Fristen bei Gericht eingegangen, ist das die Rechtsmittelbegründung unwirksam (zum Vorstehenden: KG Berlin, Beschl. v. 22.6.2022 – 3 Ws (B) 123/22, juris-Rn. 7 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das Verteidigerschreiben keine Signatur v. 1.2.2023 nicht, denn es enthält weder eine qualifizierte noch eine einfache Signatur. Die einfache Signatur, also die Wiedergabe des Namens am Ende des Textes (BAG, Beschl. v. 14.9. 2020 – 5 AZB 23/20, juris-Rn. 15; OLG Braunschweig, Beschl. v. 8.4.2019 – 11 U 146/18, juris-Rn. 38; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.9.2021 – 17 W 13/21, jurisRn. 14; OVG Lüneburg, Beschl. v. 31.1.2023 – 13 ME 23/23, juris-Rn. 5; OVG Hamburg, Beschl. v. 12.8.2022 – 6 Bs 57/22, juris-Rn. 9; Greger, in Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 130a Rn. 9), ist gem. § 32a III StPO auch dann zu verlangen, wenn im verwendeten Briefkopf nur ein Rechtsanwalt ausgewiesen ist. Allein die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt genügt im Berufsbezeichnung allein genügt nicht Gegensatz zur Auffassung des BAG (BAG, Beschl. v. 25.8.2022 – 2 AZN 234/ 22, juris-Rn. 2) nicht (OVG Lüneburg, a.a.O., Leitsatz und Rn. 6, 9; OLG Karlsruhe, a.a.O., Leitsatz und Rn. 18). Denn die Signatur soll sicherzustellen, dass die unterzeichnende Person als diejenige erkennbar ist, welche für den Inhalt des Schreibens Verantwortung übernimmt (BGH, Beschl. v. 7.9. 2022 – XII ZB 215/22, juris-Rn. 11; OVG Lüneburg, a.a.O., Rn. 5). Diesem Erfordernis, dem gerade bei der Begründung eines Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde besondere Bedeutung zukommt (vgl. § 80 III 3 OWiG i.V.m. § 345 II StPO), trägt der Beschluss des BAG v. 25.8.2022 nicht ausreichend Rechnung. Selbst wenn sich aus dem Briefkopf lediglich ein einzelner Anwalt ergibt, ist nicht sichergestellt, dass dieser Rechtsanwalt die Verantwortung für den Schriftsatz übernimmt. Vielmehr kann dennoch eine andere Person inhaltlich für den Inhalt des Schreibens verantwortlich sein. So übersieht das BAG zunächst die Möglichkeit, dass weitere Rechtsanwälte in der Kanzlei angestellt oder als freie Mitarbeiter tätig sein können (BGH, Beschl. v. 7.9.2022 – XII ZB 215/22, juris-Rn. 12; OVG Lüneburg, a.a.O., Rn. 9; OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 24). Zudem mag sich ein Rechtsanwalt unter seinem eigenen Briefkopf auch vertreten lassen (OVG Lüneburg, a.a.O., Rn. 9; OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 25). Der Betroffene kann nicht damit gehört werden, dass ein solcher Sachverhalt in seinem Fall nicht vorgelegen hätte, weil der im Briefkopf genannte Verteidiger die Begründung des Zulassungsantrags tatsächlich selbst verantwortet habe. Ob ein Schriftsatz wirksam eingereicht ist, muss sich nämlich bereits zweifelsfrei aus diesem selbst ergeben. Eine spätere Aufklärung der konkreten Verhältnisse (Kanzleiorganisation) wäre mit dem Zweck des Signaturerfordernisses nicht vereinbar (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 24 a.E.). Es geht gerade darum, den verantwortenden Rechtsanwalt ohne Beweisaufnahme oder sonstiges Sonderwissen zu identifizieren (BGH, Beschl. v. 7.9.2022 – XII ZB 215/22, juris-Rn. 11; OLG Karlsruhe, a.a.O.). 2. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist abzulehnen. Es fehlt bereits an der gem. § 45 II 2 StPO (anwendbar über § 46 I OWiG) erforderlichen Nachholung der Begründung des Zulassungsantrags. Ist die Handlung nicht formgemäß vorgenommen worden, muss sie in der vorgeschriebenen Form nachgeholt werden (KG Berlin, Beschl. v. 22.6.2022 – 3 Ws (B) 123/22, jurisRn. 16). Dem genügt das Gesuch nicht. So erfüllt das elektronische Schreiben v. 17.5.2023 die Voraussetzungen schon deshalb nicht, weil es keine Begründung des Zulassungsantrags enthält, sondern nur ausführt, dass „bereits umfassend Stellung genommen“ worden sei. Die umfassende Begründung des Zulassungsantrags v. 1.2.2023 ist aber unwirksam und somit gerade nicht berücksichtigungsfähig. Außerdem ist das Schreiben v. 17.5.2023 zur Begründung des Zulassungsantrags auch deshalb ungeeignet, weil diese gem. § 345 I 1 StPO, § 80 III 3 OWiG beim Ausgangsgericht anzubringen ist. Dass das Wiedereinsetzungsgesuch v. 17.5. 2023 schließlich auch die Frist des § 45 I 1 StPO nicht wahrt, ist vor diesem Hintergrund nicht mehr von Bedeutung. ANMERKUNG: Mit seinem Beschluss v. 9.6.2023 reiht sich das OLG Braunschweig in die Rechtsprechung des OLG Karlsruhe,1 1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.9.2021 – 17 W 13/21, BRAK-Mitt. 2021, 401. des OVG Lüneburg,2 2 OVG Lüneburg, Beschl. v. 31.1.2023 – 13 ME 23/23. des OVG Hamburg3 3 OVG Hamburg, Beschl. v. 12.8.2022 – 6 BS 57/22. sowie des Sächsischen OVG4 4 Sächsisches OVG, Beschl. v. 21.9.2021 – 3 A 542/20, dazu Jungk/Chab/Grams, BRAK-Mitt. 2022, 25, 29. ein, die relativ strenge Anforderungen daran stellt, wann die Voraussetzungen an eine einfache Signatur ausnahmsweise als erfüllt angesehen werden können, obwohl es an der eigentlich erforderlichen Wiedergabe des Namens fehlt. Mit dem OLG Braunschweig hat sich nunmehr ein Obergericht explizit gegen die Entscheidung des BAG5 5 BAG, Beschl. v. 25.8.2022 – 2 AZN 234/22, BRAK-Mitt. 2022, 338 mit Anm. Nitschke. gestellt. Das BAG hatte es in der genannten Entscheidung als einfache Signatur ausreichen lassen, wenn ein Schriftsatz lediglich mit „Rechtsanwalt“ gezeichnet war und sich aus dem Briefkopf nur ein einzelner Rechtsanwalt ergab. Denn dann sei ohne Beweisaufnahme klar, dass der aus dem Briefkopf ersichtliche Rechtsanwalt die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen habe. Dagegen wendet sich das OLG Braunschweig – im Anschluss an die genannten Obergerichte – und weist darauf hin, dass selbst dann, wenn sich aus dem Briefkopf lediglich ein einzelner Rechtsanwalt ergebe, nicht sichergestellt sei, dass dieser Rechtsanwalt die Verantwortung für den Schriftsatz übernehme. Denkbar und nicht selten seien Fälle, in denen angestellte BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2023 269
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