BRAK-Mitteilungen 3/2023

SAMMELANDERKONTEN WAS DIE SATZUNGSVERSAMMLUNG GETAN HAT UND KÜNFTIG NOCH TUN MUSS RECHTSANWALT PROF. DR. MARTIN DILLER* * Der Autor ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei Gleiss Lutz in Stuttgart. Er ist Mitglied der 7. Satzungsversammlung bei der BRAK und Vorsitzender von deren Ausschuss 2 (Allgemeines Berufsrecht). Seit Anfang des Jahres 2022 kündigten zahlreiche Banken die Sammelanderkonten von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten. Sie verwiesen dabei auf eine geänderte Einstufung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Hinblick auf das Geldwäsche-Risiko derartiger Konten. Der Autor erläutert die Hintergründe und stellt dar, wie die Satzungsversammlung durch Klarstellungen und Ergänzungen in § 4 BORA den Weg dafür ebnete, dass die BaFin ihre Risikoeinstufung in absehbarer Zeit wieder herabsetzen kann. Doch damit ist die Gefahr für anwaltliche Sammelanderkonten nicht gebannt, vielmehr sind sie inzwischen ins Visier internationaler Arbeitskreise gegen Steuerhinterziehung geraten. I. RECHTSANWALTS-SAMMELANDERKONTEN Rechtsanwalts-Sammelanderkonten sind grundsätzlich eine bewährte und von vielen Kolleginnen und Kollegen geschätzte Einrichtung. Die Abwicklung von Zahlungen über ein Sammelanderkonto statt über das allgemeine Geschäftskonto des Anwalts hat für den Mandanten den Vorteil, dass nach den Anderkonten-AGB der Banken die Gelder vor Pfändungen durch Gläubiger der Rechtsanwältin oder des Rechtsanwalts und vor einer Aufrechnung durch die Bank geschützt sind, auch fällt die Verfügungsbefugnis über das Sammelanderkonto bei Zulassungsverlust oder Tod des Anwalts bedingungsgemäß an die Rechtsanwaltskammer. Für die Rechtsanwältin oder den Rechtsanwalt hat die Abwicklung von Zahlungsflüssen über ein Sammelanderkonto den Vorteil, dass Fehlverfügungen von Anderkonten von der Berufshaftpflichtversicherung gedeckt sind (AVB-RS, Ziff. A 4.3 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen BBR-RA), hingegen Fehlverfügungen von Geschäftskonten nicht. Andererseits haben viele spezialisiert tätige Anwältinnen und Anwälte ebenso wie Syndikusanwältinnen und -anwälte keinen praktischen Bedarf für Anderkonten. II. GELDWÄSCHE-PROBLEMATIK Anwaltliche Anderkonten, egal ob Einzelanderkonten oder Sammelanderkonten, verursachen bei den kontoführenden Banken wegen der Vorgaben des GwG erheblichen Aufwand. Dieser Aufwand ist bei Einzelanderkonten noch leistbar, hier muss die Anwältin bzw. der Anwalt bereits bei der Kontoeröffnung der Bank mitteilen, welcher Mandant der wirtschaftlich Berechtigte ist. Bei einem Sammelanderkonto hingegen fand in der Vergangenheit eine systematische GwG-Prüfung auf Seiten der Banken nicht statt. Insbesondere wurden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die Sammelanderkonten unterhalten, von den Banken nicht aufgefordert, ständig aktualisierte Listen über die wirtschaftlich Berechtigten und die Höhe der jeweils verwahrten Beträge zu erstellen und einzureichen. Tatsächlich wären die Anwältinnen und Anwälte dazu mangels geeigneter Reporting-Programme auch gar nicht ohne Weiteres in der Lage gewesen, von der Frage der Verschwiegenheitspflicht ganz abgesehen. Letztlich begnügten sich die Banken damit, dass sie jedenfalls die theoretische Möglichkeit hatten, von der Anwältin oder vom Anwalt Auskunft über die wirtschaftlich Berechtigten der Beträge auf den Konten zu erhalten. Grundlage dieser Handhabung war, dass in den Auslegungs- und Anwendungshinweisen (AuA) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zum Geldwäschegesetz Rechtsanwalts-Sammelanderkonten als Geschäfte mit geringem Geldwäscherisiko eingestuft wurden. 1. GEÄNDERTE RISIKOEINSTUFUNG DER BAFIN Allerdings änderte die BaFin Ende 2021 ihre AuA und stufte nunmehr Rechtsanwalts-Sammelanderkonten zu Strukturen mit „normalem“ Geldwäscherisiko hoch. In Schreiben an die kontoführenden Banken erläuterte die BaFin, dass eine Anwendung vereinfachter Sorgfaltspflichten und der damit verbundene Verzicht auf eine laufende Dokumentation der wirtschaftlich Berechtigten durch die Neueinstufung nicht per se ausgeschlossen sei. Die weitere Anwendung vereinfachter Sorgfaltspflichten komme aber nur in Betracht, wenn jedes Rechtsanwalts-Sammelanderkonto individuell nach Risikoträchtigkeit bewertet werde und die Bewertung ergebe, dass keine risikoerhöhenden Faktoren nach Ziff. 5.5 der Ersten Nationalen Risikoanalyse1 1 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse 2018/1019. vorlägen. Als solche Risikofaktoren dort genannt waren insb. Bareinzahlungen und Zahlungen aus dem bzw. in das Ausland und insb. Risikoländer. Die Änderung der Risikoeinstufung führte Ende 2021/ Anfang 2022 zu einer breiten Kündigungswelle der Banken. Denn der erhöhte Bearbeitungsaufwand aufgrund der geänderten Risikoeinstufung machte die Führung von Sammelanderkonten durch die Banken unattraktiv. Die Gebühren für die Führung von SammelanDILLER, SAMMELANDERKONTEN BRAK-MITTEILUNGEN 3/2023 AUFSÄTZE 148

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