Dokument zu übermitteln sind. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll diese Vorgabe dabei nicht nur für das Erkenntnisverfahren, sondern umfassend für alle anwaltlichen schriftlichen Anträge und Erklärungen nach der Zivilprozessordnung gelten (RegE, a.a.O. S. 28). Die Vorschriften der Zivilprozessordnung sind nach § 4 S. 1 InsO entsprechend anzuwenden, soweit die Insolvenzordnung nichts anderes bestimmt. Die Zivilprozessordnung gilt danach im Insolvenzverfahren subsidiär, soweit die Insolvenzordnung keine abschließenden Aussagen trifft und die konkret in Betracht gezogene zivilprozessuale Norm darüber hinaus mit den Anforderungen und Besonderheiten des Insolvenzverfahrens vereinbar ist (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter/Bruns, 4. Aufl., § 4 Rn. 5; HmbKomm-InsO/Rüther, § 4 Rn. 3; Keller, ZVI 2022, 167, 169). Das ist bezogen auf § 130d ZPO jedenfalls insoweit der Fall, als es um Rechtsmittel des anwaltlichen Insolvenzverwalters in einem Insolvenzverfahren und insb. die Einreichung einer Beschwerdeschrift gem. § 569 II 1 ZPO, § 4 S. 1 InsO geht. [9] aa) Die Insolvenzordnung enthält vereinzelt Bestimmungen über einen elektronischen Rechtsverkehr. Nach § 5 IV 2 InsO können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung Anordnungen zu einer elektronischen Führung und elektronischen Einreichung von Verzeichnissen und Tabellen einschließlich dazugehöriger Dokumente treffen. Nach § 5 V 1 InsO sollen zudem Insolvenzverwalter ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten. Schließlich verhält sich § 174 IV InsO über die elektronische Anmeldung von Forderungen zur Tabelle. Im Übrigen ergeben sich aus der Insolvenzordnung selbst keine Vorgaben für oder gegen eine verpflichtende elektronische Übermittlung von Erklärungen des Insolvenzverwalters an das Gericht. Weil die genannten Bestimmungen in § 5 IV 2 und V 1 InsO sowie in § 174 IV InsO auch keine abschließende Regelung für den elektronischen Rechtsverkehr beinhalten, kommt eine entsprechende Anwendung von § 130d ZPO auf den anwaltlichen Insolvenzverwalter in Betracht. [10] bb) Die Frage, ob die Anwendung von § 130d ZPO mit der Stellung des als Insolvenzverwalter tätigen Rechtsanwalts vereinbar ist, mithin auch für seine Erklärungen oder Anträge im Insolvenzverfahren passend ist, ist jedoch umstritten. [11] (1) Zum Teil wird eine entsprechende Anwendung bisher umstrittene Rechtsfrage der Bestimmung auf den anwaltlichen Insolvenzverwalter vollständig abgelehnt (vgl. Schwartz/Meyer, ZInsO 2021, 2475, 2476 f.; Schmidt, ZVI 2022, 89, 90; Kollbach, ZInsO 2022, 624 ff.). Dabei wird vor allem auf eine ansonsten bestehende Ungleichbehandlung im Vergleich zu den nichtanwaltlichen Insolvenzverwaltern verwiesen, die keiner Verpflichtung zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs unterliegen (vgl. Schwartz/Meyer, a.a.O. S. 2476; Kollbach, a.a.O. S. 625). Zudem wird vorgebracht, dass sich das ebenfalls am 1.1.2022 in Kraft getretene Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 5.10. 2021 (BGBl. I S. 4607) mit dem damit eingeführten (fakultativ nutzbaren) Elektronischen Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers (vgl. RegE, BT-Drs. 19/ 28399, 23) gerade auch auf Insolvenzverwalter erstrecken soll. Damit habe der Gesetzgeber klargestellt, dass alle, auch die anwaltlichen, Insolvenzverwalter lediglich die Möglichkeit der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs hätten, jedoch keiner Nutzungspflicht unterlägen (vgl. Kollbach, a.a.O.). Hinzu komme, dass eine Nutzungspflicht des anwaltlichen Insolvenzverwalters ohnehin sinnlos sei, weil die Gerichte erst ab dem 1.1.2026 zur Führung von elektronischen Akten verpflichtet seien (§ 298a Ia 1 ZPO) und diese elektronisch eingehende Dokumente daher jeweils aufwändig für die Papierakte ausdrucken müssten. Schließlich wird mit der Eigenständigkeit des Berufs des Insolvenzverwalters i.S.v. Art. 12 I GG argumentiert. Für Insolvenzverwalter gelte die für Rechtsanwälte einschlägige Bestimmung des § 130d ZPO vor diesem Hintergrund nicht (vgl. Schmidt, ZVI 2022, 89, 90). [12] (2) Nach der überwiegenden Gegenauffassung ist § 130d ZPO gem. § 4 S. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter entsprechend anwendbar (vgl. BeckOK-InsR/Madaus, 2022, § 4 InsO Rn. 5.3; Beth, ZInsO 2021, 2652, 2653 ff.; ders., ZInsO 2022, 750 ff.; Blankenburg, ZVI 2021, 462, 463; Keller, ZVI 2022, 167, 169 ff.; Deppe/ Radschuwait, Insbüro 2022, 117, 119; Büttner, ZInsO 2022, 277, 278 ff.; König, ZInsO 2022, 343, 344). Die meisten Vertreter dieser Ansicht befürworten dabei eine umfassende Anwendbarkeit der Bestimmung auf alle Schriftsätze des Insolvenzverwalters an das Insolvenzgericht (vgl. Madaus, a.a.O.; Beth, ZInsO 2021, 2652, 2654; Büttner, a.a.O. S. 281; Deppe/Radschuwait, a.a.O. S. 119 und 121; König, a.a.O.). Zum Teil wird aber auch eine Beschränkung auf Verfahrenshandlungen des Insolvenzverwalters angenommen oder zumindest allgemein eine teleologische Reduktion von § 130d ZPO für als Insolvenzverwalter tätige Rechtsanwälte erwogen (vgl. Keller, a.a.O., S. 170 f.; Blankenburg, a.a.O.). [13] (3) Es kann dahinstehen, ob die Form des § 130d S. 1 ZPO in Übereinstimmung mit seinem von dem Gesetzgeber für den Zivilprozess gewollten, weiten sachlichen Anwendungsbereich für jegliche Schriftsätze des anwaltlichen Insolvenzverwalters, also insb. auch für bloße Mitteilungen oder Berichte an das Gericht, einzuhalten ist. Jedenfalls gilt § 130d ZPO gem. § 4 S. 1 InsO für Rechtsmittel des anwaltlichen Insolvenzverwalters gegenüber dem Gericht entsprechend. Gegen die Ansicht, die eine Anwendung von § 130d ZPO auf den anwaltlichen Insolvenzverwalter generell ablehnt, streiten der Wortlaut der Norm, das systematische Zusammenspiel von § 4 S. 1 und § 6 InsO sowie Sinn und Zweck von § 130d ZPO. ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 59
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