BRAK-Mitteilungen 2/2023

erfolgt. Allerdings hat die Ast. nur acht von ihr kontaktierte Rechtsanwälte namentlich benannt. Ferner hatte die Ast. bereits einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert. RA H. war zur Übernahme des Auftrags bereit, sagte die Ausarbeitung einer Klageschrift zu und übermittelte der Ast. eine Vollmachtsurkunde, welche diese unterzeichnete. Für die Prozessvertretung in erster Instanz besteht eine Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers der Ast. Später wurde das Mandat seitens des Rechtsanwalts jedoch beendet. In einer solchen Konstellation kommt die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dies hat sie substantiiert darzulegen und nachzuweisen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. v. 29.9.2016 – III ZR 102/16, BeckRS 2016, 19301 Rn. 6 und v. 2.2.2017 – IX ZR 113/16, BeckRS 2017, 104309 Rn. 4 jeweils m.w.N.). Hieran fehlt es vorliegend. Im Schreiben v. 12.9.2022 Beendigung des Mandats zu vertreten teilte RA H. gegenüber der Ast. mit, dass er das Mandat mit sofortiger Wirkung niederlege (Bl. 24/25 d.A. – LG). Die Ast. habe gegen anwaltlichen Rat Weisung zur Klageerhebung gegeben. Insbesondere im Hinblick auf das Schreiben der Ast. v. 1.9.2022 sei eine vertrauensvolle Fortführung des Mandats nicht mehr angezeigt. Jenes mit der Beschwerde vorgelegte Schreiben v. 1.9. 2022 (Bl. 47 d.A. – LG) nimmt Bezug auf die Schreiben der Ast. v. 4.8.2022 und 5.8.2022. Es konstatiert, dass seit der letzten Weisung weitere vier Wochen „fruchtlos verstrichen“ seien und endet mit dem ultimativen Verlangen nach „pflichtgemäßer Vorlage des Entwurfs der Klageschrift“ binnen acht Tagen. Am 4.8.2022 hatte sich die Ast. schriftlich an RA H. gewandt (Bl. 19 ff. d.A. – LG). Dort wirft die Ast. dem Anwalt in belehrendem Tonfall u.a. vor, dass seine Vorgehensweise „rechtlich nicht tragfähig“ sei und stellt eine beharrliche Missachtung bzw. Verweigerung ihrer Weisungen in den Raum. Die Empfehlung des Rechtsanwalts sei im Hinblick auf eindeutige Judikatur „rechtsfehlerhaft“ und entspreche nicht den „Gesetzen der Denklogik“. Das genannte Schreiben endet mit der hervorgehobenen Aufforderung, der Rechtsanwalt solle unverzüglich signalisieren, dass er „den anwaltsberuflichen Pflichten“ gem. den erteilten Weisungen nachkommen werde. Zwar obliegen einem Rechtsanwalt bei der Bearbeitung eines Mandats u.a. die in § 11 BORA geregelten Berufspflichten. Auch darf der Mandant dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt grundsätzlich Weisungen erteilen (§ 665 BGB; vgl. Hamm, Beck’sches RechtsanwaltsHandbuch, 12. Aufl., § 53 Rn. 48). Jedoch bleibt der Rechtsanwalt ein – auch vom Mandanten – unabhängiges und selbstbestimmtes Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO, § 1 I und III BORA). Mit dieser Stellung ist ein über vermeintlich bessere Rechtskenntnis belehrender und beständig zur Erfüllung beruflicher Pflichten des Rechtsanwalts ermahnender Mandant nur schwerlich vereinbar. Vor diesem Hintergrund genügt es den zuvor genannten Anforderungen an die Darlegungslast nicht, dass die Ast. lediglich vorträgt, die Kündigung des Mandats sei aus „offenkundig nur vorgeschobenen“ Gründen geschehen (vgl. auch LG Bonn, Beschl. v. 16.8.2021 – 15 O 387/20 Rn. 9). c) Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob nicht der Rechtsschutzversicherer der Ast. aufgrund der bereits erteilten Deckungszusage vertraglich verpflichtet wäre, seiner Versicherungsnehmerin auf deren Antrag hin einen konkreten zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu vermitteln (vgl. § 17 III lit. a der Musterbedingungen ARB). HINWEISE DER REDAKTION: Hat eine Partei zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn sie auch darlegt, dass die Beendigung des Mandats nicht auf ihr Verschulden zurückzuführen ist (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2014, 279 sowie BRAK-Mitt. 2020, 368). BEIORDNUNG EINES RECHTSANWALTS IM PKH-VERFAHREN BRAO § 48 II; ZPO § 121 I * 1. Die mehrfache Missachtung der anwaltlichen Aufforderung, eigene Eingaben bei Gericht zu unterlassen, kann zu einer nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses führen, wenn der Rechtsanwalt aufgrund dieses Verhaltens außer Stande ist, die ihm im Rahmen des Mandatsverhältnisses obliegenden Pflichten zur sachgerechten Vertretung der Interessen des Mandanten zu genügen. * 2. Es besteht kein Anspruch auf die Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts, wenn das Vertrauensverhältnis zu dem beigeordneten Rechtsanwalt durch sachlich nicht gerechtfertigtes und mutwilliges Verhalten zerstört worden ist und dadurch die Entpflichtung des beigeordneten Anwalts nach § 48 II BRAO verursacht wurde. LSG Niedersachsen-Bremen (13. Senat), Beschl. v. 12.1.2023 – L 13 AS 281/22 B Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Der BGH (BRAK-Mitt. 2009, 90) hat klargestellt dass der bedürftigen Partei im Rahmen der Bewilligung von PKH auch eine Rechtsanwaltssozietät beigeordnet werden kann. Eine Beschränkung der Beiordnungsmöglichkeit auf Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als Einzelperson würde die Anwaltskanzlei in ihrer von Art. 12 I GG geschützten Berufsausübung einschränken, ohne dass sich dafür heute noch tragfähige Gründe finden ließen. BRAK-MITTEILUNGEN 2/2023 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 126

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