PROZESSUALES FEHLENDER WILLE ZUR ENTGEGENNAHME EINES SCHRIFTSTÜCKS BRAO § 55 II 4; ZPO §§ 175 I, 189 Der fehlende Wille des Prozessbevollmächtigten, das ihm per Empfangsbekenntnis übermittelte Schriftstück als zugestellt entgegenzunehmen, führt zur Unwirksamkeit einer Zustellung nach § 175 I ZPO (BGH, Urt. v. 14.9.2011 – XII ZR 168/09, BGHZ 191, 59 Rn. 16). Ein solcher Zustellungsmangel ist auch nicht gem. § 189 ZPO heilbar (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.1988 – VI ZR 226/87 Rn. 18; Beschl. v. 13.1.2015 – VIII ZB 55/14 Rn. 12). Dies gilt auch dann, wenn im Zeitpunkt des Zugangs des Schriftstücks eine Prozessvollmacht des Zustellungsadressaten, etwa gem. §§ 87 I ZPO i.V.m. § 55 II 4 BRAO, besteht. (Rn. 11 und 13) OLG Bremen, Beschl. v. 13.6.2023 – 2 W 23/23 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Gemäß § 14 BORA muss ein Rechtsanwalt ordnungsgemäße Zustellungen von Gerichten, Behörden und Rechtsanwälten entgegennehmen und das Empfangsbekenntnis mit dem Datum versehen unverzüglich erteilen. Wenn der Anwalt bei einer nicht ordnungsgemäßen Zustellung die Mitwirkung verweigert, hat er dies dem Absender unverzüglich mitzuteilen. GELDWÄSCHE ANGESTELLTER RECHTSANWALT ALS VERPFLICHTETER NACH DEM GWG GwG 2017 § 2 I Nr. 10 Ein Rechtsanwalt wirkt auch dann i.S.d. § 2 I Nr. 10 GwG 2017 an einem der dort genannten Kataloggeschäfte mit, wenn er Angestellter der beauftragten Kanzlei ist, das Mandat nicht mit ihm persönlich abgeschlossen wurde und er bei dessen Bearbeitung nur Zuarbeit leistet, ohne nach außen aufzutreten. VGH München, Beschl. v. 11.7.2023 – 22 ZB 21.121 AUS DEN GRÜNDEN: I. Der Kl. wendet sich gegen eine aufgrund des Geldwäschegesetzes erlassene Prüfungsanordnung hinsichtlich seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt. Der Kl. ist seit 1999 als angestellter Rechtsanwalt in einer in Augsburg ansässigen Kanzlei tätig und im Kammerbezirk der Bekl. zugelassen. Die Kanzlei ist in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert. Mit einem an den Kl. persönlich adressierten Schreiben v. 15.6.2018 teilte die Bekl. diesem mit, Rechtsanwälte seien in Abhängigkeit vom Inhalt eines Mandats Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz. Die Rechtsanwaltskammern übten die Aufsicht über die Verpflichteten aus und hätten die Einhaltung der im Geldwäschegesetz festgelegten Anforderungen zu überprüfen. Es müsse zunächst erhoben werden, wer Verpflichteter nach dem Geldwäschegesetz sei. Die Erhebung erfolge bei mindestens 10 % der Mitglieder durch Zufallsziehung, in deren Rahmen der Kl. gezogen worden sei. Er werde daher um Auskunft ersucht, ob und an welchem Kataloggeschäft i.S.v. § 2 I Nr. 10 GwG er im Jahr 2017 für einen Mandanten mitgewirkt habe und ob er im Jahr 2017 im Namen und auf Rechnung eines Mandanten Finanz- oder Immobilientransaktionen durchgeführt habe. Für die Auskunftserteilung stehe ein Online-Erhebungsbogen bereit. Mit Schreiben v. 29.6.2018 übermittelte der Kl. der Bekl. den ausgefüllten Fragebogen, in dem er die Mitwirkung an vier von sieben der dort genannten Kataloggeschäfte im Jahr 2017 bejahte. Mit Bescheid v. 16.11.2018 ordnete die Bekl. gegenüber dem Kl. persönlich eine Prüfung zur Einhaltung der im Geldwäschegesetz festgelegten Anforderungen nach § 51 III GwG an. Die Prüfungsanordnung ergehe an den Kl. als Verpflichteten i.S.v. § 2 I Nr. 10 GwG. Es würden 2 % aller Verpflichteten geprüft, wobei die Auswahl per Zufallsziehung aus den im Wege der vorausgegangenen Erhebung festgestellten Verpflichteten erfolge. Die Prüfung erstrecke sich auf die Einhaltung der Bestimmungen betreffend Risikomanagement (Risikoanalyse, interne Sicherungsmaßnahmen, §§ 4, 5, 6 GwG); Sorgfaltspflichten (§§ 10 ff. GwG), Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten (§ 8 GwG) sowie Meldepflichten und Pflichten in diesem Zusammenhang (§§ 43 ff. GwG). Es werde um Ausfüllung und Rückleitung eines BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2023 341
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