ERHÖHUNG DER RECHTSANWALTSVERGÜTUNG IN DER 20. LEGISLATURPERIODE DER NÄCHSTE SCHRITT STEHT AN RECHTSANWÄLTIN JENNIFER WITTE* * Die Autorin ist Rechtsanwältin und Referentin bei der BRAK in Berlin. Sie ist dort u.a. für den Bereich Gebührenrecht zuständig. Die gesetzliche Rechtsanwaltsvergütung wurde zwar zum 1.1.2021 erhöht. Doch eine vollständige Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung brachte das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 nicht. Zudem waren damals die Energiekrise und Inflation infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine noch nicht absehbar, die zu dramatischen Kostensteigerungen für Anwaltskanzleien führten. Gemeinsam haben BRAK und Deutscher Anwaltverein sowohl eine regelmäßige lineare Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung als auch strukturelle Anpassungen im RVG gefordert. Die Autorin gibt im Folgenden einen Überblick über die Forderungen und einen Ausblick auf die nun anstehenden weiteren Schritte. I. NOTWENDIGKEIT DER ERHÖHUNG Die Erhöhung der Rechtsanwaltsvergütung zum 1.1. 2021 durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 (KostRÄG 2021)1 1 Gesetz zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021) v. 21.12.2020, BGBl. 2020 I, 3229. war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Nun muss der nächste Schritt folgen: Eine Erhöhung noch in der laufenden 20. Legislaturperiode. Dafür setzt sich die BRAK gemeinsam mit dem Deutschen Anwaltverein (DAV) gegenüber Bund und Ländernein.2 2 Gemeinsamer Forderungskatalog – BRAK-Stn.-Nr. 51/2023. Denn das KostRÄG 2021 passte die Rechtsanwaltsvergütung nicht vollständig an die wirtschaftliche Gesamtentwicklung seit der vorangegangen Erhöhung – acht Jahre zuvor im Jahr 20133 3 Zweites Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG) v. 23.7.2013, BGBl. 2013 I, 2586. – an. In der Folge steht die Anwaltschaft noch immer hinter der Wirtschaft zurück. Dies muss sich schnellst möglichst ändern. Zudem waren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der RVG-Erhöhung zum 1.1.2021 die dramatischen politischen Entwicklungen, die sich u.a. auf die Betriebskosten der Rechtsanwaltskanzleien auswirken, nicht absehbar. Die enormen Preissteigerungen durch die Energiekrise und Inflation in der Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine machen nun aber eine rasche Angleichung der anwaltlichen Vergütung an die wirtschaftliche Entwicklung unumgänglich. Eine alsbaldige Erhöhung der Rechtsanwaltsvergütung wäre nicht nur ein Zeichen der Anerkennung der Arbeit der Anwaltschaft in unserem Rechtsstaat, sondern sichert die wirtschaftliche Grundlage von Rechtsanwaltskanzleien gerade in strukturschwachen Regionen. Damit trägt sie dazu bei, dass Rechtsuchende auch künftig flächendeckend Zugang zu anwaltlichen Dienstleistungen haben werden. Außerdem ist es ein sehr großes Anliegen der Anwaltschaft, dass die Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung – anders als in der Vergangenheit – in wesentlich kürzeren Zeiträumen erfolgt. Darüber hinaus fordern BRAK und DAV insgesamt elf strukturelle Änderungen im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).4 4 A.a.O. II. LINEARE ERHÖHUNG DER RECHTSANWALTSVERGÜTUNG Zum einen fordern BRAK und DAV, dass die Rechtsanwaltsvergütung zeitnah linear erhöht wird. Die Rechtsanwaltsvergütung muss zumindest – vollständig! – an die gesamtwirtschaftliche Entwicklung seit dem 2. Kostenrechtsänderungsgesetz im Jahr 20135 5 A.a.O. bis zum Inkrafttreten der kommenden Erhöhung angeglichen werden. Dabei geht es keinesfalls um eine Gewinnmaximierung, sondern schlicht um die Ermöglichung auskömmlichen Arbeitens. Die eingangs dargestellten eklatanten Preissteigerungen führen zu noch höheren Betriebskosten zur Unterhaltung einer Kanzlei. Laut der STAR-Erhebung 2020, die die Daten für das Wirtschaftsjahr 2018 in der Anwaltschaft abgefragt hat, lagen die durchschnittlichen Gesamtkosten in Rechtsanwaltskanzleien insgesamt bei 48 %.6 6 S. Statistisches Berichtssystem für Rechtsanwälte (STAR), Abb. 5.3.1 (S. 318). Nur durch eine ausreichende Vergütung können Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte diese Betriebskosten erwirtschaften. Anderenfalls wird es für die Anwaltschaft als Organ der Rechtspflege in Zukunft schwierig werden, ihrem gesetzlichen Auftrag – den Zugang zum Recht für die gesamte Bevölkerung zu sichern – nachzukommen, ohne flächendeckend auf Vergütungsvereinbarungen ausweichen zu müssen. WITTE, ERHÖHUNG DER RECHTSANWALTSVERGÜTUNG IN DER 20. LEGISLATURPERIODE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 AUFSÄTZE 370
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