rechtsanwälten gegenüber den Rechtsanwälten im Allgemeinen entschieden (vgl. zum anwaltlichen Insolvenzverwalter BGH, 24.11.2022 – IX ZB 11/22 Rn. 17). [39] (5) Auch § 173 II ZPO in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung vom 1.1.2022 bis zum 31.12. 2022 steht der Pflicht des Verbandssyndikusrechtsanwalts, den ERV aktiv zu nutzen, nicht entgegen. [40] (a) Der im Berufungsverfahren nach § 64 VII i.V.m. § 50 II ArbGG anwendbare § 173 II ZPO bestimmte in seinem Satz 1 den Personenkreis – darunter Rechtsanwälte –, der verpflichtet ist, einen sicheren Übermittlungsweg für die elektronische Zustellung eines elektronischen Dokuments durch die Gerichte zu eröffnen. Der in Satz 2 genannte Personenkreis – darunter sonstige in professioneller Eigenschaft am Prozess Beteiligte – soll dem nachkommen. Zu den sonstigen professionellen Beteiligten gehören die Verbände i.S.v. § 11 II 2 Nr. 4 und Nr. 5 ArbGG (BT-Drs. 19/28399, 34 f.; Anders/Gehle/Vogt-Beheim, ZPO, 81. Aufl., § 173 Rn. 5; Zöller/ Schultzky, ZPO, 34. Aufl., § 173 Rn. 10.1). [41] (b) Aus der Formulierung „sonstige in professioneller Eigenschaft am Prozess beteiligte Personen“ ist aber nicht zu schließen, dass es sich auch bei Rechtsanwälten i.S.v. § 173 II 1 Nr. 1 ZPO um solche handeln muss, die den Prozess als Bevollmächtigte führen, sodass die Tätigkeit als Verbandssyndikusrechtsanwalt ebenso ausschiede wie die anwaltliche Tätigkeit in eigener Sache. Die Formulierung ist vielmehr in der Zusammenschau zu sehen mit dem Zusatz „bei denen von einer erhöhten Zuverlässigkeit ausgegangen werden kann“. Dieser macht deutlich, dass eine typisierende Betrachtungsweise, losgelöst von den prozessrechtlichen Verhältnissen des jeweiligen Falls anzustellen ist (Zöller/ Schultzky, ZPO, 34. Aufl., § 173 Rn. 8; in diese Richtung auch Anders/Gehle/Vogt-Beheim, ZPO, 81. Aufl., § 173 Rn. 4). Es sollen diejenigen Personen, Vereinigungen und Organisationen erfasst werden, „die aufgrund und im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit regelmäßig mit dem Gericht kommunizieren“ (vgl. BR-Drs. 145/21, 34; Musielak/Voit/Wittschier, ZPO, 20. Aufl., § 173 Rn. 3). [42] (6) Der Annahme der Nutzungspflicht für Verbandssyndikusrechtsanwälte steht ferner nicht entgegen, dass das ArbG und das LAG mit der Bekl. bzw. deren Prozessbevollmächtigten nicht unter Nutzung des ERV korrespondiert haben. Dies beruht auf der gesetzgeberischen Entscheidung in § 46e Ia ArbGG, die Prozessakten verpflichtend erst mit Wirkung vom 1.1.2026 in elektronischer Form zu führen (vgl. zur wortgleichen Bestimmung des § 298a Ia ZPO, BGH, 24.11.2022 – IX ZB 11/22 Rn. 20). [43] e) Die von der Bekl. erhobene Rüge, das LAG habe nicht rechtzeitig auf die Formwidrigkeit der Berufungseinlegung hingewiesen, führt nicht zum Erfolg der Revisionsbeschwerde. Unabhängig von der Frage, ob und ggf. wann ein Hinweis durch das LAG geboten gewesen wäre, wirkt sich der Umstand, dass der Hinweis erst geraume Zeit nach der Einlegung der Berufung erteilt wurde, hier nicht auf das Ergebnis aus. Denn die Bekl. hat in der Berufungsinstanz nichts unternommen, um den eventuellen Mangel zu beseitigen (vgl. zu Art. 103 I GG, BVerfG, 18.8. 2010 – 1 BvR 3268/07 Rn. 28 f. m.w.N). Sie hat weder einen Antrag nach § 233 ZPO auf Wiedereinsetzung in die Berufungseinlegungs- und -begründungsfrist gestellt noch hat sie die maßgeblichen Prozesshandlungen formwirksam nachgeholt. Damit scheidet auch eine Wiedereinsetzung von Amts wegen nach § 236 II 2 ZPO aus. HINWEISE DER REDAKTION: Wird eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt in eigener Sache gerichtlich tätig, besteht für sie oder ihn die Pflicht zur elektronischen Einreichung von Schriftsätzen jedenfalls dann, wenn sie oder er explizit als Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt auftritt (vgl. Schleswig-Holsteinischer AGH, BRAK-Mitt. 2023, 130). Zum Ganzen s. auchNitschke, BRAK-Mitt. 2023, 74, 75 f. KEINE ZULASSUNG ALS SYNDIKUS FÜR GMBH-GESCHÄFTSFÜHRER BRAO §§ 46, 46a; BGB § 611a * 1. Das Anstellungsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers ist grundsätzlich kein Arbeitsvertrag, sondern ein auf die Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramtes gerichteter freier Dienstvertrag. * 2. Arbeitnehmer i.S.d. § 611a BGB ist hingegen, wer durch den Arbeitsvertrag im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. * 3. Neben dem Wortlaut spricht auch die Entstehungsgeschichte der Norm dagegen, das Anstellungsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers als Arbeitsverhältnis i.S.d. § 46 II BRAO anzusehen. Der Begriff des Arbeitsverhältnisses in dieser Vorschrift kann nicht im Sinne eines Oberbegriffs verstanden werden, der auch das Dienstverhältnis umfasst. Bayerischer AGH, Urt. v. 9.5.2023 – BayAGH III-4-19/21 AUS DEM TATBESTAND: Die Beteiligten streiten um die Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt für seine Tätigkeit bei der ... Der Beigeladene hat am 19.10.2006 die Zweite Juristische Staatsprüfung abgelegt und ist seit dem 21.10. 2009 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Auf seinen Antrag hin erteilte die Bekl. dem Beigeladenen mit Bescheid v. 10.10.2016 die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt für die Tätigkeit als Geschäftsführer der ... Am 18.2.2021 verzichtete der Beigeladene auf die Rechte aus der ZulasSYNDIKUSANWÄLTE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2023 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 260
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