BRAK-Mitteilungen 6/2023

e) ÜBERWACHUNG DER EINHALTUNG DER MINDESTVERSICHERUNGSSUMMEN Völlig unklar ist bislang, wie eine Überwachung der Einhaltung der Mindestversicherungssummen des § 59o BRAO erfolgen soll. Bei Gesellschaften mit rechtsformbedingter Haftungsbeschränkung beträgt die Mindestversicherungssumme 1 Mio. Euro, sobald in dieser mehr als zehn Personen anwaltlich oder in einem Beruf nach § 59c I 1 tätig sind, beträgt die Mindestversicherungssumme 2,5 Mio. Euro. Dabei wird auf die tätigen Personen und nicht allein auf die Gesellschafterinnen und Gesellschafter abgestellt.34 34 BT-Drs. 19/27670, 198. Die Rechtsanwaltskammern erhalten zwar aufgrund der Anzeigepflicht gem. § 59g IV BRAO Kenntnis von zu- und austretenden Gesellschaftern sowie Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane einer BAG, sie erhalten jedoch keinerlei Mitteilung über Veränderungen der Versicherungssummen in der Berufshaftpflichtversicherung. Sie erhalten insbesondere nicht zwingend Meldung über jede Änderung im Personenstand der BAG. Die Mitteilungspflichten beziehen sich z.B. nicht auf solche anwaltlichen Personen, die in der Gesellschaft weder Gesellschafter noch Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgan oder mittelbar Beteiligter sind. So wäre es denkbar, dass ein Rechtsanwalt lediglich im Angestelltenverhältnis oder als freier Mitarbeiter in der BAG beschäftigt wäre, jedoch weil seine Kammerzugehörigkeit eine andere ist, als die der BAG, die Rechtsanwaltskammer keine aktive Kenntnis über die Überschreitung der für die Mindestversicherungssumme entscheidende Personenzahl gem. § 59o BRAO hat. Die Mindestversicherungssumme des § 59o BRAO aktiv zu überprüfen und ggf. erforderliche Konsequenzen des Widerrufs i.S.d. § 59h III Nr. 1 BRAO einzuleiten, könnte dergestalt erfolgen, dass der Berufshaftpflichtversicherer im Wege der Versicherungsbedingungen diesbezügliche Anzeigepflichten als Obliegenheitsvoraussetzung einbaut und Personenstandsveränderungen hinsichtlich der Mindestversicherungssumme der jeweiligen Rechtsanwaltskammer mitteilen muss. Die Verankerung der Überprüfung der Mindestversicherungssumme hat jedenfalls beim Versicherer zu erfolgen, der diese Daten ohnehin abzufragen hat. Sodann kann über § 59 II BRAO in entsprechender Anwendung des § 51 VI BRAO i.V.m. § 117 II VVG eine Mitteilung an die Rechtsanwaltskammer erfolgen. Die Kammern müssen entsprechend des Rechtsgedankens des § 48 IV VwVfG und der dazu ergangenen Rechtsprechung – wenn überhaupt – erst dann einschreiten, wenn der für den Widerruf zuständige „Amtswalter“, also das innerhalb der Kammer berufene ehrenamtliche Organ, konkrete Kenntnis von den einen Widerruf tragenden Tatsachenhat. f) MITTEILUNGEN DER RECHTSANWALTSKAMMER AN DEN BERUFSHAFTPFLICHTVERSICHERER Systemfremd erscheint schließlich die im aktuellen Regierungsentwurf zum Gesetz zur Regelung hybrider und virtueller Versammlungen in der Bundesnotarordnung, der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und dem Steuerberatungsgesetz sowie zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe geplante Einfügung des § 59f IV BRAO-E, wonach zukünftig die Rechtsanwaltskammern dem Berufshaftpflichtversicherer die Zulassung einer BAG mitteilen sollen.35 35 BT-Drs. 20/8674, § 59f IV BRAO-E. Die Mitteilung versicherungsrelevanter Tatsachen ist Aufgabe des Versicherungsnehmers an seinen Versicherer. 3. GERICHTE UND BEHÖRDEN BAGen als Mandatsträger sowie die Verantwortung für die Einhaltung berufsrechtlicher Regelungen durch Geschäftsführungs- und Leitungsorgane haben ebenfalls Auswirkungen auf Gerichte und Behörden. Für sie erweitert sich der Kreis der Beteiligten in Prozessverfahren aber auch hinsichtlich etwaiger Mitteilungspflichten gegenüber den Rechtsanwaltskammern. So haben Gerichte und Behörden einschließlich der Berufskammern gem. § 36 II BRAO der Rechtsanwaltskammer diejenigen Daten über Personen und BAGen zu übermitteln, deren Kenntnis aus Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist für Zulassung, Rücknahme oder Widerruf oder für die Einleitung oder Durchführung eines berufsrechtlichen Verfahrens. Nach der XXIII. Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen36 36 17. ÄndAV v. 3.8.2023 zum 1.10.2023, BAnz AT 22.9.2023 B1. zählt nunmehr auch die Berufsausübungsgesellschaft zum betroffenen Personenkreis über den die mitteilungspflichtigen Stellen, wie etwa Gerichte oder Gerichtsvollzieher Mittteilungen an die Rechtsanwaltskammern über u.a. Klagen, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder Eintragungen im Schuldnerverzeichnis machen müssen. LÖWE/THEUS/WALLNER, EIN JAHR BERUFSAUSÜBUNGSGESELLSCHAFTEN AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 369

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