derkonten waren traditionell niedrig, einige Banken hatten dafür sogar überhaupt keine Gebühren verlangt. 2. ANSTRENGUNGEN ZUR RETTUNG VON SAMMELANDERKONTEN In der Folgezeit kam es zu lebhaften Diskussionen zwischen der BaFin, dem Bundesjustizministerium (BMJ), dem Bundesfinanzministerium (BMF), dem Bundesverband der Banken sowie der BRAK.2 2 Dazu etwa Nachr. aus Berlin 7/2022 v. 6.4.2022. Es kristallisierte sich rasch heraus, dass eine Lösung dahingehend möglich sein könnte, durch eine einschränkende Regelung in der anwaltlichen Berufsordnung (BORA) Rechtsanwälten zu untersagen, bestimmte Transaktionen mit erhöhtem GwG-Risiko wie insb. Bargeschäfte oder Transfers vom und ins Risikoausland über Sammelanderkonten abzuwickeln. Auf der Basis einer solchen Regelung hätte dann die Bereitschaft der BaFin bestanden, Rechtsanwalts-Sammelanderkonten wieder als Geschäfte mit geringem Risiko einzustufen, was wiederum den Banken ermöglicht hätte, solche Konten kostendeckend zu führen und von weiteren Kündigungen abzusehen bzw. solche Konten wieder anzubieten. a) ZWISCHENLÖSUNG: STREICHUNG VON § 4 I BORA Da die für den Erlass bzw. die Änderung der BORA zuständige Satzungsversammlung bei der BRAK nur zweimal jährlich tagt und eine Einigung über den genauen Text möglicher Einschränkungen nicht mehr rechtzeitig erzielt werden konnte, beschloss die Satzungsversammlung in ihrer Sitzung vom 29./30.4.2022 zunächst eine Zwischenlösung:3 3 Beschlüsse der 3. Sitzung der 7. Satzungsversammlung v. 29./30.4.2022; die Änderungen traten zum 1.10.2022 in Kraft, vgl. Nachr. aus Berlin 15/2022 v. 27.7.2022. Inhaltliche Anforderungen an das Führen von Rechtsanwalts-Sammelanderkonten wurden zunächst noch nicht verabschiedet. Hingegen wurde durch die Streichung des früheren § 4 I BORA klargestellt, dass Rechtsanwalts-Sammelanderkonten lediglich eine Option sind, aber keine berufsrechtliche Pflicht jeder Rechtsanwältin und jedes Rechtsanwalts besteht, „auf Vorrat“ stets ein solches Sammelanderkonto zu unterhalten. Dies war in Literatur vielfach anders behauptet worden,4 4 Ausführl. zum Streitstand schon Johnigk, BRAK-Mitt. 2012, 104. obwohl eine solche Verpflichtung im Widerspruch zu § 43a V 2 BRAO a.F. gestanden hätte, der dem Anwalt ausdrücklich die Alternative eröffnete, entweder Fremdgelder unverzüglich weiterzuleiten oder aber sie auf Anderkonten einzuzahlen. Auch wäre eine unterschiedslose Pflicht zum anlasslosen Vorhalten eines Sammelanderkontos ein Verstoß gegen das Übermaßverbot gewesen, etwa bei Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälten, die praktisch nie mit Fremdgeld zu tun haben, oder bei sozietätsangehörigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, bei denen nur Sozietätskonten existieren, nicht aber Konten der einzelnen Anwältinnen und Anwälte. b) NACHSCHÄRFUNG VON § 4 BORA Nachdem in der Sitzung vom 29./30.4.2022 die Satzungsversammlung die Streichung des alten § 4 I BORA einstimmig (!) beschlossen hatte, fanden in der Folgezeit weitere intensive Gespräche zwischen BMJ, BMF und BRAK statt. Diese mündeten schließlich in einen Antrag für die folgende Sitzung der Satzungsversammlung am 5.12.2022, in § 4 BORA die Nutzung von Sammelanderkonten für bestimmte GwG-kritische Arten von Geschäften zu untersagen.5 5 Antrag zur Änderung von § 4 BORA. Dies betraf insb. Geldflüsse aus den Kataloggeschäften des § 2 I Nr. 10 GWG, bei denen die Rechtsanwältin bzw. der Rechtsanwalt selbst nach dem GwG verpflichtet ist (z.B. Immobilientransaktionen, Unternehmenskäufe etc.), sowie größere Bargeschäfte über 1.000 Euro oder Überweisungen von oder auf Konten in GwG-Hochrisikoländern (innerhalb von Europäischer Union und Europäischem Wirtschaftsraum sind dies zur Zeit nur Malta und Zypern). Der Änderungsvorschlag wurde von der Satzungsversammlung am 5.12.2022 mit großer Mehrheit angenommen.6 6 Beschlüsse der 4. Sitzung der 7. Satzungsversammlung am 5.12.2022; die Änderungen traten zum 1.6.2023 in Kraft, vgl. Nachr. aus Berlin 5/2023 v. 9.3.2023. Es ist zu hoffen, dass die BaFin in absehbarer Zeit auf der Grundlage dieser Neuregelung Rechtsanwalts-Sammelanderkonten wieder als Bankgeschäfte mit „geringem“ GwG-Risiko einstufen wird, so dass die Banken sie weiter kostendeckend betreiben und der Anwaltschaft anbieten können. III. ENDE GUT, ALLES GUT? Leider ist mit der Lösung der geldwäscherechtlichen Probleme die Diskussion um Sammelanderkonten der Anwaltschaft nicht beendet. Denn mittlerweile sind Rechtsanwalts-Sammelanderkonten auch in das Visier der internationalen Arbeitskreise gegen Steuerhinterziehung geraten. Hintergrund sind die Common Reporting Standards (CRS). Der CRS ist ein vom OECD im Jahr 2014 geschaffenes internationales Verfahren zum Austausch von Finanzkundeninformationen mit dem Ziel, grenzüberschreitende Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Nach den diesbezüglichen Anwendungsschreiben des BMF waren bis 2022 anwaltliche Sammelanderkonten von den CRS-Regeln ausgenommen. Hintergrund war die – wohl zutreffende – Annahme, dass RechtsanwaltsSammelanderkonten typischerweise nicht für Steuerhinterziehung missbraucht werden. Auf internationalen Druck hin hat jedoch das BMF Mitte 2022 seine Anwendungsschreiben geändert und nimmt nunmehr anwaltliche Sammelanderkonten nicht mehr aus den Common Reporting Standards heraus. Damit stellt sich für die Banken ein ähnliches Problem wie beim Geldwäscherecht: Rechtsanwalts-Sammelanderkonten machen erheblichen Aufwand beim CRS-Reporting und sind kaum noch wirtschaftlich zu führen. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 3/2023 149
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