BRAK-Mitteilungen 4/2023

nicht, wenn die Kostenentscheidung nach § 269 III ZPO noch aussteht.1 1 BGH, Beschl. v. 14.3.2023 – X ARZ 586/22, NJW-RR 2023, 703 Rn. 15 ff. b) RICHTERABLEHNUNG Der BGH hat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt,2 2 BGH, Beschl. v. 25.4.2023 – VIII ZR 127/17, BeckRS 2023, 10054 Rn. 2. wonach ein Ablehnungsgesuch, das gegen einen Richter gerichtet ist, dessen weitere Mitwirkung ohnehin nicht mehr in Betracht kommt, unzulässig ist.3 3 BGH, Beschl. v. 18.2.2014 – VIII ZR 271/13, BeckRS 2014, 4854 Rn. 6; Beschl. v. 17.7.2018 – VIII ZR 127/17, BeckRS 2018, 16627 Rn. 9. Ablehnungsgesuche sind nach vollständigem Abschluss einer Instanz nicht mehr zulässig, weil damit die beteiligten Richter ihre richterliche Tätigkeit im konkreten Verfahren beendet haben und die getroffene Entscheidung von dem Gericht, dem die im Anschluss daran abgelehnten Richter angehören, nicht mehr geändert werden kann.4 4 BGH, Beschl. v. 29.3.2023 – IV ZR 28/22, BeckRS 2023, 7925 Rn. 1. Auch insoweit hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung5 5 BGH, Beschl. v. 17.5.2018 – I ZR 195/15, NJW-RR 2018, 1461 Rn. 4; Beschl. v. 30.8.2016 – I ZB 10/15, BeckRS 2016, 17712 Rn. 3; Beschl. v. 11.7.2007 – IV ZB 38/06, NJW-RR 2007, 1653 Rn. 5. bestätigt. Die Zugrundelegung einer der Partei ungünstigen Rechtsauffassung rechtfertigt nicht ohne weiteres die Besorgnis der Befangenheit des Richters. Die Annahme einer solchen Besorgnis kommt nur dann in Betracht, wenn die Rechtsauffassung so grob fehlerhaft ist, dass sich bei vernünftiger und besonnener Betrachtungsweise der Eindruck der Voreingenommenheit gegenüber einer Partei aufdrängt.6 6 BGH, Beschl. v. 12.9.2022 – AnwZ (Brfg) 10/22, BeckRS 2022, 27485 Rn. 27. 2. VERFAHRENSFRAGEN a) FEHLENDES ZUSTELLUNGSDATUM AUF UMSCHLAG Bei der Verpflichtung des Zustellers gem. § 180 S. 3 ZPO, das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks zu vermerken, handelt es sich um eine zwingende Zustellungsvorschrift7 7 BGH, Versäumnisurt. v. 15.3.2023 – VIII ZR 99/22, NJW-RR 2023, 766 Rn. 24 ff. i.S.d. § 189 ZPO mit der Folge, dass das Schriftstück bei einer Verletzung dieser Vorschrift erst mit dem tatsächlichen Zugang als zugestellt gilt.8 8 BGH, Versäumnisurt. v. 15.3.2023 – VIII ZR 99/22, NJW-RR 2023, 766 Rn. 30 ff. b) ZUSTELLUNG BEI ERLÖSCHEN DER PROZESSVOLLMACHT IM PARTEIPROZESS In anhängigen Verfahren hat die Zustellung nach der Grundregel des § 172 I 1 ZPO – ausschließlich – an den für den (jeweiligen) Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen.9 9 BGH, Beschl. v. 8.11.2022 – VIII ZB 21/22, BeckRS 2022, 36832 Rn. 15. Die Notwendigkeit einer Zustellung an den Prozessbevollmächtigten endet im Parteiprozess mit der Anzeige des Erlöschens der Prozessvollmacht dem Gericht gegenüber, § 87 I Alt. 1 ZPO.10 10 BGH, Beschl. v. 8.11.2022 – VIII ZB 21/22, BeckRS 2022, 36832 Rn. 16. Dennoch ist eine Zustellung auch nach Anzeige des Erlöschens der Prozessvollmacht an den empfangsbereiten und nach § 87 II ZPO vertretungsberechtigten Anwalt möglich und wirksam.11 11 BGH, Beschl. v. 8.11.2022 – VIII ZB 21/22, BeckRS 2022, 36832 Rn. 17. c) VERTRAGLICHE SCHLICHTUNGS- ODER GÜTEKLAUSEL Durch eine vertragliche Schlichtungs- oder Güteklausel ist die Anrufung der staatlichen Gerichte so lange ausgeschlossen, bis die vertraglich bestimmte Schlichtungsstelle den Versuch unternommen hat, zwischen den Parteien eine einvernehmliche Regelung herbeizuführen.12 12 BGH, Urt. v. 14.3.2023 – II ZR 152/21, BeckRS 2023, 7740 Rn. 21. Durch eine solche Klausel wird die Durchführung der Schlichtung zur Prozessvoraussetzung erhoben, die bereits bei der Erhebung der Klage vorliegen muss, so dass damit regelmäßig die sofortige Klagbarkeit ausgeschlossen ist.13 13 BGH, Urt. v. 14.3.2023 – II ZR 152/21, BeckRS 2023, 7740 Rn. 22. Die Nichteinhaltung der Schlichtungsvereinbarung ist nur auf die Einrede des Beklagten hin zu beachten.14 14 BGH, Urt. v. 14.3.2023 – II ZR 152/21, BeckRS 2023, 7740 Rn. 22. d) ERLASS VON GRUNDURTEILEN Der Erlass eines Grundurteils ist unzulässig, wenn dies zu einer ungerechtfertigten Verzögerung und Verteuerung des Prozesses führt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Tatsachen für Grund und Höhe des Anspruchs annähernd dieselben sind oder in einem so engen Zusammenhang stehen, dass die Herausnahme einer Grundentscheidung unzweckmäßig wäre.15 15 BGH, Urt. v. 18.10.2022 – XI ZR 606/20, NJW-RR 2023, 64 Rn. 20. e) RECHTLICHES GEHÖR Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.16 16 BGH, Beschl. v. 28.3.2023 – VI ZR 29/21, NJOZ 2023, 602 Rn. 7. Auch wenn sich das Gericht nicht mit jedem von einer Partei vorgebrachten Gesichtspunkt auseinandersetzen muss, hat es doch den auf eine privatgutachterliche Stellungnahme gestützten Parteivortrag hinreichend in seine Überzeugungsbildung einzubeziehen. Dabei müssen die Entscheidungsgründe erkennen lassen, dass eine Auseinandersetzung mit den sich aus dem Privatgutachten ergebenden Einwendungen erfolgt ist.17 17 BGH, Beschl. v. 28.3.2023 – VI ZR 29/21, NJOZ 2023, 602 Rn. 8. Wenn ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang eindeutig von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu erwägen.18 18 BVerfG (3. Kammer des Zweiten Senats), Beschl. v. 28.4.2023 – 2 BvR 924/21, NJW 2023, 2106 Rn. 33. f) VIDEOVERHANDLUNG Das Gericht hat die Verhandlung nach § 337 S. 1 ZPO zu vertagen, wenn eine Partei an der nach § 128a I ZPO AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2023 225

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