[14] (a) Der Wortlaut dieser Bestimmung und der VerAnwendbarkeit jedenfalls für Rechtsmittel gegenüber Gericht gleich mit dem ebenfalls durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten v. 10.10.2013 (BGBl. I S. 3786) geschaffenen § 130a I ZPO sprechen für die Bejahung einer Anwendbarkeit auf den anwaltlichen Insolvenzverwalter. Während nämlich in § 130a I ZPO von Schriftsätzen der Parteien die Rede ist und damit womöglich ein Vertretungsverhältnis beim Handeln eines Anwalts gegenüber dem Gericht vorausgesetzt wird, stellt § 130d ZPO in seiner amtlichen Überschrift auf eine Nutzungspflicht für Rechtsanwälte und in seinem Satz 1 auf Schriftsätze, die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, ab. Eine Beschränkung auf den Fall der Vertretung einer Partei durch den Rechtsanwalt ergibt sich aus dem Wortlaut von § 130d S. 1 ZPO mithin nicht. Folglich können darunter auch im eigenen Namen handelnde anwaltliche Amtsträger wie der Insolvenzverwalter zu subsumieren sein (vgl. BeckOK-InsR/Madaus, 2022, § 4 InsO Rn. 5.3; Beth, ZInsO 2021, 2652, 2653). [15] (b) Die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung Wortlaut wird für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen einen Beschluss des Insolvenzgerichts zudem durch den systematischen Zusammenhang von § 4 S. 1 InsO und § 6 InsO bestätigt. Es steht außer Frage, dass über § 4 S. 1 InsO zunächst die §§ 567 ff. ZPO im Insolvenzverfahren entsprechend anzuwenden sind. Nach § 569 II 1 ZPO ist die sofortige Beschwerde durch Einreichung einer Beschwerdeschrift einzulegen. Aus § 130d S. 1 ZPO ergibt sich für den gewöhnlichen Zivilprozess zwingend, dass ein Rechtsanwalt seine Beschwerdeschrift elektronisch einzureichen hat. Die insolvenzrechtlichen Regelungen über die sofortige Beschwerde in § 6 InsO enthalten insoweit keine abweichende Regelung. [16] (c) Die Gesetzgebungsgeschichte ergibt dagegen Gesetzgebungsgeschichte im Ergebnis kein durchgreifendes Argument für die herrschende Meinung. Die Materialien sprechen in Übereinstimmung mit dem Wortlaut von § 130d S. 1 ZPO zwar einerseits von einer Pflicht für alle Rechtsanwälte zur Nutzung des elektronischen Übermittlungswegs, andererseits aber auch davon, dass die Bestimmung für alle anwaltlichen Erklärungen nach der ZPO gelte (BT-Drs. 17/12634, 27 f.). Die letztgenannte Formulierung könnte mit der Rechtsbeschwerde für sich genommen darauf hindeuten, dass doch nur Schriftstücke gemeint sind, die von dem Rechtsanwalt gerade in seiner Funktion als Prozessvertreter verfasst werden. Zwingend ist diese Überlegung jedoch nicht, weil eine bloß sprachliche Ungenauigkeit an dieser Stelle des Regierungsentwurfs nicht auszuschließen ist. Andererseits überzeugt auch nicht das Argument, der Gesetzgeber hätte in Anbetracht des von ihm gewollten, umfassenden Anwendungsbereichs der Norm eine entsprechende Klarstellung vorgenommen, wenn anwaltliche Insolvenzverwalter von der Regelung ausgenommen sein sollten (vgl. Beth, ZInsO 2021, 2652, 2653). Denn genauso ist es denkbar, dass der Gesetzgeber eine Nichtgeltung der Bestimmung für (anwaltliche) Insolvenzverwalter für selbstverständlich gehalten oder aber diesen Punkt seinerzeit schlicht nicht bedacht hat. [17] In diesem Zusammenhang lässt sich aus dem Umstand, dass die Begründung des Entwurfs des jüngeren Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 5.10.2021 ohne Unterscheidung darauf hinweist, auch Insolvenzverwalter erhielten künftig die Möglichkeit, über das besondere elektronische Bürgerund Organisationenpostfach (eBO) gem. § 10 ERVV mit den Gerichten elektronisch zu kommunizieren (BT-Drs. 19/28399, 23), kein überzeugender Gesichtspunkt gegen die Anwendung von § 130d ZPO auf den anwaltlichen Insolvenzverwalter herleiten (a.A. Kollbach, ZInsO 2022, 624 f.). Daraus ist zumindest nicht zwingend zu schließen, der Gesetzgeber habe sich mit Blick auf die Nutzungspflicht gem. § 130d S. 1 ZPO für eine gesonderte rechtliche Behandlung von anwaltlichen Insolvenzverwaltern gegenüber den Rechtsanwälten im Allgemeinen entschieden. [18] (d) Entscheidend für die Anwendbarkeit von § 130d S. 1 ZPO zumindest auf Prozesshandlungen des anwaltlichen Insolvenzverwalters spricht über seinen umfassenden Wortlaut hinaus der Zweck der Norm. [19] (aa) Dieser besteht ausweislich ihrer Begründung Sinn und Zweck (BT-Drs. 17/12634, 27 zu § 130d RegE-InsO) darin, durch eine Verpflichtung für alle Rechtsanwälte (und Behörden) zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten den elektronischen Rechtsverkehr zu etablieren. Die Rechtfertigung gerade eines Nutzungszwangs ergibt sich für den Gesetzgeber daraus, dass selbst bei einer freiwilligen Mitwirkung einer Mehrheit von Rechtsanwälten an diesem Ziel die Nichtnutzung durch eine Minderheit immer noch zu erheblichen Druck- und Scanaufwänden insb. bei den Gerichten führte. Es sei nicht hinzunehmen, erhebliche Investitionen der Justiz auszulösen, wenn dann nicht die für einen wirtschaftlichen Betrieb erforderliche Nutzung sichergestellt sei. Diese ratio legis lässt die Einbeziehung auch der anwaltlichen Insolvenzverwalter nur als konsequent erscheinen. Insolvenzverwalter haben als Rechtsanwälte ohnehin ein beA für die elektronische Kommunikation vorzuhalten (§ 31a VI BRAO) und nach § 130d S. 1 ZPO nunmehr auch aktiv zu nutzen. Das Bestreben des Gesetzgebers, den elektronischen Rechtsverkehr mit der Justiz möglichst weitgehend durchzusetzen, wird zudem durch das bereits erwähnte Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 5.10.2021 nochmals unterstrichen. Seit dem 1.1.2022 haben danach auch die (ohnehin nur wenigen, vgl. Kollbach, ZInsO 2022, 624, 625) nichtanELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR BRAK-MITTEILUNGEN 1/2023 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 60
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