ligt werden sollten. Dass die nichtanwaltlichen Mitglieder kein beA erhalten, ist systemgerecht; gleichzeitig muss für die Kammern gewährleistet sein, dass sie diese Mitglieder zuverlässig, einfach und wirksam erreichen können, z.B. für die Einberufung der Kammerversammlung. Das Thema verlöre an Bedeutung, wenn es zukünftig weniger nichtanwaltliche Mitglieder in den Kammern gäbe, dazu sogleich. Gegen die Feststellung dieser Mitgliedschaften und die daran anknüpfenden Beitragspflichten wurde bei den Rechtsanwaltskammern eine Vielzahl von Widersprüchen erhoben bzw. es wurden gegen die entsprechenden Feststellungs- oder Gebührenbescheide Klagen bei den zuständigen Anwaltsgerichtshöfen eingereicht. Der Bayerische AGH hat hier beispielsweise die Mitgliedschaft eines Steuerberaters in der Rechtsanwaltskammer bestätigt.19 19 Bayerischer AGH, Urt. v. 25.7.2023 – BayAGH III-4-5/23 n.rkr., BRAK-Mitt. 2023, 395 ff. (in diesem Heft). Dieser Steuerberater war als solcher bereits Mitglied der Steuerberaterkammer und geschäftsführender Gesellschafter einer Partnerschaftsgesellschaft, welche als anwaltliche Berufsausübungsgesellschaft von der Rechtsanwaltskammer München zugelassen worden war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.20 20 Die Berufung ist beim BGH anhängig zum Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 35/23. Es bleibt somit abzuwarten, ob der Gesetzgeber hier nachbessern wird. Denn die mehrfachen Mitgliedschaften erscheinen nicht erforderlich, um eine effektive Aufsicht über die BAGen zu gewährleisten – die BAG selbst unterliegt den Berufspflichten und der Berufsaufsicht durch die Kammer und die Anwaltsgerichte. Es gibt deshalb Überlegungen, die Regelungen in § 60 II Nr. 3 BRAO (und die entsprechenden Regelungen im StBG und der WPO) so zu ändern, dass – wenn überhaupt – nur noch wenige berufsfremde Geschäftsführer der BAG Mitglied der berufsfremden Kammer werden.21 21 Zum Ganzen und mit einem Lösungsvorschlag z.B. Römermann/Beyme, AnwBl Online 2023, 236. Konsequenterweise müsste dann allerdings auch § 59j V 2 BRAO geändert werden, weil die Nicht-Mitglieder nicht der Berufsaufsicht von Kammer und Anwaltsgericht unterliegen können. 4. PROZESSUALES Es ist zu erwarten, dass die Komplexität und der Aufwand für die Berufsaufsicht deutlich zunehmen werden. Denn weil jedenfalls ein erheblicher Teil der Anwaltschaft in BAGen tätig ist (nach der STAR-Erhebung 202022 22 https://www.brak.de/fileadmin/04_fuer_journalisten/star-2020/star2020_ergeb nisbericht_02-2021.pdf#page=120. war dies jedenfalls über die Hälfte der Berufsträger), wird zukünftig bei jedem Berufsrechtsverstoß zu prüfen sein, wen eine Verantwortung dafür trifft: a) die unmittelbar handelnde Person? b) die Personen in der BAG, die die Tätigkeit der handelnden Person überwachen? c) die Leitungs- und Aufsichtsorgane der BAG?, d) die BAG selbst? Besonders schwierig wird es dann werden, wenn Personen aus verschiedenen Kammerbezirken involviert sind: so ist denkbar, dass ein Rechtsanwalt in Hamburg gehandelt hat, die das Mandat überwachende Partnerin in Hannover sitzt, die Geschäftsleitung der BAG in Koblenz und die BAG selbst in Erfurt. Zuständig für die Prüfung der Berufsrechtsverstöße sind jeweils die Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied eines Berufsrechtsverstoßes verdächtigt wird (§ 73 II Nr. 4 BRAO) und das Anwaltsgericht am Sitz der Rechtsanwaltskammer, welcher das Mitglied zur Zeit der Einleitung des Verfahrens angehört (§ 119 II BRAO) – also vier Rechtsanwaltskammern und vier Anwaltsgerichte. Jedenfalls in der BRAO finden sich keine Vorschriften über eine Zusammenlegung der Verfahren oder eine Konzentration bei einem Gericht. In § 118c I BRAO findet sich lediglich der Hinweis, dass das anwaltsgerichtliche Verfahren gegen eine Leitungsperson und das anwaltsgerichtliche Verfahren gegen eine BAG miteinander verbunden werden können – dabei setzt das Gesetz aber offensichtlich voraus, dass für beide Verfahren das gleiche Anwaltsgericht örtlich zuständig ist. Ob hier über § 116 I BRAO die Regelungen der StPO, namentlich § 13 StPO, Anwendung finden, scheint jedenfalls nicht sicher: Reelsen23 23 Weyland-Reelsen, BRAO, 11. Aufl., § 116 BRAO Rn.37. und Dittmann24 24 Henssler/Prütting-Dittmann, 5. Aufl., § 116 Rn. 6. lehnen das z.B. ab (wobei den Kommentierungen zugutegehalten werden muss, dass zum Zeitpunkt der Kommentierung dieses Problem noch keine praktische Relevanz hatte); die Gesetzesbegründung zur Einführung der ursprünglichen BRAO im Jahre 1958 hingegen bejahte immerhin die Anwendbarkeit der StPO zur Entscheidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten mehrerer Anwaltsgerichte (damals noch „Ehrengerichte“).25 25 BT-Drs. 3/120, 100. Die Möglichkeit einer Konzentration von Verfahren bei einem Anwaltsgericht ist dabei keineswegs selbstverständlich: denn die Kammermitglieder unterliegen nur der Aufsicht und der Anwaltsgerichtsbarkeit ihres eigenen Kammerbezirks: Eine Verurteilung einer Rechtsanwältin durch ein Anwaltsgericht eines anderen Kammerbezirks ist jedenfalls mit dem bisherigen Verständnis der Berufsaufsicht über die Kammermitglieder nicht vereinbar. 5. EIN FAZIT Die Mitgliedschaft der BAGen in den Rechtsanwaltskammern wird keine Probleme bereiten. Die Mitgliedschaft nichtanwaltlicher Personen in den Rechtsanwaltskammern bedeutet für die Kammern einen höheren Verwaltungsaufwand, der sich aber in Grenzen haltenwird. Mit Blick auf die Berufsaufsicht ist festzuhalten, dass BRAO (und BORA) ein engmaschiges, teilweise redundantes, Netz von Verantwortlichkeiten knüpfen, die sicherstellen, dass es Verantwortliche für die Einhaltung des Berufsrechts in der BAG gibt. Die Rechtsanwaltskammern und die Anwaltsgerichte verfügen auch über LÖWE/THEUS/WALLNER, EIN JAHR BERUFSAUSÜBUNGSGESELLSCHAFTEN BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 AUFSÄTZE 366
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