BRAK-Mitteilungen 3/2023

Krankenhäuser durch das Fremdbeteiligungsverbot abzusichern, wurde durch den Gesetzgeber nicht gesehen, obwohl auch die Therapieentscheidung des Arztes erheblich unter wirtschaftlichem Druck stehen und durch ökonomische Gesichtspunkte beeinflusst werden kann. Anders als die Abgabe von Medikamenten durch Apotheken ist die Erbringung der Rechtsberatung auch durch Kapitalgesellschaften zulässig. Dies zeigt, dass auch nach Auffassung des Gesetzgebers hier keine vergleichbare Gefahrenlage besteht. [57] Aufgrund der Neuregelung zum 1.8.2022 durch BRAO-Reform Gesetz v. 7.7.2021 (BGBl. I, 2363) kann die Rechtsberatung auch durch sog. Berufsausübungsgesellschaften gem. § 59c BRAO erbracht werden. Hierdurch ist eine weitere Lockerung eingetreten. Mitglieder einer solchen Berufsausübungsgesellschaft können neben Rechtsanwälten auch Patentanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Personen die im Ausland für vergleichbare Tätigkeiten zugelassen sind, soweit sie berechtigt sind, auch im Inland diese Tätigkeit auszuüben, aber auch alle weiteren Personen, die einen Beruf i.S.d. § 1 II des PartGG ausüben, sein. Hierzu gehören Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen, Heilmasseure, Diplom-Psychologen, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Lotsen, Sachverständige, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Lehrer und Erzieher sowie Vertreter vergleichbarer Berufe. Beteiligen können sich diese an einer Berufsausübungsgesellschaft unmittelbar oder über eine weitere Berufsausübungsgesellschaft (§ 59i BRAO). Die §§ 59d, 59i BRAO enthalten Vorschriften, durch die die Unabhängigkeit der anwaltlichen Berufsträger sowie die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gewährleistet werden soll. § 59e BRAO sieht vor, dass durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen sicherzustellen ist, dass die Berufsausübungsgesellschaft für die Erfüllung der Berufspflichten sorgen kann. [58] Der Kreis der Personen, die sich an einer Berufsausübungsgesellschaft beteiligen können, ist also nunmehr sehr heterogen. Er unterliegt in vielen Fällen keinerlei berufsrechtlichen Beschränkungen der Berufsausübung und kann ohne besondere Qualifikation ausgeübt werden. Es ist nicht erkennbar, dass von Personen, die sich an einer Rechtsanwaltsgesellschaft (alt) bzw. Berufsausübungsgesellschaft (neu) beteiligen dürfen, geringere Risiken für die Rechtspflege und die Unabhängigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ausgehen könnten, als dies hinsichtlich von Personen der Fall ist, die nicht ohnehin zu diesem sehr weit gezogenen Kreis gehören. [59] Letztlich ist der Gesetzgeber mit der neuen Regelung des § 59e BRAO den Weg gegangen, für Berufsausübungsgesellschaften den Kreis möglicher Gesellschafter erheblich zu erweitern, gleichzeitig aber durch gesetzliche Bestimmungen und Anforderungen an die Satzung die Einhaltung der berufsrechtlichen Pflichten durch die Berufsausübungsgesellschaft sicherzustellen. Die Begründung des Gesetzgebers lässt keine Gründe erkennen, warum dies bei Berufsträgern i.S.v. § 1 PartGG ausreichen soll, nicht aber bei anderen Personen, die sich an der Gesellschaft beteiligen, mögen sie auch primär finanzielle Interessen verfolgen. Es ist deren unternehmerische Entscheidung, ob sie in eine Rechtsanwaltsgesellschaft oder eine Berufsausübungsgesellschaft investieren – dann aber auch mit den Risiken, die sich daraus ergeben, dass diese Gesellschaften die berufsrechtlichen Vorgaben einhalten müssen, oder ob sie in ein anderes Unternehmen ohne entsprechende Bindungen investieren. Dass ein Finanzinvestor stärker als andere Personen i.S.v. § 1 PartGG oder § 59a BRAO (alt) darauf hinwirkt, berufsrechtliche Vorgaben zu verletzen und die Unabhängigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zu beeinträchtigen, ist weder ersichtlich noch empirisch erwiesen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein kapitalgebender Gesellschafter erwarten wird, gerade durch diese berufsrechtlich gebundene Tätigkeit (auch) Erträge erwirtschaften zu können. [60] Zu Recht weist die Bekl. darauf hin, dass das Vertrauen in die anwaltliche Verschwiegenheit geschützt werden müsse. Wird die anwaltliche Tätigkeit durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft ausgeübt, ist daher sicherzustellen, dass die Verpflichtung zur anwaltlichen Verschwiegenheit nicht nur den tätigen Anwalt selbst trifft, sondern auch die übrigen Mitglieder der Organe der Gesellschaft. Das Fremdbeteiligungsverbot schützt dagegen, dass durch Dritte geheimhaltungsbedürftige Informationen oder Unterlagen erlangt werden könnten. Der Senat hat gleichwohl Zweifel, ob dieser Aspekt das Verbot der Fremdbeteiligung trägt. Für Berufsausübungsgesellschaften nach neuem Recht stellt sich dieses Problem in gleicher Weise. § 59d II BRAO enthält daher auch eine Verschwiegenheitspflicht für die Gesellschafter einer Berufsausübungsgesellschaft. Die Regelung in § 13 der Satzung der Kl. sieht deutlich strengere Vorschriften vor, indem auch das Auskunftsrecht der Gesellschafter entsprechend beschränkt und die anwaltliche Verschwiegenheit auf diese erstreckt wird. Da es sich hierbei um eine der elementaren berufsrechtlichen Verpflichtungen des Anwalts handelt, die zusätzlich strafbewehrt ist, kann die RAK bereits aufgrund §§ 59c, 59e BRAO a.F. die Satzung daraufhin überprüfen, ob hier die Anforderungen an die anwaltliche Verschwiegenheit ausreichend gewahrt sind. Nach §§ 59d, 59e BRAO ist dies nunmehr ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben. 4. Verletzung der Rechte der Klägerin aus der Dienstleistungsrichtline [61] Gemäß Art. 15 IIc der Dienstleistungsrichtlinie haben die Mitgliedstaaten u.a. zu prüfen, ob ihre Rechtsordnung die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit von nichtdiskriminierenden Anforderungen im Hinblick auf die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen abhängig macht. Gemäß Art. 15 IIIc der Dienstleistungsrichtlinie müssen Beschränkungen verBERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2023 197

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