BRAK-Mitteilungen 4/2023

allen Kolleginnen und Kollegen nur dringend ans Herz legen kann. (hg) ÜBERPRÜFBARE DATEINAMEN FÜR beA-VERSENDUNG WÄHLEN UND RICHTIGE AUSWAHL KONTROLLIEREN! Die Kontrolle der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfordert auch die Prüfung anhand des zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gem. § 130a V 2 ZPO auf die Datei mit dem Schriftsatz bezieht, dessen Übermittlung erfolgen sollte (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 17.3.2020 – VI ZB 99/19, NJW 2020, 1809 Rn. 16 und v. 20.9.2022 – XI ZB 14/22, NJW 2022, 3715 Rn. 9 f.). BGH, Beschl. v. 21.3.2023 – VIII ZB 80/22, NJW 2023, 1668; MDR 2023, 796 Der Anwalt hatte gegen ein amtsgerichtliches Urteil fristgerecht Berufung eingelegt und zugleich Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Mit Schriftsatz vom 11.1.2022 fragte er deswegen beim LG nach. Die Berufungsbegründungsfrist wurde daraufhin vom LG antragsgemäß bis 2.3.2022 verlängert. Am 25.2.2022 ging beim LG per beA erneut die Nachfrage vom 11.1. (Dateiname: „M_89_21_LG_Bln_SS_11_ 01_22.pdf.p7s“) ein. Nach Hinweis des LG, dass innerhalb der verlängerten Frist keine Berufungsbegründung eingegangen sei, reichte der Anwalt diese nach und beantragte Wiedereinsetzung. Er habe die Berufungsbegründung am 23.2. erstellt und abschließend korrigiert. Am 25.2. habe er seine zuverlässige Fachangestellte angewiesen, den Schriftsatz per beA zu versenden. Er habe selbst die Sendebestätigung bzgl. Empfänger und Aktenzeichen kontrolliert. Der Übermittlungsstatus sei „erfolgreich“ gewesen. Die signierte Datei sei als „Berufungsbegründung“ ausgewiesen gewesen. Hierauf habe er vertrauen dürfen. Offenbar habe die Mitarbeiterin dabei aber die falsche Datei so benannt. Das LG wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Der BGH verwarf die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde als nach § 574 II ZPO unzulässig. Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen mittels beA entsprächen denjenigen bei der Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch hier sei es unerlässlich, den Versandvorgang anhand der automatisierten Eingangsbestätigung des Gerichts zu überprüfen. Dabei sei anhand des zuvor vergebenen Dateinamens zu prüfen, ob sich die Eingangsbestätigung des Gerichts auch auf die Datei mit dem Schriftsatz bezieht, dessen Übermittlung erfolgen sollte, da bei einem Versand per beA – anders als beim Telefax – eine Identifizierung nicht mittels einfacher Sichtkontrolle möglich sei und deshalb eine Verwechslung mit anderen Dokumenten nicht ausgeschlossen werden könne. Hier habe der Anwalt im Übermittlungsprotokoll unter der Überschrift „Anhänge“ lediglich die Spalte „Bezeichnung“ geprüft und dabei auf die Richtigkeit der dort von der Mitarbeiterin gemachten Angabe „Berufungsbegründung“ vertraut. Diese Spalte enthalte aber nicht den Dateinamen, sondern ermögliche es dem Ersteller der beA-Nachricht, beim Hochladen der ausgewählten Datei einen beliebigen Text zur näheren Beschreibung des Dateiinhalts hinzuzufügen. Da dieser Text erst nachfolgend zum Erstellen und Abspeichern der Datei und regelmäßig aufgrund einer bestimmten Vorstellung des Erstellers der beA-Nachricht von dem – vermeintlichen – Inhalt der ausgewählten Datei vergeben werde, weise die in der Spalte „Bezeichnung“ gemachte Angabe weniger zuverlässig als der zuvor vergebene Dateiname auf den tatsächlichen Inhalt des Dokuments hin, was sich anschaulich in Fällen der versehentlichen Auswahl einer anderen Datei durch ein „Verklicken“ beim Hochladen zeige. Dem von der Kanzlei selbst vergebenen Dateinamen, der ebenfalls in der Eingangsbestätigung ausgewiesen werde, habe der Anwalt nicht genügend Beachtung geschenkt. Auch aus der verkürzten Anzeige sei daraus ersichtlich gewesen, dass es sich um einen am „11.“ eines Monats erstellten Schriftsatz und damit nicht um einen vom 23. Februar gehandelt habe. Angesichts der noch mehrere Tage offenen Begründungsfrist habe auch das LG keine Hinweispflicht verletzt. Auch diese Entscheidung, in der der BGH sich eingehend mit Fragen der praktischen Nutzung des beA auseinandersetzt, entspricht der bereits gefestigten Rechtsprechung. Den Kolleginnen und Kollegen ist dringend anzuraten,5 5 BGH, Beschl. v. 17.3.2020 – VI ZB 99/19, BRAK-Mitt. 2020, 200 mit Anm. Jungk = NJW 2020, 1809; BGH, Beschl. v. 20.9.2022 – XI ZB 14/22, BRAK-Mitt. 2022, 336 Ls. = NJW 2022, 3715. den Schriftsätzen aussagekräftige Dateinamen zu geben, die eine Verwechslungsgefahr minimieren. Auch hier verweist der BGH auf die beA-Newsletter der BRAK und insb. auf das Archiv unter www.brak.de/ bea-newsletter. (hg) beA: RETTUNGSMÖGLICHKEITEN BEI TECHNISCHEN PROBLEMEN 1. Zur Unverzüglichkeit der Glaubhaftmachung bei vorübergehender technischer Unmöglichkeit der Übermittlung eines elektronischen Dokuments. 2. Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei verspäteter Glaubhaftmachung gem. § 130d S. 2 und3ZPO. BGH, Beschl. v. 26.1.2023 – V ZB 11/22, FamZ 2023, 1045; WRP 2023, 833 Der Prozessbevollmächtigte hatte am 10.1.2022 eine Berufungsbegründung in Papierform in den Briefkasten des zuständigen Landgerichts eingeworfen. Nach Hinweis des Gerichts auf die Unzulässigkeit begründete er im Rahmen eines Wiedereinsetzungsantrags die nicht erfolgte elektronische Einreichung damit, es sei seit DeJUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2023 235

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