BRAK-Mitteilungen 4/2023

Kl. weiterleitet, auch eine Vermittlungsprovision sein kann. Auch ohne Rechtsschutzversicherung vermittelt die Kl. Mandate an die Partnerkanzleien. Sie tritt dann selbst als Prozessfinanzierer auf (vgl. Nutzungsbedingungen Anl. B1, GA 30). Abgerechnet und damit verfahrensgegenständlich sind hier aber aufgrund der oben geschilderten Abrechnungsmodalitäten nur Rechtsschutzfälle. Es kommt nicht darauf an, dass die Parteien lediglich über eine Lizenzgebühr für die Nutzung der Software verhandelt haben oder ob sie sich vorstellten, mit der Lizenzgebühr das Provisionsverbot umgehen zu können, sondern darauf, ob die von der Kl. behauptete Lizenzgebühr in ihrer tatsächlichen Ausgestaltung und gelebten Vertragspraxis eine entgeltliche Gegenleistung für erfolgsbezogen vermittelte Mandate war. Rechtlich unerheblich ist, ob in den Verhandlungen der Parteien stets nur eine Lizenzgebühr für die Nutzung der Software Thema war, sodass es der Beweiserhebung durch Vernehmung des von der Bekl. angebotenen Zeugen D... F... (GA 115) nicht bedarf. Die Bekl. trägt vor, es sei marktüblich und erlaubt, dass bei Werkstätten, Mietwagen- und Abschleppunternehmen Stapelvollmachten hinterlegt werden, ebenso, dass solche Unternehmen die Kanzlei empfehlen und dafür keine Vergütung erhielten. Das mag zutreffend sein, hier geht es aber um die Frage, ob die Vergütung der Kl. für die Vermittlung des Mandats gezahlt wird und nicht darum, ob der Bekl. gestattet ist, an den genannten Orten ohne Gegenleistung Vollmachten zu hinterlegen. Es trifft gerade nicht zu, dass die Kl. die Bekl. lediglich als Partnerkanzlei auf der Homepage erwähnt und die Unterzeichnung einer Vollmacht ermöglicht hat; vielmehr war die Unterzeichnung der Vollmacht einer von der Kl. ausgewählten, konkreten Partnerkanzlei Voraussetzung für die Weiterleitung des Leads. Damit wurde ein bestimmtes Mandat verschafft. Der Gegenstand einer „Vermittlung“ ist auch aus dem Vermittlung Maklerrecht bekannt. § 652 I 1 BGB differenziert zwischen dem Nachweisund dem Vermittlungsmakler, wobei der Vermittlungsmakler bewusst und aktiv unmittelbar oder mittelbar auf die Willensentschließung des Vertragspartners des Auftraggebers einwirken muss, um dessen Bereitschaft zum Abschluss des beabsichtigten Hauptvertrages zu fördern (Retzlaff, in Grüneberg, 82. Aufl. 2023, § 652 Rn. 27). „Vermittlung” ist die bewusste, finale Herbeiführung der Abschlussbereitschaft des Vertragspartners des zukünftigen Hauptvertrages (BGH, Beschl. v. 17.4.1997 – III ZR 182/96, NJW-RR 1997, 884; BGH, Urt. v. 21.11.2018 – I ZR 10/18, NJW 2019, 1803 Rn. 26). Auch dieses Verständnis vom Gegenstand einer „Vermittlung“ auf den hiesigen Sachverhalt übertragen, ergibt, dass die Kl. vermittelnd Einfluss auf die Entschließung des Interessenten genommen hat, mit welcher Partnerkanzlei der Interessent einen Vertrag schließt, denn sie hat eine bestimmte Vollmacht einer konkreten Partnerkanzlei übersandt. Ziel war die Mandatsgenerierung. Dafür wurde die Vergütung gefordert und in der Vergangenheit auch gezahlt. Die von den Parteien praktizierte Form der Vergütung erfolgsbezogene Werbung für Mandatsakquise, die der Berechnung der streitgegenständlichen Forderung zugrunde liegt, stellt sich als erfolgsbezogene Vergütung für die Vermittlung von konkreten Mandanten und nicht nur als Werbung oder die anwaltliche Tätigkeit unterstützende Dienstleistungen durch das Bereitstellen einer Software dar. Das Verbot des § 49b III 1 BRAO erfasst nur Provisionszahlungen bzw. die Gewährung von Vorteilen für ein konkret vermitteltes Mandat (BVerfG, Beschl. v. 19.2. 2008 – 1 BvR 1886/06, NJW 2008, 1298 Rn. 24; BGH, Urt. v. 20.6.2016 – AnwZ (Brfg) 26/14, NJW 2016, 3105 Rn. 19). Der Rechtsanwalt darf keine von der Zahl der Mandatserteilungen abhängige Vergütung zahlen (Kleine-Cosack, BRAO, 9. Aufl. 2022, § 49b Rn. 104). Hier handelt es sich nicht nur um ein pauschales Entgelt für die Bereitstellung von Infrastruktur oder Werbung. Die Vergütung sollte erfolgsabhängig zu zahlen sein, weil die Weiterleitung eines Leads erst nach Vollmachtserteilung erfolgt ist. Zwar knüpfte der Zeitpunkt der Bezahlung nicht an die Weiterleitung des Leads an die Partnerkanzlei an, sondern an die Deckungszusage und die Endabrechnung. Was passiert, wenn zwar eine Vollmacht erteilt wird, eine Deckungszusage aber nicht erteilt wird, schildern die Parteien nicht. Darauf kommt es aber deshalb nicht an, weil die verfahrensgegenständlichen Abrechnungen nur Fälle erfassen, in denen eine Deckungszusage erteilt wurde. Der Lead wird daher mit einem Teil der vom Anwalt vereinnahmten Gebühren vergolten. Die Bekl. soll pro Lead bezahlen und ein Lead beinhaltet eine konkrete Vollmacht für ein bestimmtes Mandat. Der Einwand der Kl., das LG habe die Einbindung der Kl. und ihres Leistungsspektrums in die digitalisierte Informationsgesellschaft verkannt, verfängt nicht. In einer sich rasant verändernden digitalisierten Dienstleistungsgesellschaft – so die Kl. – veränderten sich auch die Rahmenbedingungen für Informationsflüsse und die Bereitstellung von Informationen für Interessenten in allen gesellschaftlichen Bereichen. Diese Entwicklung gehe einher mit einer automatisierten Datenerhebung und Datenabfrage durch Beteiligte, die dieser Datenerhebung und Datenweitergabe zustimmen. Einer dieser Dienstleister, der diese Datenerhebung und Bereitstellung für Interessenten anbietet, sei die Kl. Richtig ist, dass die Digitalisierung auch vor der Anwaltschaft nicht halt macht und der Rechtsberatungsmarkt sich durch digitale Dienstleistungen weiter entwickelt (vgl. Inkassodienstleistungen „LexFox“ BGH, Urt. v. 27.11. 2019 – VIII ZR 285/18, NJW 2020, 208; „SammelklageInkasso“ BGH, Urt. v. 13.7.2021 – II ZR 84/20, NZG 2021, 1175; „smartlaw“ BGH, Ur. v. 9.9.2021 – I ZR 113/20, NJW 2021, 3125). Die Kl. hat es allerdings versäumt, ihre Dienstleistung im Rahmen der geltenden BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BRAK-MITTEILUNGEN 4/2023 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 252

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