im Termin im Gericht anwesend sei. Insbesondere entfiele der Reiseaufwand. Das LSG hat das aus zwei Gründen verneint. Zum einen hat es ausgeführt, die Vorbereitungstätigkeiten (Vorbesprechung, An- und Abreise) seien nicht bei der Bestimmung der Terminsgebühr, sondern bei der Bestimmung der Verfahrensgebühr zu berücksichtigen. Zum anderen sei die Einarbeitung in die technischen Voraussetzungen des Video-Termins überdurchschnittlich umfangreich und schwierig (2021) gewesen. Die Entscheidung ist nicht so positiv, wie sie scheint. Sie liegt auf der Linie des LSG Nordrhein-Westfalen, das die Terminsgebühr als Anwesenheitsgebühr versteht, so dass es auf die reine Terminsdauer abzustellen ist. Ernstgenommen bedeutet das, dass auch Wartezeiten bei der Bestimmung der Terminsgebühr unberücksichtigt bleiben. Zudem ist die Verortung der Terminsvorbereitung in der Verfahrensgebühr nicht sachgerecht, zumal diese durch die Anrechnung der Geschäftsgebühr noch vermindert wird, so dass sich der Vorbereitungsaufwand faktisch wirtschaftlich nicht auswirkt. Offen bleibt zudem, wie sich ein besonderer Aufwand während des Online-Termins auswirkt. Das LSG berücksichtigt ausdrücklich nur die Besonderheiten der neuen Technik vor dem Termin. VII. BERATUNGSHILFE 1. VORLAGE DES BERECHTIGUNGSSCHEINS Nachdem Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte die Kommunikation mit den (Beratungshilfe-)Gerichten per beA führen müssen, war die Handhabung der Liquidation bei vorzulegendem Berechtigungsschein streitig. Dieser wurde von vielen Amtsgerichten als Urkunde angesehen, die im Original vorgelegt werden müsse. Die Rechtsanwältin bzw. der Rechtsanwalt musste dann sowohl online liquidieren als auch den Berechtigungsschein im Original per Post nachsenden oder am Gerichtsort vorlegen. Das OLG Oldenburg13 13 OLG Oldenburg, Beschl. v. 1.4.2022 – 12 W 25/22. hat festgestellt, dass es für die Anordnung dieser Verfahrensweise durch die Amtsgerichte weder im RVG noch im BerHG noch in der Beratungshilfeformularverordnung (BerHFV) und auch sonst keine normative Grundlage gibt, so dass es ausreicht, wenn der Berechtigungsschein per beA eingereicht wird. Die Entscheidung ist richtig. Sie ist durch die Änderung der BerHFV zum 1.3.202314 14 Geändert durch die Verordnung zur Änderung der ZwangsvollstreckungsformularVerordnung, der Beratungshilfeformularverordnung und der Verbraucherinsolvenzformularverordnung sowie zur Aufhebung der Gerichtsvollzieherformular-Verordnung v. 16.12.2022, BGBl. 2022 I 2368. inhaltlich bestätigt worden. Das Liquidationsformular sieht nunmehr sowohl die Vorlage des Originals als auch die anwaltliche Versicherung vor, dass das Original des Berechtigungsscheins dem Rechtsanwalt vorgelegen hat und entwertet worden ist. 2. BERICHTIGUNG VON FEHLERN Mit der Anwendung der BerHFV hat sich auch das LG Freiburg15 15 LG Freiburg, Beschl. v. 28.1.2022 – 9 T 72/21. befasst. Hier war beanstandet worden, dass eine Berichtigung der Liquidation formlos vorgenommen worden war. Das LG Freiburg hat festgestellt, dass eine Berichtigung formlos möglich ist. VIII. STRAF- UND ORDNUNGSWIDRIGKEITENRECHT 1. GEPLATZTER TERMIN Mit der Auslegung der Vorbemerkung 4 (3) S. 2 VV-RVG befasst sich der Beschluss des OLG Brandenburg.16 16 OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.8.2022 – 1 Ws 22/22 (S). Nach dieser Entscheidung ist die Terminsgebühr auch angefallen, wenn der Rechtsanwalt zwar nicht am angesetzten Verhandlungsort erscheint, aber wegen der Umstände der Terminsabsage die ausgefallene Terminszeit nicht nutzten konnte. 2. EINZIEHUNG Unrichtig ist eine Entscheidung des BGH,17 17 BGH, Beschl. v. 2.9.2022 – 5 StR 169/21. nach der bei der Einziehung von Betäubungsmitteln ein Streitwert von 0,00 Euro anzusetzen ist, also keine Einziehungsgebühr anfällt. Die Begründung ist, dass mit Betäubungsmitteln nicht gehandelt werden dürfe. Das ist in dieser Generalität aber unrichtig. Tatsächlich darf bei entsprechender arzneimittelrechtlicher Genehmigung durchaus mit Betäubungsmitteln gehandelt werden; insb. für Cannabisprodukte gibt es einen legalen Marktwert. Die Problematik ist dieselbe wie bei der Einziehung von Waffen, die bei den waffenrechtlichen Voraussetzungen ebenfalls handelbar sind und für die es ebenfalls echte Marktwerte gibt. 3. MITTELGEBÜHR BEI ORDNUNGSWIDRIGKEITEN Immer wieder ein Ärgernis ist die Rechtsprechung vieler Gerichte zur Bestimmung der Gebühr in Ordnungswidrigkeiten-Angelegenheiten. Bis zur Einführung des RVG 2004 gab es für Ordnungswidrigkeiten keine gesonderten Gebührenvorschriften. Die Rechtsprechung behalf sich deshalb damit, in Ordnungswidrigkeiten-Angelegenheiten die strafrechtlichen Gebühren anzuwenden, allerdings mit der Maßgabe, dass wegen der geringeren Bedeutung von Ordnungswidrigkeiten die Bestimmung nicht von der Mittelgebühr, sondern nur von 2/3 der Mittelgebühr ausgehen sollte. Viele Gerichte haben offenbar nicht realisiert, dass es seit 2004 nicht nur gesonderte Gebühren für Ordnungswidrigkeiten gibt, sondern sogar eine Staffelung, die den Bagatellbereich sowie die Bereiche mittlerer AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 3/2023 157
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