tungsverkehr bedingt sind. Zu diesen Transaktionen gehört auch der Erwerb von Geschäftsanteilen an einer juristischen Person des Privatrechts. Ein Gesellschaftsanteil stellt einen Vermögenswert i.S.v. Art. 63 AEUV dar. Der Schutzbereich der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit als vorrangiges Recht ist lediglich dann betroffen, wenn der Erwerber beabsichtigt, durch die Transaktion seinen Einfluss auf ein Unternehmen zu sichern. Maßstab hierfür sind insb. der Umfang der zu erwerbenden Geschäftsanteile und die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags (Calliess/Ruffert/Korte, a.a.O., Art. 49 Rn. 39; EuGH, Urt. v. 20.9.2018 – C685/16). Nach diesen Kriterien wird die Kl. in ihrem Recht auf Kapitalverkehrsfreiheit beschränkt. Zwar sollen zugunsten der Beigeladenen zu 1. 51 von 100 Geschäftsanteilen übertragen werden. Dadurch erhält sie eine Mehrheitsbeteiligung. Durch die Satzung ist aber sichergestellt, dass die Beigeladene zu 1. gleichwohl keinen beherrschenden Einfluss auf die Kl. ausüben kann. Die Abberufung von Geschäftsführern bedarf eines einstimmigen Beschlusses. Als Geschäftsführer und sonstige vertretungsberechtigte Personen für die Kl. dürfen ausschließlich Rechtsanwälte bestellt werden. Es ist den Gesellschaftern untersagt, auf die Geschäftsführung durch Weisungen, vertragliche Bindungen oder die Androhung oder Zuführung von Nachteilen einzuwirken. Insbesondere dürfen die Gesellschafter auf die konkrete Annahme, Ablehnung und Führung eines Mandats durch die Gesellschaft keinen Einfluss nehmen. Auch die Abberufung eines Geschäftsführers darf nicht angedroht oder vorgenommen werden, um auf die Berufsausübung durch den Geschäftsführer einzuwirken oder diese zu sanktionieren. Die Satzung beschränkt insoweit die Befugnisse der Gesellschafterversammlung zusätzlich. Beschlüsse, die gegen diese Verpflichtung verstoßen, sind unzulässig. Die Satzung entspricht und ergänzt insoweit § 59f IV BRAO a.F., der sicherstellt, dass die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte, die als Geschäftsführer oder gem. Satzung bevollmächtigt sind, für die Gesellschaft zu handeln, bei der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs gewährleistet ist. Einflussnahmen der Gesellschafter, namentlich durch Weisungen oder vertragliche Bindungen, sind insoweit unzulässig. [41] Nach Auffassung des Senats rechtfertigt auch die Überlegung der Bekl., die Beigeladene zu 1. könne die Beschlussfassung verhindern, indem sie der Gesellschafterversammlung fernbleibe, kein anderes Ergebnis. Durch die Gestaltung der Satzung ist sichergestellt, dass die anwaltlichen Vertreter der Kl. ihre Tätigkeit unabhängig ausüben. Insoweit darf weder durch Weisungen der Gesellschafter noch durch Gesellschafterbeschlüsse in deren Tätigkeit eingegriffen werden. Dann kann es aber auch keine Rolle spielen, ob ein Mehrheitsgesellschafter durch positive Stimmabgabe eine Entscheidung in seinem Sinne erwirkt oder durch Fernbleiben verhindert. Entscheidend bleibt, dass den Gesellschaftern durch die Satzung eine Einflussnahme auf die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft untersagt ist. 3. Zweifel, ob die Beschränkungen gem. §§ 59a, 59e-h BRAO a.F. mit dem Grundrecht der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV vereinbar sind. [42] Durch §§ 59e, 59a, 59h BRAO a.F. wird die Kapitalverkehrsfreiheit der Kl. beschränkt. Diese Bestimmungen stehen der Veräußerung von Geschäftsanteilen an einer Rechtsanwaltsgesellschaft an Dritte entgegen. Eine Veräußerung von Geschäftsanteilen ist nur möglich, wenn der Erwerber Berufsträger i.S.v. § 59a BRAO a.F. ist, für die Gesellschaft in dieser Eigenschaft tätig ist, und die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte in der Hand von Rechtsanwälten verbleibt. Gemäß § 59e II 2 BRAO a.F. steht einem Gesellschafter der nicht zur Ausübung eines Berufs i.S.v. § 59a BRAO a.F. berechtigt ist, kein Stimmrecht zu. Durch diese Bestimmungen wird in die Rechtsstellung der Kl. eingegriffen. Die Beigeladene zu 1. erfüllt nicht die Anforderungen gem. § 59a BRAO a.F. Gemäß § 59h BRAO a.F. musste die Bekl. der Kl. daher die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aufgrund der Veräußerung von Anteilen an die Beigeladene zu 1. entziehen. Die Kl. kann dadurch ihren satzungsgemäßen Unternehmenszweck nicht mehr erfüllen. Darüber hinaus greift die Regelung auch in die Möglichkeit der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen ein, weil einem Erwerber, der keinen Beruf i.S.v. § 59a BRAO a.F. ausüben kann, von vorneherein kein Stimmrecht zusteht. Schließlich war der Kl. die Zulassung auch deswegen zu entziehen, weil aufgrund der Veräußerung der Geschäftsanteile an die Beigeladene zu 1. das Mehrheitserfordernis gem. § 59e II BRAO a.F. verletzt ist. Durch diese Bestimmungen wird die Veräußerung von Geschäftsanteilen an berufsfremde Personen zwar nicht unmittelbar untersagt. Für einen Eingriff in das Recht auf Kapitalverkehrsfreiheit reicht es aber aus, wenn nach nationalem Recht an den Erwerb von Geschäftsanteilen Nachteile geknüpft werden, die dazu geeignet sind, einen gebietsfremden Investor davon abzuhalten, Anteile an einer Kapitalgesellschaft zu erwerben (EuGH, Urt. v, 17.2.2009 – C 182/ 08). Zwar steht das deutsche Recht der Veräußerung von Geschäftsanteilen der Kl. an einen Investor im Ausland nicht entgegen. Es knüpft hieran aber den Nachteil, dass der Rechtsanwaltsgesellschaft die Zulassung zu entziehen ist, sodass sie auf ihrem Berufsfeld nicht mehr tätig werden kann. Weiterhin steht dem ausländischen Investor, sofern er keinen Beruf i.S.v. § 59a BRAO a.F. ausübt, von vornherein kein Stimmrecht zu. [43] Der Senat hat Zweifel, ob dieser Eingriff in die KaZweifel an der Rechtfertigung für die Einschränkung pitalverkehrsfreiheit durch Art. 65 AEUV gerechtfertigt werden kann. Gemäß Art. 65 II AEUV sind zwar Regelungen der Mitgliedstaaten, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dienen sollen, zulässig (Geiger/ Khan/Kotzur/Kirchmeier/van de Loo/Simmig, AEUV, 7, Aufl. 2023, Art. 65 Rn. 4). Die Unabhängigkeit der Rechtsberatung, die Wahrung des Transparenzgebots und die Sicherheit der beruflichen Verschwiegenheit BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2023 193
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0