr. 2 RDG zulässiger Ausnahmefall der Rechtsdienstleistung gegenüber Mitgliedern der Bezirksärztekammer P. durch die Beigeladene vor. 4) Der Senat vermag also eine Unvereinbarkeit der Tätigkeit der Beigeladenen mit dem angestrebten Beruf der Rechtsanwältin (Sydikusrechtsanwältin) nicht zu erkennen. Der Klage musste also der Erfolg versagt werden. ANMERKUNG: In § 46 BRAO1 1 In der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte (BGBl. 2015 I, 2517), in Kraft seit dem 1.1.2016. existiert eine Regelung, welche die Befreiung von Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälten von der Versicherungspflicht in der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) ermöglicht.2 2 Auslöser waren die Entscheidungen BSG v. 3.4.2014 – B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R, welche die jahrzehntelange (rechtswidrige) Befreiungspraxis der DRV beendet hatten. Eine Zulassung durch die zuständige Rechtsanwaltskammer bindet die DRV, denn wegen der Zulassung wird man Mitglied der berufsständischen Kammer und regelmäßig auch der berufsständischen VersorgungseinrichBRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 54

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