BRAK-Mitteilungen 2/2023

lit. a) handele es sich um eine zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wahre Aussage, die auch weiterhin wahr bleibe. Die Berufung rügt, dass das LG zu Unrecht und entgegen der bisherigen Rechtsprechung eine Pflicht zur Aktualisierung statuiere. In diesem Zusammenhang verweist die Berufung auf das Urteil des LG Stadt3 zu Az. .... Anders als dort müsse sich der Bekl. vorliegend an dem Wahrheitsgehalt seiner Aussagen zum Veröffentlichungszeitpunkt am 30.12.2020 messen lassen und könne sich, gerade weil keine spätere Anpassung oder Aktualisierung des Beitrags erfolgt sei, auf die sog. Archivwirkung berufen. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit sei im Rahmen der Abwägung von erheblicher Bedeutung, dass diese im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Veröffentlichung zulässig gewesen sei, was das LG hier nicht hinreichend berücksichtige. Die nicht erfolgte Aktualisierung begründe auch keine Gefahr der Irreführung des Lesers. So sei der Beitrag mit einem Veröffentlichungsdatum versehen, aus welchem der Leser den Stand der Veröffentlichung entnehmen könne. Darüber hinaus werde auch im Beitrag selbst extra noch einmal konkret ein Datum benannt („Bis zum heutigen Tag, dem 30.12.2020 (...)“). Daher erkenne der Durchschnittsrezipient, dass der Beitrag nicht den aktuellen, sondern den Verfahrensstand zu dem angegebenen Zeitpunkt wiedergebe. Dieser nehme entgegen der Ansicht des LG auch nicht an, dass es bislang keinen Aktualisierungsbedarf gegeben habe. Der von dem LG angenommene Aktualisierungsbedarf nur für Anwälte, welcher bei Kenntniserlangung von einer Veränderung der Sachlage gleichermaßen auch für Presseorgane gelten müsse, führe im Ergebnis zu einer erheblichen Arbeitsbelastung und greife übermäßig in die Rechte auf Presse- und Meinungsfreiheit wie auch in die Berufsausübungsfreiheit ein. Zudem stellten sich rechtliche Folgeprobleme hinsichtlich der Frage, ob und ggf. wann die Aktualisierungspflicht beginne. Der Bekl. habe auch nicht durch sein Verhalten eine Aktualisierungspflicht begründet. Er habe in dem Beitrag nicht angegeben, weiter über den Verfahrensfortgang zu berichten und daher keine entsprechenden Erwartungen beim Leser angestoßen, dass er die Mitteilung aktualisieren werde, wenn sich etwas ändere. Als Unternehmen stehe der Kl. auch kein Recht auf Vergessenwerden zu. Nicht nachvollziehbar sei der Rekurs des LG auf lauterkeitsrechtliche Vorgaben, da solche schon nicht anwendbar seien. Im Übrigen habe er den Vorgang mit dessen Veröffentlichung am 30.12.2020 als abgeschlossen betrachten dürfen und dies auch getan. Hinsichtlich der im zweiten Teil der Äußerung unter lit. a) von ihm vorgenommenen Bewertung sei der Bekl. damals davon ausgegangen, dass das LG Stadt1 seine Rechtsauffassung aus der Begründung der einstweiligen Verfügung gegen die hiesige Kl. beibehalte. Da diese Meinungsäußerung mit einem Datum verbunden sei, könne sie nicht nachträglich unzulässig werden. Ebenso wenig bestehe ein Grund, warum der Bekl. die zum Veröffentlichungszeitpunk wahre Tatsachenbehauptung unter lit. b) aktualisieren oder anpassen müsse. Auch hinsichtlich der Einschätzung gem. lit. c) übersehe das LG, dass diese am 30.12.2020 erfolgt sei und seinerzeit eine Grundlage gehabt habe. Dafür, dass er diese Einschätzung über den 15.3.2021 vertreten habe oder habe vertreten wollen, ergäben sich keine Hinweise. Die konkret geäußerte Behauptung unter lit. d) sei auch im Nachhinein nicht unwahr geworden, da der Widerspruch der Kl. gegen den Beschluss des LG Stadt1 auf den 18.1.2021 datiere. Die von dem LG angenommene Aktualisierungserwartung des Lesers trage nicht dem Umstand Rechnung, dass in dem Beitrag selbst auf das Datum hingewiesen werde, bis zu welchem keine Rückmeldung erfolgt sei, nämlich den 30.12.2020. Für die Einschätzung gem. lit. e) habe es allen Grund gegeben, da er lediglich davon ausgegangen sei, dass das Gericht seine Entscheidung nach einer DSGVO-konformen Prüfung der Rechtlage vorgenommen habe. Eine solche und eine tatsächliche Interessenabwägung lägen sowohl dem Beschluss v. 20.11.2020 als auch dem Urteil v. 15.3.2021 zugrunde. Dass das Gericht letztlich zu einem abweichenden Endergebnis gelangt sei, ändere nichts daran, dass es in beiden Entscheidungen dieselben Rechtsnormen der DSGVO zugrunde gelegt und die vorgetragenen Aspekte in einer Interessenabwägung berücksichtigt habe. Im Übrigen ergäben sich auch keine Hinweise, dass er die hier am 30.12. 2020 geäußerte Einschätzung mit Blick auf das Ergebnis des Gerichts über den 15.3.2021 vertrete. Die Kl. verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Der Bekl. habe es in der Folge trotz Kenntnis über maßgebliche Umstände, die sich zwischenzeitlich verändert hätten, rechtswidrig unterlassen, den Leser hierüber zu informieren. Die Verbreitung dieser insofern unwahren Tatsachen stellten einen massiven Eingriff in die persönlichkeitsrechtlichen Belange der Kl. dar. Denn die Information, dass sie wegen einer vermeintlich rechtswidrigen Datenverarbeitung gerichtlich verurteilt worden sei, impliziere ein Fehlverhalten und beeinträchtige damit zwangsläufig ihren guten Ruf, zumal hier ein Kontext berührt sei, der ihr Geschäftsmodell betreffe. Zutreffend lege das LG Rechtsanwälten wie dem Bekl. hinsichtlich der sachlichen Richtigkeit und Vollständigkeit von „Erfolgsmeldungen“ in AnwaltsBlogs besondere Sorgfaltspflichten auf. Danach treffe den Bekl. die Verpflichtung, seine „Erfolgsmeldung“ über ein von ihm zunächst erfolgreich gestaltetes Verfahren entsprechend anzupassen, wenn sich das Ergebnis des von ihm in Bezug genommenen Verfahrens maßgeblich ändere und insofern die Information des Beitrags nicht die Realität spiegele. Dies sei auch deshalb geboten, als es sich bei den Lesern um potentielle (Verbraucher-)Mandanten handele, die sich bei ihren ManSONSTIGES BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 2/2023 135

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