festsetzungsantrag mit qeS versehen, den übersandten Schriftsatz aber nicht zusätzlich einfach signiert hatte. Nach § 130a III ZPO brauche eine einfache Signatur nur dann angebracht zu werden, wenn der sichere Übermittlungsweg anstelle einer qeS benutzt werde, nicht wenn beides kumulativ genutzt werde. In dem vom LG Hamburg entschiedenen Fall lag zwar keine Vertretungskonstellation vor, auf Basis seiner Ansicht käme es aber ebenfalls nicht auf eine etwaige zusätzlich vorhandene einfache Signatur des Vertretenen an. Nicht ausreichend ist es, wenn ein Rechtsanwalt den Schriftsatz einfach signiert und ein anderer, ohne dass er neben einem Vertretungshinweis auch seine eigene einfache Signatur (oder eine qeS) anbringt, den Schriftsatz anschließend aus seinem beA an das Gericht übermittelt.45 45 BSG, Beschl. v. 16.2.2022 – B 5 R 198/21 B. Um Haftungsrisiken zu minimieren, empfiehlt es sich in derartigen Vertretungskonstellationen, das Vertretungsverhältnis klar zu benennen. Dementsprechend sollte die vertretende Person den Schriftsatz einfach signieren und aus ihrem beA versenden bzw. ihn qualifiziert signieren und anderweitig versenden lassen. Die zweite risikofreie Option ist, dass die vertretene Person den Schriftsatz selbst mit ihrer qeS versieht;46 46 Vgl. Jungk, BRAK-Mitt. 2022, 126, 129. das wird in der Praxis freilich in vielen Fällen, insbesondere bei krankheitsbedingter Vertretung, nicht machbar sein. 5. VERSAND AUS DEM KANZLEI-beA Der Versand aus den seit dem 1.8.2022 eingerichteten beA-Postfächern für Berufsausübungsgesellschaften nach § 31b BRAO47 47 Dazu von Seltmann, BRAK-Magazin 3/2022, 10 f. und dies., BRAK-Magazin 4/2022, 10 f. kann ebenfalls als sicherer Übermittlungsweg nach § 130a III 1 Alt. 2 ZPO genutzt werden. Diese Möglichkeit wurde für Berufsausübungsgesellschaften durch § 59l II 2 BRAO i.V.m. § 23 III 7 RAVPV eröffnet; § 130a IV Nr. 2 ZPO wurde entsprechend ergänzt. Die Berufsausübungsgesellschaft kann Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als sog. „VHNBerechtigte“ festlegen. Diese sind dann berechtigt, lediglich mit ihrer einfachen Signatur für die Gesellschaft aus dem Gesellschafts-beA formwirksam Dokumente einzureichen. Dabei ist – wie die oben unter 3. dargestellte Rechtsprechung zeigt – ebenfalls genau darauf zu achten, dass die Person einfach signiert, die den Schriftsatz inhaltlich verantwortet. Rechtsprechung dezidiert zur Einreichung über ein Gesellschafts-beA gibt es, soweit ersichtlich, bislang noch nicht. Für eine Übergangszeit hat die BRAK empfohlen, Schriftsätze, die aus einem Gesellschafts-beA eingereicht werden, auch mit einer qeS der verantwortenden Person zu versehen.48 48 S. von Seltmann, BRAK-Magazin 4/2022, 11. Hintergrund ist, dass mit der Justiz noch rechtliche und technische Fragen zu klären sind, die u.a. die Prüfung des VHN betreffen. IV. DIE ERSATZEINREICHUNG BEI TECHNISCHER UNMÖGLICHKEIT Mit Beginn des verpflichtenden elektronischen Rechtsverkehrs wurde die Frage relevant, was geschieht, wenn fristwahrende Schriftsätze wegen technischer Störungen nicht rechtzeitig eingereicht werden können. § 130d S. 2 und 3 ZPO und die parallelen Regelungen in den Fachgerichtsordnungen eröffnen für derartige Fälle die Möglichkeit der Ersatzeinreichung nach den allgemeinen Vorschriften. Wie auch beim Fax gilt, dass die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt sich darum bemühen muss, so rasch wie möglich für Abhilfe zu sorgen.49 49 BT-Drs. 17/12634, 28. Hierzu zählt etwa auch, dass bei einem Ausfall der Internetverbindung die beA-Webanwendung über einen mobilen Hotspot genutzt werden muss.50 50 OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 6.7.2022 – 16 B 413/22 Rn. 7. Die umfangreiche Rechtsprechung zu technischen Problemen bei der Einreichung von Schriftsätzen per Fax ließ erwarten, dass auch im ERV eine Reihe rechtlicher Fragen im Zusammenhang mit technischen Störungen auftreten werden. Einige von ihnen wurden bereits von Gerichten beantwortet. 1. VORÜBERGEHENDE TECHNISCHE STÖRUNGEN Die Ersatzeinreichung ist nach § 130d S. 2 ZPO eröffnet, wenn die Übermittlung als elektronisches Dokument (also: nach § 130a ZPO i.V.m. § 4 ERVV) „aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich“ ist. Ob die technische Störung in der Sphäre des Gerichts oder des Einreichenden liegt, spielt dabei keine Rolle. Die Ersatzeinreichung ist verschuldensunabhängig ausgestaltet und erfordert nur die (unverzügliche) Glaubhaftmachung der technischen Störung als solcher.51 51 BT-Drs. 17/12634, 27; vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 25.1.2022 – 4 MB 78/21 Rn. 4; Bayerischer VGH, Beschl. v. 1.7.2022 – 15 ZB 22.286 Rn. 10 m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.3.2022 – 12 U 61/21 Rn. 13.; erstmals ArbG Lübeck, Urt. v. 1.10.2020 – 1 Ca 572/20, BRAK-Mitt. 2021, 122 Ls. a) ABGRENZUNG VON MENSCHLICHEN EINFLÜSSEN Der BGH52 52 BGH, Beschl. v. 25.1.2023 – IV ZB 7/22, BRAK-Mitt. 2023, 61 Ls. hat klargestellt, dass die vorübergehende Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung auf einer Störung der technischen Einrichtungen für die Übermittlung beruhen muss. Gründe, die in der Person des oder der Einreichenden liegen – etwa Krankheit53 53 BGH, Beschl. v. 25.1.2023 – IV ZB 7/22 Rn. 13. – berechtigen also nicht zur Ersatzeinreichung; hier stellt sich allenfalls die Frage, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Die Rechtsprechung lässt keinen Zweifel daran, dass von Rechtanwältinnen und Rechtanwälten erwartet wird, zu wissen, wie man das beA bedient. Das zeigen etwa zwei Entscheidungen des Bayerischen VGH: Dass ein Rechtsanwalt nicht in der Lage ist, das beA zu beNITSCHKE, AKTUELLE RECHTSPRECHUNG ZUM beA AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2023 79
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