BRAK-Mitteilungen 6/2023

zum 1.11.2022 eine Zulassung beantragen. Ist dies erfolgt, haben sie nach dem Wortlaut des Gesetzes die Befugnisse nach den §§ 59k und 59l BRAO, d.h. die Rechtsdienstleistungsbefugnis und die Postulationsfähigkeit bis zur Entscheidung der zuständigen Rechtsanwaltskammer über den gestellten Antrag. Sollte gleichwohl eine zulassungspflichtige Gesellschaft, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits bestanden hat, den Antrag bislang nicht gestellt haben, könnte sie ihre Rechtsdienstleistungsbefugnis gem. § 59k BRAO und Postulationsfähigkeit gem. § 59l BRAO verloren haben.13 13 Deckenbrock, NJW 2022, 3688. b) NACH INKRAFTTRETEN VOM 1.8.2022 GEGRÜNDETE, ZULASSUNGSPFLICHTIGE GESELLSCHAFTEN Nach § 59k BRAO sind Berufsausübungsgesellschaften befugt, Rechtsdienstleistungen i.S.d. § 2 RDG zu erbringen. Sie handeln durch ihre Gesellschafter und Vertreter, in deren Person die für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen müssen. Dies gilt unbenommen einer Zulassungspflicht, d.h. insb. auch für Gesellschaften ohne Zulassungspflicht. Was genau gilt, wenn anwaltliche Gesellschaften nach dem 1.8.2022 gegründet wurden und werden und zulassungspflichtig sind, aber keinen Zulassungsantrag stellen, ist vor diesem Hintergrund diskussionsbedürftig. Sind sie gleichsam zur Rechtsdienstleistung befugt, weil es die nicht zulassungspflichtigen Gesellschaften auch ohne Zulassung sind, oder „beginnt“ ihre Rechtsdienstleistungsbefugnis und Postulationsfähigkeit erst mit Zulassung? Nach der Intention des Gesetzgebers spricht viel dafür, dass die Rechtsdienstleistungsbefugnis wie auch die Postulationsfähigkeit der zulassungspflichtigen BAGen erst mit Zulassung entsteht. Die Zulassungspflicht dient dem Schutz einer funktionierenden Rechtspflege und ist auf das zur Erreichung dieses Ziels unbedingt erforderliche Maß beschränkt. Die Pflicht zur Zulassung ist auf solche Fälle beschränkt, in denen die Zulassung erforderlich ist, um die Einhaltung der für den Rechtsanwaltsberuf erforderlichen Berufspflichten sicherzustellen. Dies ist insb. der Fall, wenn die Haftung der Gesellschaft beschränkt ist oder ein Teil der Gesellschafter nicht der Rechtsanwaltskammer oder einer vergleichbaren Kammer angehört.14 14 BT-Drs. 19/27670, 136. 7. FAZIT ZUM ANTRAGSVERFAHREN Das Antragsverfahren erscheint überladen, begründet durch die gesetzlichen Vorgaben, was die Rechtsanwaltskammern zu den BAGen zu hinterlegen haben. Dass dies zum Unmut der Antragsteller führt, ist nachzuvollziehen, immerhin haben sie nunmehr dieselben Daten an ein Register sowie an jede Berufskammer zu übermitteln, die zuständig ist. Bei einer Kanzlei, die neben Rechtsdienstleistungen z.B. auch Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung erbringt, müssen die Daten daher an z.B. das Handelsregister oder auch Partnerschaftsregister gemeldet werden, sodann an die Rechtsanwaltskammer, die Steuerberaterkammer und die Wirtschaftsprüferkammer. Die dadurch entstehende Bürokratie ließe sich vermeiden, wenn alle BAGen in ein öffentliches Register eintragungspflichtig würden und ins Rechtsanwaltsverzeichnis nur noch diejenigen Daten eingetragen werden, die nicht ohnehin im Register stehen. Solange die gesetzlichen Eintragungspflichten der Berufskammern fortbestehen, lässt sich aber wohl leider am Umfang des Antragsverfahrens nichts ändern. III. NACH DER ZULASSUNG – NEUE MITGLIEDSCHAFTEN IN DER RECHTSANWALTSKAMMER UND EINE MODIFIZIERTE BERUFSAUFSICHT Mit der Zulassung wird die BAG nach § 59f III BRAO Mitglied der zulassenden Rechtsanwaltskammer. Es entsteht eine Mitgliedschaft, ebenso wie sie vor der großen BRAO-Reform nur für natürliche Personen bestand. Daneben entstehen nach § 60 II Nr. 3 BRAO aufgrund der Zulassung der Gesellschaft Mitgliedschaften von nichtanwaltlichen Personen, welche nun auch an das anwaltliche Berufsrecht gebunden sind. 1. DIE BERUFSAUSÜBUNGSGESELLSCHAFT NACH § 59b ff. BRAO a) BERUFSAUFSICHT UND BERUFSPFLICHTEN DER BAG aa) BERUFSAUFSICHT Wenn sich mehrere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zur gemeinsamen Berufsausübung in einer BAG zusammengetan haben, wird regelmäßig die BAG Vertragspartnerin des Mandanten und damit auch Mandatsträgerin. Gleichwohl unterlag bisher nicht diese Mandatsträgerin der Berufsaufsicht, sondern nur die einzelnen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Zwar war auch die Rechtsanwaltsgesellschaft alten Rechts nach § 59m II BRAO a.F. Adressatin von Berufspflichten, das Recht der Rüge durfte ihr gegenüber jedoch nicht ausgeübt werden; Adressat einer Rüge waren im Hinblick auf diese Gesellschaften nach §§ 74 VI, 74 I BRAO lediglich die Geschäftsführer der Rechtsanwaltsgesellschaften i.S.v. § 60 II Nr. 3 BRAO a.F. Verstießen nun (sonstige) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in ihrer beruflichen Tätigkeit gegen Berufspflichten, so waren grundsätzlich nur diese Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Adressaten des Rügerechtes der Rechtsanwaltskammern nach § 74 BRAO und eventuell anschließender anwaltsgerichtlicher Verfahren nach §§ 113 ff. BRAO. Aufgrund der umfassenden Verschwiegenheitspflicht der RechtsanwaltskamLÖWE/THEUS/WALLNER, EIN JAHR BERUFSAUSÜBUNGSGESELLSCHAFTEN BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 AUFSÄTZE 362

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