BRAK-Mitteilungen 2/2023

Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass sich die Klärung streitiger Rechtsfragen nicht immer in derselben Weise auf bestimmte Mandantengruppen auswirkt, sondern jeweils nach der konkreten Verfahrenskonstellation unterschiedliche Folgen haben kann. So kann sich etwa die hier in Rede stehende sog. ZäsurRechtsprechung des VGH Mannheim zulasten derjenigen Spielhallenbetreiber auswirken, die ihren Vertrauensschutz verlieren, aber deren verbleibende Konkurrenten dadurch gerade begünstigen. Und selbst wenn die aktuelle Interessenlage der Mandantschaft einer Kanzlei homogen sein sollte, kann sich das durch neue Mandate jederzeit ändern. Auch angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Mandate, die von Rechtsanwälten typischerweise bearbeitet werden, ist daher in der Regel die Annahme fernliegend, dass sich die verfassungsrichterliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts an dem Interesse einer geringen Anzahl von Mandaten, die zufälligerweise gerade von Kollegen wahrgenommenen werden, ausrichten könnte. Die Annahme einer Besorgnis der Befangenheit in einem Fall wie dem vorliegenden führte im Übrigen zu einer der Arbeitswirklichkeit einer Rechtsanwaltssozietät nicht entsprechenden Konsequenz, dass sich ein Richter, der hauptberuflich Mitglied einer solchen Sozietät ist, regelmäßig sowohl über möglicherweise relevante Rechtsfragen in allen Plenarverfahren des VerfGH als auch über den konkreten Inhalt aller Mandate seines Hauses auf dem Laufenden halten müsste. Es sind zwar durchaus Konstellationen denkbar, in deBefangenheit grundsätzlich denkbar nen die Mitwirkung von Rechtsanwälten als Mitglieder des VerfGH anders zu bewerten sein könnte; möglicherweise wäre das etwa der Fall, wenn ihre Kanzlei sich auf bestimmte Fallund Interessengruppen spezialisiert hat und dabei erkennbar ein besonderes wirtschaftliches Interesse an der gerichtlichen Bestätigung ihrer in Parallelverfahren vertretenen Rechtsauffassung hat. Eine solche Konstellation ist hier aber nicht im Ansatz ersichtlich. HINWEISE DER REDAKTION: Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn sein Ehegatte als Rechtsanwalt in der Kanzlei tätig ist, die den Gegner vor diesem Richter vertritt. Die besondere berufliche Nähe einer anwaltlichen Ehefrau eines Richters zu dem Prozessbevollmächtigten des Gegners gibt einer Partei begründeten Anlass zur Sorge, dass es dadurch zu einer unzulässigen Einflussnahme auf den Richter kommen könnte (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2012, 192). ANSPRUCH BEI NICHT MEHR AKTUELLEM BEITRAG AUF ANWALTLICHER HOMEPAGE BGB §§ 823 I, 1004 I 2 * 1. Informiert ein Rechtsanwalt auf seiner Internetseite über eine von ihm erwirkte einstweilige Verfügung, führt deren spätere Aufhebung nicht zu einem Unterlassungsanspruch, da die Tatsache nicht unwahr geworden ist. * 2. In solchen Fällen kann aber ein Nachtragungsanspruch in Betracht kommen. Bei einem Nachtragungsanspruch handelt es sich um einen sog. verhaltenen Anspruch, dessen Fälligkeit erst eintritt, wenn ein Gläubiger den Anspruch geltend macht. OLG Frankfurt, Urt. v. 19.1.2023 – 16 U 255/21 AUS DEN GRÜNDEN: I. Die Kl. wendet sich noch gegen fünf Äußerungen in dem von dem Bekl. verfassten und in einem AnwaltsBlog auf der Website seiner Kanzlei www.(...).de eingestellten Beitrag mit der Überschrift „Einstweilige Verfügung gegen X AG erlassen; Zwangsmittel beantragt“, nachdem die dort berichtsgegenständliche einstweilige Verfügung auf den Widerspruch der hiesigen Kl. aufgehoben und die hiergegen eingelegte Berufung des Bekl. zurückgewiesen worden war. Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. § 540 I ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil unter Abweisung des Feststellungsantrags und der Widerklage den Bekl. verurteilt, es strafbewehrt zu unterlassen, zu behaupten, a) das LG Stadt1 habe am 20.11.2020 eine einstweilige Verfügung gegen die X AG erlassen und/oder aufgrund der klaren Bewertung des Gerichts sei nicht davon auszugehen, dass sich die rechtliche Einschätzung nochmals ändern werde; und/oder b) die X AG sei mit dieser Verfügung dazu verpflichtet worden, einen Negativeintrag der Y GbR (Rechtsanwaltskanzlei) zur Löschung zu bringen und/oder sie habe die weitere Verarbeitung dieser Daten zu unterlassen; und/oder c) es sei davon auszugehen, dass die Löschung des unter Ziff. b) genannten Eintrags zeitnah vorgenommen werden müsse; und/oder d) die X AG habe auf die einstweilige Verfügung des LG Stadt1 v. 20.11.2020 nicht reagiert; und/oder e) das LG Stadt1 habe in dem Beschl. v. 20.11.2020 eine DSGVO-konforme Prüfung der Rechtslage und eine tatsächliche Interessenabwägung vorgenommen. Hiergegen hat der Bekl. Berufung insoweit eingelegt, als er weiterhin seinen Antrag auf Abweisung der Klage verfolgt. Hinsichtlich des ersten Teils der Äußerung BRAK-MITTEILUNGEN 2/2023 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 134

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0