BRAK-Mitteilungen 6/2023

Gesellschafter vorgesehen. Diese ist nur vorgesehen für diejenigen Gesellschafterinnen und Gesellschafter denen aufgrund ihrer Gesellschafterstellung in Personengesellschaften gleichzeitig die Funktion eines Mitglieds des Geschäftsführungsorgans der Berufsausübungsgesellschaft zukommt.“ Mit guten Gründen vertreten einige Kammern die Auffassung, dass nur diejenigen Gesellschafter „geschäftsführungsbefugt“ i.S.d. § 60 II Nr. 3 sind, die umfassend zur Führung der Geschäfte der BAG befugt sind. Auch für Prokuristinnen und Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte zum gesamten Geschäftsbetrieb gelten im Wesentlichen die Regelungen für Mitglieder der Geschäftsführung bzw. eines Aufsichtsorgans, § 59j VII BRAO. 3. NICHTANWALTLICHE MITGLIEDER NACH § 60 II BRAO a) PFLICHTEN DER NICHTANWALTLICHEN MITGLIEDER Anders als die nichtanwaltlichen Gesellschafter werden die nichtanwaltlichen Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen einer BAG Kammermitglied, § 60 II Nr. 3 BRAO. Nach Auffassung des Gesetzgebers war diese Regelung erforderlich, weil er nach der Öffnung des Gesellschafterkreises auf Mehrheitserfordernisse in Berufsausübungsgesellschaften verzichtet hat und seiner Ansicht nach nur durch eine Aufsicht auch über diesen nichtanwaltlichen Personenkreis durch die Rechtsanwaltskammern die Einhaltung des anwaltlichen Berufsrechtes gewährleistet werden konnte.18 18 Vgl. BT-Drs. 19/27670, 131. Eine solche Aufsicht durch die Rechtsanwaltskammern setzt jedoch die Kammermitgliedschaft voraus, denn der Vorstand der Rechtsanwaltskammer darf nur seine Mitglieder beraten und belehren (§ 73 II Nr. 1 BRAO) und er darf nur die Pflichten seiner Mitglieder überwachen und ihnen gegenüber das Recht der Rüge handhaben (§ 73 II Nr. 4 BRAO). Diese nichtanwaltlichen Pflichtmitglieder sind nun nach der Neuregelung auch verpflichtet, im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit das anwaltliche Berufsrecht zu wahren (§ 59j V 1 BRAO) – jedenfalls dann, wenn es von ihrer Tätigkeit tangiert wird, indem ein Bezug zur Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten besteht (§ 59e III BRAO). Sie sind nach § 59j IV BRAO zudem dazu verpflichtet, für die Einhaltung des Berufsrechtes in der gesamten Berufsausübungsgesellschaft zu sorgen. An diese Verpflichtungen knüpft nunmehr die neu geschaffene Aufsicht der Rechtsanwaltskammer an, indem das Recht der Rüge auch gegenüber diesen nichtanwaltlichen Pflichtmitgliedern ausgeübt werden kann (§§ 59j V 2, 74, 74a BRAO) und auch sie Adressaten anwaltsgerichtlicher Aufsichtsverfahren sein können (§§ 59j V 2 und 3, 113 ff. BRAO). Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die schärfste Sanktion der Berufsaufsicht gegen nichtanwaltliche Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen gem. § 59j V 3 BRAO die „Aberkennung der Eignung“ für eine Geschäftsführungs- oder Aufsichtstätigkeit in einer BAG ist: denn dieses Verbot dürfte nicht unter § 10 BZRG fallen, weil danach in das Zentralregister nur Entscheidungen der Untersagung eines „Berufes“ eingetragen werden – die Geschäftsführungs- und Aufsichtstätigkeit in einer BAG ist aber kein „Beruf“. Es ist also zu befürchten, dass diese Sanktion, abgesehen von der akut ausgeübten Tätigkeit, unbemerkt und damit wirkungslos bleibt. b) RECHTE DER NICHTANWALTLICHEN MITGLIEDER NACH § 60 II BRAO Auch die Pflichtmitglieder werden zwar Mitglied der Rechtsanwaltskammer, sind aber aus den gleichen Gründen wie die BAG nicht passiv wahlberechtigt. Auch hier steht § 65 S. 1 Nr. 2 BRAO entgegen, denn die nichtanwaltlichen Pflichtmitglieder üben gerade nicht den Beruf des Rechtsanwalts aus. Die nichtanwaltlichen Pflichtmitglieder sind jedoch nach § 88 II BRAO aktiv wahl- und stimmberechtigt. c) KAMMERMITGLIEDSCHAFT DER NICHTANWALTLICHEN MITGLIEDER NACH § 60 II NR. 3 BRAO Für Aufsehen unter den verkammerten Berufsträgern sorgt, dass dieser Personenkreis nun per Gesetz Mitglied nicht nur seiner eigenen Berufskammer, sondern Mitglied gleich mehrerer Berufskammern wird. Hat sich eine Rechtsanwältin beispielsweise mit einem Steuerberater und einer Wirtschaftsprüferin zusammengetan, die alle gleichberechtigt die Geschicke der BAG leiten, so wird die Rechtsanwältin nun per Gesetz auch Mitglied der Steuerberaterkammer (§ 74 II StBerG) und der Wirtschaftsprüferkammer (§ 58 I WPO); entsprechendes gilt für ihre Sozien, die auch Mitglied der Rechtsanwaltskammer werden. Die mehrfachen Mitgliedschaften führen u.a. dazu, dass die entsprechenden Personen bei jeder dieser Kammern den Kammerbeitrag entrichten müssen, welcher nach den Beitragsordnungen der Kammern jeweils an die Mitgliedschaft knüpft. Diese Anknüpfung ist sachgerecht, da die Pflichtmitglieder als vollwertiges Mitglied einen ebenso großen Verwaltungsaufwand erzeugen, wie – im Falle der Rechtsanwaltskammern – jedes anwaltliche Mitglied; auch die Datenverwaltung unterscheidet sich nicht von der der anwaltlichen Mitglieder und auch die Mitglieder der Geschäftsführungsund Aufsichtsorgane können – wie beschrieben – Adressat aufsichtsrechtlicher Verfahren sein. Trotz der Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer erhalten die nichtanwaltlichen Mitglieder aber kein beA – denn sie sind nicht in das Gesamtverzeichnis (der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte) der Rechtsanwaltskammer eingetragen, § 31a I BRAO. Das hat in vielen Kammern zu Diskussionen geführt, ob die nichtanwaltlichen Mitglieder gleichwohl an der Finanzierung des beA beteiLÖWE/THEUS/WALLNER, EIN JAHR BERUFSAUSÜBUNGSGESELLSCHAFTEN AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 365

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