Durch den Vorschlag soll nun einen Mechanismus für den Verfahrenstransfer zwischen den Mitgliedstaaten geschaffen werden, welches starke Verfahrensgarantien enthält und den Schutz der Grundrechte für Täter wie Opfer sicherstellt. Er enthält in Art. 5 eine Liste gemeinsamer Kriterien für die Übertragung sowie der Ablehnungsgründe (Art. 12) und eine Frist zur Entscheidung darüber (Art. 14). Unter anderem kommt der verdächtigen oder angeklagten Person bzw. der Mehrheit der Opfer ein entsprechendes Recht zu. Enthalten sind ferner Vorschriften zu den Übersetzungskosten (Art. 17.2). In Art. 6 finden sich die Rechte verdächtiger und angeklagter Personen, darunter Informations- und Anhörungsrechte, soweit dies nicht die Ermittlungen gefährdet, ferner sollen ihre Interessen bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Art. 7 enthält ähnliche Rechte der Opfer. In Art. 8 sind Rechtsmittel festgelegt. Die europäische Agentur für die Zusammenarbeit in Strafsachen Eurojust hatte bereits im Januar 2023 eine Studie zu dieser Thematik veröffentlicht. Auch die Studie kommt zu dem Schluss, dass derzeit ein EU-Instrument fehle, welches diesen Bereich regelt und dass dadurch auch den Grundrechten angeklagter Personen Rechnung getragen würde. Die BRAK erarbeitet derzeit auch zu diesem Vorschlag eine Stellungnahme. DIE BRAK INTERNATIONAL RECHTSANWÄLTINNEN DR. VERONIKA DENNINGER, LL.M., UND SWETLANA SCHAWORONKOWA, LL.M., UND RECHTSANWALT RIAD KHALIL HASSANAIN, BRAK, BERLIN Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Tätigkeit der BRAK im internationalen Bereich im Mai und Juni 2023. FACHGESPRÄCH MIT DEN „LEADERS FOR JUSTICE“ AUS BOSNIEN UND HERZEGOWINA „Leaders for Justice“ ist ein Programm der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), für welches sie junge, international ausgerichtete, engagierte und vielversprechende Vertreterinnen und Vertreter der Anwaltschaft, der Justiz, der Polizei sowie der Rechtswissenschaften aus Südosteuropa aussucht. Die Programmteilnehmerinnen und -teilnehmer werden u.a. nach Deutschland eingeladen, um das deutsche Rechtssystem durch den Besuch verschiedener Institutionen und Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern aus Justiz, Anwaltsverbänden und anderen Bereichen näher kennenzulernen. Die BRAK engagiert sich seit mehreren Jahren durch Fachgespräche mit den Teilnehmenden in Berlin und in Südosteuropa bei diesem Programm. Am 16.5.2023 empfing BRAK-Geschäftsführerin Dr. Veronika Denninger die „Leaders“ aus Bosnien und Herzegowina in Berlin und diskutierte mit ihnen über die Organisation der Anwaltschaft, über das Berufsrecht und über die Spezialisierungen der Rechtsanwaltschaft in Deutschland. BRAK-VERANSTALTUNG ZUM RECHT AUF VERTEIDIGUNG IN TUNESIEN Am 20.5.2023 veranstaltete die BRAK mit der Deutschen Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit e.V. (IRZ e.V.) und der Zweigstelle der Tunesischen Anwaltskammer (ONAT) in Kairouan ein Seminar in Kairouan, Tunesien mit etwa 200 Anwältinnen und Anwälten sowie Richterinnen und Richtern. Ebenso nahm die stellvertretende Projektbereichsleiterin Sonya Ouertani (IRZ e.V.) teil. Thema war Verteidigungsrechte im Strafverfahren. Zum Strafverfahren in Deutschland referierte Riad Khalil Hassanain (BRAK). Zur Rolle der Richterschaft im Strafverfahren in Deutschland führte Dr. Lars Bierschenk (Richter am LG Bonn) in hybrider Form aus. Der tunesische Strafverteidiger und Universitätsprofessor Hadi Bufares behandelte u.a. die Verurteilung von Angeklagten in Abwesenheit. Aus unterschiedlichsten Gründen finden derzeit in Tunesien eine Vielzahl von Verurteilungen in Abwesenheit statt, obgleich eine große Zahl von Richterinnen und Richtern diese Praxis für unzulässig hält. Die Problematik spielt derzeit in Tunesien aufgrund der noch nicht höchstrichterlich geklärten Rechtsfrage jener Zulässigkeit eine besondere Rolle. Insoweit fand eine rege Diskussion über die grundsätzliche Zulässigkeit von Verurteilungen in Abwesenheit zwischen der teilnehmenden tunesischen Anwaltschaft und Richterschaft sowie einem tunesischen Hochschuldozenten statt. Die Veranstaltung wurde zu einem großen Teil durch die IRZ e.V. finanziert. WORKSHOP „BAR ASSOCIATIONS’ ROLE IN BUSINESS AND HUMAN RIGHTS” Die Japan Federation of Bar Associations (JFBA) hatte die BRAK eingeladen, sich am 31.5.2023 bei einer multilateralen Online-Veranstaltung gemeinsam mit der Korean Bar Association (KBA) zum Thema „Bar Associations’ Role in Business and Human Rights“ auszutauschen. Für die BRAK sprachen Bernhard Docke, Mitglied des Ausschusses Menschenrechte der BRAK, und Frederic Boog, Referent im Brüsseler Büro der BRAK, über die Arbeit und Stellungnahmen der BRAK1 1 BRAK-Stn.-Nr. 34/2021; dazu Nachr. aus Berlin 9/2021 v. 5.5.2021 sowie BRAKNews v. 28.6.2021. zum Lieferkettengesetz. AUS DER ARBEIT DER BRAK AUS DER ARBEIT DER BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 4/2023 243
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0