BRAK-Mitteilungen 5/2023

Prüfbogens gebeten; unter Umständen werde um Vorlage weiterer Unterlagen ersucht sowie eine Vor-Ort-Prüfung angeordnet werden. Der Kl. sei zur Auskunftserteilung gesetzlich verpflichtet. Der beigefügte Prüfbogen enthielt Fragen zu persönlichen Angaben, zur Kanzlei, zu Kataloggeschäften und Transaktionen i.S.v. § 2 I Nr. 10 Buchst. a und b GwG, zum Risikomanagement, zu Sorgfaltspflichten, zu Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten sowie zur Meldepflicht. Mit an die Bekl. gerichtetem Schriftsatz v. 31.1.2019 führte der Kl. aus, dass nach nochmaliger Prüfung, insb. unter Beachtung des Anwendungsbeginns der Änderung des Geldwäschegesetzes zum 26.6.2017, seine Mitteilung zur Verpflichteteneigenschaft nach dem Schreiben v. 29.6.2018 gegenstandslos sei; stattdessen habe er nur in einem Fall im Prüfzeitraum an einem Kauf oder Verkauf von Immobilien mitgewirkt. Der Kl. erhob Klage gegen den Bescheid zum VG München mit dem Antrag, die Prüfungsanordnung gem. Bescheid v. 16.11.2018 (Prüfungsanordnung/Routineprüfung im Rahmen der Geldwäscheaufsicht durch die Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk München), Aktenzeichen P-21070, sei nichtig. Hilfsweise beantragte der Kl., die Prüfungsanordnung gem. Bescheid v. 16.11.2018 (Prüfungsanordnung/Routineprüfung im Rahmen der Geldwäscheaufsicht durch die Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk München), Aktenzeichen P-21070, aufzuheben. Das VG München verwies den Rechtsstreit mit Beschl. v. 28.1.2019 an das VG Augsburg. Das VG Augsburg wies die Klage mit Urt. v. 24.9.2020 ohne mündliche Verhandlung ab. Die Klage sei sowohl im Haupt- wie auch im Hilfsantrag unbegründet. Der Bescheid sei nicht nichtig i.S.v. Art. 44 BayVwVfG. Die Bekl. sei nach § 50 Nr. 3 GwG die zuständige Aufsichtsbehörde und daher befugt, die Prüfungsanordnung gegenüber dem Kl. zu erlassen. Der Bescheid finde seine Rechtsgrundlage in § 51 III 1 i.V.m. § 52 II GwG in der im Zeitpunkt des Bescheiderlasses geltenden Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Transferverordnung und zur Neuordnung der Zentralstelle für Finanztraktionsuntersuchungen v. 23.6. 2017 (BGBl I, 1822). Das Geldwäschegesetz sei in dieser Fassung anwendbar, da der angefochtene Bescheid sich als einmalige Anordnung auf einen zurückliegenden abgeschlossenen Zeitraum beziehe. Der Bescheid sei nicht deshalb nichtig, weil die darin enthaltene Prüfungsanordnung auch den Zeitraum v. 1.1. bis zum 25.6.2017 erfasse. Zwar sei das Änderungsgesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie erst am 26.6.2017 in Kraft getreten. Die Bekl. habe aber eine Prüfung des kompletten Jahres 2017 anordnen dürfen. Die Prüfungsanordnung der Bekl. sei so ausgestaltet, dass die Pflichten, deren Einhaltung abgefragt werde, bereits vor Erlass des Umsetzungsgesetzes zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie gesetzlich geregelt gewesen seien. Der Kl. habe nicht erst seit Juni 2017, sondern im kompletten Jahr 2017 als Verpflichteter nach § 2 I Nr. 10 GwG bzw. § 2 I Nr. 7 GwG a.F. gegolten. Zudem handele es sich bei den dem Kl. nach dem Geldwäschegesetz auferlegten Pflichten um Dauerverpflichtungen, die er jeweils im kompletten Jahreszeitraum zu erfüllen habe. Nach den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts erfassten Rechtsänderungen im Zweifel grundsätzlich alle bei ihrem Inkrafttreten anhängigen Fälle, sofern das Gesetz nicht mit hinreichender Deutlichkeit etwas Abweichendes bestimme. Rechtsänderungen seien jedoch im Zweifel auf zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bereits bestandskräftig abgeschlossene Rechtsverhältnisse nicht anwendbar. Daher richte sich die Beurteilung eines Sachverhalts grundsätzlich nach dem Recht, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten habe. Da im vorliegenden Fall innerhalb des Jahres 2017 kein abgeschlossener Sachverhalt gegeben gewesen sei, sondern der Kl. im Rahmen dieses Zeitraums die ihm auferlegten Pflichten wiederholt und dauerhaft zu erfüllen habe, sei es ausreichend, wenn die Rechtsgrundlage für den fraglichen Bescheid zum Zeitpunkt seines Erlasses in Kraft getreten und anwendbar gewesen sei. Der Bescheid erweise sich als rechtmäßig. Der Kl. unterfalle auch als angestellter Rechtsanwalt der Verpflichteteneigenschaft nach § 51 III 1 i.V.m. § 2 I Nr. 10 GwG, da er nach eigenem Bekunden an einem Kataloggeschäft i.S.v. § 2 I Nr. 10 Buchst. a Doppelbuchst. aa GwG mitgewirkt habe. Rechtsanwälte seien nur dann und insoweit geldwäscherechtlich Verpflichtete, als sie Tätigkeiten aus einem Kataloggeschäft gem. § 2 Nr. 10 Buchst. a bis e GwG erbrächten. Historischer Ausgangspunkt der Verpflichtung von Rechtsanwälten im Hinblick auf die in § 2 I Nr. 10 GwG aufgeführten Tätigkeiten seien die Empfehlungen der sog. „Financial Action Task Force on Money Laundering“ (FATF) Mitte der neunziger Jahre gewesen. In diesen Empfehlungen werde unter Ziffer 11 darauf hingewiesen, dass Banken und Finanzinstitute die Identität der Kunden kennen sollten, selbst wenn sie von Anwälten vertreten würden oder ein Anwalt als Vermittler auftrete. In der Version der FATFEmpfehlungen 2003 seien Anwälte in Ziff. 12 Buchst. d als Verpflichtete aufgeführt worden. Auf europäischer Ebene seien Rechtsanwälte erstmals in Art. 1 Nr. 2 der RL 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 4.12.2001 zur Änderung der RL 91/308/EWG des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (2. EU-Geldwäscherichtlinie) in Erscheinung getreten. National seien sie erstmals durch das Gesetz zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung v. 13.8.2008 erwähnt worden, das der Umsetzung der Dritten EU-Geldwäscherichtlinie gedient habe. Die heutige Fassung des § 2 I Nr. 10 GwG lehne sich an Ziff. 22 Buchst. d und Ziff. 23 Buchst. a der aktuellen FATF-Empfehlungen 2012 und die nahezu gleichlautende Vorschrift in Art. 2 I Nr. 3 Buchst. b der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie an. Hintergrund der Einbeziehung von BRAK-MITTEILUNGEN 5/2023 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 342

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