BRAK-Mitteilungen 3/2023

Das zentrale Insolvenzverwalterverzeichnis dient nach § 47d II BRAO-V der Information der Gerichte und Behörden sowie anderer am Rechtsverkehr Beteiligter. Die Einsicht ist unentgeltlich. Ferner sieht die Regelung vor, dass Suchen durch ein elektronisches Suchsystem ermöglicht werden müssen. Neben den Personenstammdaten, wie Name, Kanzlei, Zweigstellen, Kontaktdaten etc. wird auf Antrag des Insolvenzverwalters auch im Verzeichnis aufgenommen, wenn er gem. § 56 I 2 InsO seine Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen nur auf bestimmte in der Insolvenzordnung genannte Verfahren beschränkt. Dies dient der Information der Gerichte und hat nach dem Gesetzesvorschlag zudem auch Auswirkungen auf die Höhe der erforderlichen Versicherungssumme im Rahmen der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Ferner kann der Satzungsgeber in Bezug auf die erforderliche praktische Tätigkeit für den Zugang zur Insolvenzverwaltertätigkeit differenzierende Kriterien in Abhängigkeit von den Beschränkungseintragungen festlegen. So wäre z.B. denkbar, dass von einem Insolvenzverwalter, der (zunächst) nur Verbraucherinsolvenzen bearbeiten will, eine weniger umfassende praktische Erfahrung verlangt wird, als von einem Insolvenzverwalter, der sich für alle Verfahren anbietet. Der Kritik an den für eine Auswahlentscheidung etwa unzureichenden Daten begegnet die Überarbeitung des Vorschlags durch Aufnahme einer Verordnungskompetenz zu Gunsten des Bundesjustizministeriums, das durch Rechtsverordnung weitere vorzunehmende Eintragungen festlegen kann, soweit deren Veröffentlichung für die Auswahl des Insolvenzverwalters von Bedeutung ist (§ 47d V 2 BRAO-V). Die Regelungskompetenz durch Rechtsverordnung bietet dabei die nötige Flexibilität, um etwa auf neu entstehende Anforderungsprofile kurzfristig reagieren zu können. 2. ZENTRALE STELLE a) KRITIK AM URSPRÜNGLICHEN VORSCHLAG Teils wurden Bedenken angemeldet, Rechtsanwaltskammern fehle die für die Aufsicht erforderliche spezifische Kenntnis von Insolvenzverwalter-Belangen und gerade kleinere Kammern könnten diese auch nicht aufbauen.34 34 Etwa BAKInso, Stn. v. 4.9.2020, 3. Dem ist entgegenzutreten. Die Rechtsanwaltskammern, ob nun mitgliederstark und mit spezialisierten Geschäftsstellen ausgestattet oder mitgliederschwächer, haben gerade in der jüngeren Vergangenheit immer wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sie in der Lage sind, neue Herausforderungen zu meistern. So hat die Einführung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte35 35 Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte v. 21.12.2015, BGBl. 2015 I 2517. ganz erhebliche neue Anforderungen an die Kammern gestellt. Sie mussten die bis dahin durch die Deutsche Rentenversicherung Bund aufgestellte „Vier-Kriterien-Theorie“ nun nach neuen gesetzlichen Vorgaben im Rahmen eines bis dahin unbekannten jeweils tätigkeitsbezogenen Zulassungsverfahrens prüfen und verbescheiden. Kurze Zeit später hatte dann die Novellierung des Geldwäschegesetzes36 36 Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen v. 23.6.2017, BGBl. 2017 I 1822. den Rechtsanwaltskammern vielfältige neue Aufgaben beschert, bis hin zu umfangreichen anlasslosen Vor-Ort-Prüfungen bei Anwälten und der Zuweisung der Kompetenz als Bußgeldbehörde. Und zuletzt hat die „große BRAO-Reform“37 37 Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe v. 7.7.2021, BGBl. 2021 I 2363. die Kammern erneut vor große Herausforderungen gestellt, indem fortan Berufsausübungsgesellschaften selbst Trägerinnen von Rechten und Pflichten sind und diese sich gesondert zulassen müssen, samt anwaltsrechtlichem Zulassungs- und Prüfungsverfahren in Bezug auf nicht-anwaltliche Gesellschafter, etwa Steuerberaterinnen und -berater, aber auch Ingenieurinnen und Ingenieure, Architektinnen und Architekten oder beratende Betriebswirtinnen und -wirte. All diese neuen Aufgaben haben die Kammern, ob groß oder klein, gestemmt. Ohne allzu große Beachtung, in intensiver und zentral koordinierter gemeinsamer professioneller Abstimmung auf Arbeitsebene. Bedenken, dass die Rechtsanwaltskammern die rund bis zu 3.000 Insolvenzverwalterinnen und Insolvenzverwalter sowie Sachwalterinnen und Sachwalter etc. samt der für die Berufsaufsicht notwendigen Themenkomplexe nicht bewältigen könnten, sind vor diesem Hintergrund ersichtlich unbegründet. Zudem sehen Kritiker im hiesigen Gesetzesvorschlag die Gefahr divergierender Entscheidungen unterschiedlicher Regionalkammern oder Berufsgerichte. Diese Bedenken sind nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Wo verschiedene Behörden oder Spruchkörper tätig werden, können trotz aller Abstimmung – im Einzelfall auch Gesetze unterschiedlich ausgelegt werden und können abweichende Entscheidungen ergehen. Das träfe aber auch auf unterschiedliche Sachbearbeiter oder Gremien innerhalb einer anderen Behörde zu. Dem wird spätestens die Rechtsprechung begegnen. Gegen alle Verwaltungsakte der Rechtsanwaltskammern ist der Rechtsweg eröffnet. Ein extrem schneller Rechtsweg, in dem in erster Instanz bereits der Anwaltsgerichtshof auf Ebene der Oberlandesgerichte entscheidet und sodann der Bundesgerichtshof. Zudem bietet die grundsätzliche Anwendung des anwaltlichen Berufsrecht den Vorteil, dass bereits etliche in Betracht kommende Fragen höchstrichterlich entschieden sind und umfangreiche Kommentarliteratur besteht. Dadurch besteht schon jetzt für den Rechtsanwender eine viel größere Rechtssicherheit als bei Schaffung eines gesonderten Insolvenzverwalterberufsrechts, das zudem aufgrund des vergleichsweise kleinen Anwenderkreises in BRAK-MITTEILUNGEN 3/2023 AUFSÄTZE 146

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