chen, in denen es um das Miteigentum an Gütern bzw. um den Aufenthalt minderjähriger Kinder, die Modalitäten der Kommunikation und die Festsetzung von Unterhalt ging, am 12.4. und am 8.5.2018 zwei Verträge über die Vertretung gegenüber dem Polizeikommissariat und der Staatsanwaltschaft des Bezirks Kaunas (Litauen) und am 29.8.2018 einen Vertrag über die Vertretung in einem Scheidungsverfahren. [13] In Art. 1 der Verträge verpflichtete sich der Rechtsanwalt jeweils, mündlich und/oder schriftlich rechtlichen Rat zu erteilen, rechtliche Schreiben zu entwerfen, Unterlagen rechtlich zu prüfen und den Auftraggeber gegenüber verschiedenen Stellen zu vertreten, indem er die entsprechenden Handlungen vornimmt. [14] In den Verträgen waren als Vergütung jeweils 100 Euro „für jede Stunde der Beratung oder Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber dem Auftraggeber“ (im Folgenden: Klausel über die Vergütung) festgelegt. In den Verträgen war bestimmt, dass „ein Teil der angegebenen Vergütung ... sofort fällig [ist], sobald der Rechtsanwalt auf der Basis der geleisteten Stunden der Beratung oder Erbringung von Rechtsdienstleistungen eine Rechnung über die Rechtsdienstleistungen vorlegt“ (im Folgenden: Klausel über die Art und Weise der Zahlung der Vergütung). [15] M. A. leistete auf die Vergütung einen Vorschuss i.H.v. 5.600 Euro. [16] D. V. erbrachte Rechtsdienstleistungen von April bis Dezember 2018 und von Januar bis März 2019. Am 21. und 26.3.2019 stellte er für sämtliche erbrachten Rechtsdienstleistungen Rechnungen aus. [17] Da die in Rechnung gestellte Vergütung nicht in voller Höhe gezahlt wurde, erhob D. V. gegen M. A. am 10.4.2019 beim Kauno apylinkes teismas (Bezirksgericht Kaunas) Klage auf Zahlung von 9.900 Euro für die erbrachten Rechtsdienstleistungen und von 194,30 Euro für Auslagen im Zusammenhang mit der Durchführung der Verträge, jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 % jährlich ab dem Zeitpunkt der Erhebung der Klage bis zur Durchführung des Urteils. [18] Mit Entscheidung v. 5.3.2020 gab der Kauno apylinkes teismas (Bezirksgericht Kaunas) der Klage von D. V. teilweise statt. Er stellte fest, dass gemäß den geschlossenen Verträgen Rechtsdienstleistungen i.H.v. insgesamt 12.900 Euro erbracht worden seien. Er gelangte jedoch zu der Auffassung, dass die Klauseln über die Vergütung aller fünf Verträge missbräuchlich seien, und setzte die geforderte Vergütung um die Hälfte herab. Er setzte die Vergütung auf 6.450 Euro. Entsprechend wurde M. A. vom Kauno apylinkes teismas (Bezirksgericht Kaunas) unter Berücksichtigung des bereits gezahlten Betrags verurteilt, 1.044,33 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % jährlich ab dem Zeitpunkt der Erhebung der Klage bis zur Durchführung des Urteils zu zahlen und Kosten i.H.v. 12 Euro zu erstatten. D. V. wurde verurteilt, M. A. Kosten i.H.v. 360 Euro zu erstatten. [19] D. V. legte gegen diese Entscheidung am 30.4. 2020 Berufung ein. Die Berufung wurde mit Beschluss v. 15.6.2020 vom Kauno apygardos teismas (Regionalgericht Kaunas, Litauen) zurückgewiesen. [20] Gegen diesen Beschluss legte D. V. am 10.9.2020 beim Lietuvos Aukˇsˇciausiasis Teismas (Oberstes Gericht Litauens), dem vorlegenden Gericht, eine Kassationsbeschwerde ein. [21] Das vorlegende Gericht sieht sich im Wesentlichen die Kernprobleme vor zwei Probleme gestellt: Zum einen geht es um das Erfordernis der Transparenz von Klauseln, die den Hauptgegenstand von Verträgen über die Erbringung von Rechtsdienstleistungen betreffen, zum anderen um die Frage, welche Folgen die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel hat, mit der die Vergütung für solche Dienstleistungen festgelegt wird. [22] Was den ersten Fragenkreis angeht, geht das vorlegende Gericht zunächst der Frage nach, ob eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Klausel eines Vertrags über die Erbringung von Rechtsdienstleistungen, die deren Vergütung und die Art und Weise der Berechnung der Vergütung betrifft – wie die Klausel über die Vergütung –, unter Art. 4 II der Richtlinie 93/13 fällt. [23] Das vorlegende Gericht geht davon aus, dass dies der Fall ist, und fragt sich weiter, wie transparent eine Klausel, die den Hauptgegenstand des Vertrags betreffe, sein müsse, um der Beurteilung der Missbräuchlichkeit entzogen zu sein. Die Klausel über die Vergütung sei grammatisch zwar klar abgefasst. Es sei aber fraglich, ob sie verständlich sei. Der Durchschnittsverbraucher sei nicht in der Lage, die wirtschaftlichen Folgen der Klausel zu erfassen, und zwar auch dann nicht, wenn die übrigen Klauseln der betreffenden Verträge berücksichtigt würden, nämlich die Klausel über die Art und Weise der Zahlung der Vergütung, die weder vorsehe, dass der Rechtsanwalt Berichte über die erbrachten Dienstleistungen vorzulegen hätte, noch, dass die Vergütung für diese Dienstleistungen in regelmäßigen Abständen zu zahlen sei. [24] Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sei es für den Verbraucher aber von grundlegender Bedeutung, dass er vor Abschluss eines Vertrags über die Vertragsbedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses informiert sei, da er insbesondere auf der Grundlage dieser Information entscheide, ob er sich durch die vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen binden möchte (Urt. v. 21.3.2013, RWE Vertrieb, C-92/ 11, EU:C:2013:180, Rn. 44). [25] Die Verträge, um die es im Ausgangsverfahren gehe, seien zwar besonderer Art, und bei Rechtsdienstleistungen sei schwer vorherzusehen, wie viele Stunden erforderlich seien, um sie zu erbringen. Es sei jedoch fraglich, ob von einem Gewerbetreibenden verlangt werden könne, für die Rechtsdienstleistungen einen Richtpreis anzugeben, und ob diese Information in den entsprechenden Verträgen enthalten sein müsse. Außerdem sei fraglich, ob die Nichterteilung von Informationen vor dem Vertragsschluss während der Durchführung der Verträge geheilt werden könne und ob es insoweit von EUROPA BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2023 175
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