BRAK-Mitteilungen 5/2023

Rechtsanwälten in den Kreis der Verpflichteten sei der Missbrauch von deren Tätigkeit für Geldwäsche und zur Terrorismusfinanzierung. Erforderlich sei die Mitwirkung der Verpflichteten an der Planung und Durchführung der im Katalog des § 2 I Nr. 10 GwG beschriebenen Geschäfte. Eine Mitwirkung liege bei jeder begleitenden Rechtsberatung vor. Unerheblich hierbei sei, ob ein Mandatsverhältnis unmittelbar zu dem Berufsträger persönlich oder zu einer Kanzlei bestehe (Verweis auf BT-Drs. 19/13827, 71). Auch angestellte Rechtsanwälte gehörten zum Kreis der nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten. Ausnahmen ließen sich weder dem Wortlaut noch den Gesetzesmaterialien entnehmen. Einer zu weiten Auslegung werde durch das Merkmal der „Mitwirkung an der Planung oder Durchführung“ eines Kataloggeschäfts entgegengewirkt. Es könne daher auch keinen Unterschied machen, ob lediglich die Sozietät das Vertragsverhältnis zu dem Mandanten eingehe. Das Merkmal „für den Mandanten“ sei nicht dahingehend auszulegen, dass eine vertragliche Beziehung zwischen dem verpflichteten Rechtsanwalt und dem Mandanten bestehen müsse. Vielmehr reiche ein Vertragsverhältnis zwischen dem Mandanten und der Kanzlei, wenn der Rechtsanwalt an dem Kataloggeschäft für den Mandanten mitwirke. Der Kl. könne sich seiner Pflichten nicht dadurch entledigen, dass er lediglich als angestellter Rechtsanwalt auf Geheiß des federführenden Partners in das Mandat eingebunden worden sei. Denn selbst wenn er über keinen eigenständigen Entscheidungsrahmen verfügt haben sollte, sondern lediglich ausführend tätig geworden sei, habe er an dem Kataloggeschäft mitgewirkt. Dabei komme es nicht auf den Grad der Mitwirkung an, sondern darauf, ob von der Mitwirkung die dem Kataloggeschäft typischerweise innewohnenden Gefahren ausgehen könnten. Dem stehe nicht entgegen, dass der Kl. nach seiner Auffassung die ihm durch das Geldwäschegesetz auferlegten Pflichten nur schwer erfüllen könne. Zwar könnten durch die gesetzliche Konzeption, nach der stets der einzelne Berufsträger selbst verpflichtet werde, erhebliche Verwerfungen für den jeweiligen Verpflichteten entstehen. Im Ergebnis führten die vom Kl. aufgeworfenen Umsetzungsprobleme aber nicht dazu, dass er von seinen gesetzlichen Pflichten befreit würde. Die Identifizierungspflicht nach § 11 GwG könne von ihm erfüllt werden. Zwar seien Rechtsanwälte grundsätzlich vor Annahme bestimmter Mandate zur Identifizierung und Überprüfung des Mandanten verpflichtet; diese Pflicht sei von dem einzelnen Verpflichteten selbst vorzunehmen. Im Fall eines angestellten Rechtsanwaltes dürfte es aber ausreichen, wenn dieser vor der Mitwirkung an einem Kataloggeschäft die seitens der Kanzlei bei Abschluss des Mandatsverhältnisses vorgenommene Identifizierung nachvollziehe. Nichts Anderes gelte hinsichtlich des Risikomanagements. Ein angestellter Rechtsanwalt könne sich auf die Risikoanalyse (§ 5 GwG) seines Arbeitgebers hinsichtlich des jeweiligen Mandats beziehen; dies sei keine bloße Förmelei, da der Angestellte die Risikoanalyse des Arbeitgebers überprüfen und ergänzen könne. In Bezug auf die internen Sicherungsmaßnahmen (§ 6 GwG) gelte das Gleiche. Allerdings könnten die in § 6 II GwG beispielhaft aufgeführten Sicherungsmaßnahmen nicht von einem angestellten Rechtsanwalt erfüllt werden; der Kl. sei insoweit nicht beschwert. § 6 III GwG stelle klar, dass die Verpflichtungen zu Sicherungsmaßnahmen bei Angestellten dem Unternehmen oblägen. Als Unternehmen seien insoweit nicht nur juristische Personen, sondern auch „Freiberufler-Kanzleien“ zu verstehen. Zwar spreche Art. 46 I 3 der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie von der Tätigkeit bei einer „juristischen Person“. Es sei aber mit dem Sinn und Zweck der Richtlinie sowie des nationalen Umsetzungsgesetzes nicht vereinbar, darunter nur Rechtsanwälte zu fassen, die als Syndikusanwälte für Unternehmen oder für in der Rechtsform einer juristischen Person organisierte Kanzleien tätig seien. Nach Auffassung des Gerichts sei die Norm so auszulegen, dass in ihren Anwendungsbereich auch ein Zusammenschluss von Rechtsanwälten gleich welcher Rechtsform falle. Selbst wenn der Kl. als angestellter Rechtsanwalt nicht unter die für ihn günstige Regelung des § 6 III GwG falle, könne daraus nicht gefolgert werden, dass der Gesetzgeber angestellte Rechtsanwälte, die nicht bei einer juristischen Person angestellt seien, vollständig aus dem Kreis der Verpflichteten habe ausnehmen wollen. Es bestünden auch keine Bedenken gegen die Heranziehung des Kl. als Verpflichteter unter dem Aspekt der Auswahl durch eine von der Bekl. durchgeführte Zufallsziehung. Die Verwendung von Losverfahren sei anerkannt, wenn das Ergebnis im Übrigen nachvollziehbar, transparent und willkürfrei sei (Bezugnahme auf OVG NW 15.5.2017 – 4 A 1504.15 – juris zur Vergabe von Standplätzen). Die Anforderungen an Nachvollziehbarkeit, Transparenz und Willkürfreiheit seien vorliegend erfüllt. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Bekl. in einer ersten Stufe eruiert habe, in welcher Anzahl die in ihrem Zuständigkeitsbereich tätigen Rechtsanwälte überhaupt Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz sein könnten und hierzu im Rahmen einer Zufallsauswahl 10 % der Rechtsanwälte (2.162 Personen) angeschrieben und aufgefordert habe, einen Erhebungsbogen auszufüllen. Die Auswahl der 2.162 Rechtsanwälte sei mithilfe eines Computerprogramms erfolgt. Dabei sei jedem einzelnen Mitglied der Bekl. zufällig eine Zahl zugewiesen worden; anschließend hätten die 10 % der Mitglieder als ausgewählt gegolten, denen die kleinste Zufallszahl zugewiesen worden sei. Auch die Verfahrensweise, in einem zweiten Schritt die Mitglieder für die schriftliche Prüfung nach dem GwG zu ziehen, sei rechtskonform. Hierzu sei ausgewertet worden, wie viele der zunächst angeschriebenen Rechtsanwälte ihren eigenen Angaben entsprechend im Prüfzeitraum an Kataloggeschäften teilgenommen hätten, woraus der prozentuale Anteil (28,08 %) und die Zahl der potentiell Verpflichteten (6.071 Mitglieder) ermittelt worden seien. Aufgrund einer zuvor erfolgten bundesweiten Abstimmung unter den RAKn sei dann an 2 % der ermittelGELDWÄSCHE BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2023 343

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