Auch ihm wurden die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auferlegt. Auch die Anwaltsgerichtshöfe hatten sich im Berichtszeitraum kaum mit Fragen des Fachanwaltsrechts zu befassen. Es finden sich lediglich eine Entscheidung des AGH Nordrhein-Westfalen13 13 AGH NRW, Urt. v. 18.11.2021 – 1 AGH 17/22. und eine Entscheidung des Bayrischen AGH.14 14 Bayrischer AGH, Urt. v. 24.11.2022 – Bay AGH – III-4-8/20, BRAK-Mitt. 2023, 42 f. (Ls.). Dabei wird die Entscheidung des Bayrischen AGH eine ausführlichere Besprechung erfahren, da sie maßgebliche Fragen der Fallgewichtung gem. § 5 FAO sowie des Verfahrensrechts der FAO betrifft. 1. FORTBILDUNG EINES FACHANWALTS FÜR INTERNATIONALES WIRTSCHAFTSRECHT Vor dem AGH Nordrhein-Westfalen war streitig, ob Fortbildungsveranstaltungen, die der dortige Kläger im Jahre 2022 besucht hatte, geeignet waren, seine Fortbildungsverpflichtung als Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht zu erfüllen. Der Kläger belegte die Seminare „Update BGB Schuldrechtsreform 2022“ und „Die Umsetzung von Artikel 17 Digital Market Directive (DSM-RL). Die Rechtsanwaltskammer lehnte die Anerkennung der Fortbildungsveranstaltungen als Fortbildung nach § 15 FAO ab, da die Seminare ausschließlich das nationale Schuld- und Urheberrecht beträfen und keiner der in § 14n FAO genannten Teilbereiche tangiert sei. Daraufhin erhob der Kläger Feststellungsklage, die vor dem AGH Nordrhein-Westfalen keinen Erfolg hatte. a) ZULÄSSIGKEIT DER FESTSTELLUNGSKLAGE Der AGH setzte sich zunächst mit der Frage der Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage auseinander, die er im Ergebnis bejahte. Denn der Kläger könne nicht daraufhin verwiesen werden, dass er Anfechtungsklage gegen einen etwaigen Widerrufsbescheid der Rechtsanwaltskammer erheben müsse, zumal nicht feststehe, dass die Rechtsanwaltskammer überhaupt eine Widerrufsentscheidung aussprechen würde, da der Kläger seit dem Jahre 2015 seit seiner Fortbildungsverpflichtung stets nachgekommen sei. Der AGH Nordrhein-Westfalen setzt sich damit von der Entscheidung des AGH Rheinland-Pfalz15 15 AGH Rheinland-Pfalz, Urt. v. 7.4.2022 – 1 AGH 8/21. ab, der angenommen hatte, dass im Falle einer Ermessensentscheidung der Rechtsanwaltskammer bei Nichterfüllung der Fortbildungsverpflichtung eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen sei. Zutreffend bejahte der AGH jedoch die Zulässigkeit der Klage. b) FACHSPEZIFISCHE FORTBILDUNGSPFLICHT Die Klage hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der AGH verwies darauf, dass gem. § 15 FAO eine fachspezifische Fortbildungsveranstaltung absolviert werden müsse. Dafür genüge es nach der Rechtsprechung des BGH16 16 BGH, NJW-RR 2016, 1459. nicht, dass die Fortbildungsveranstaltung einen bloßen Bezug zu einem Fachgebiet des Fachanwalts aufweise. Vielmehr muss die Fortbildung dem Aufbau, der Vertiefung und der Aktualisierung der bereits vorhandenen besonderen Kenntnisse des Fachanwalts dienen. Dies ist nach der Auffassung des AGH jedenfalls dann noch nicht der Fall, wenn sich die Veranstaltung lediglich mit der erstmaligen Umsetzung einer europarechtlich vollharmonisierten Richtlinie in nationales Recht befasse. Allein das Wissen, dass eine nationale Rechtsanpassung auf einer bestimmten europarechtlichen Richtlinie beruht, verschaffe dem Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht noch keine besonderen Kenntnisse, die für dieses Fachgebiet relevant seien. Es sei entscheidend auf die konkreten Inhalte einer Fortbildungsveranstaltung abzustellen. Ausreichend sei es insb. nicht, dass der Fachanwalt von der Fortbildung bei der Bearbeitung von Fällen seines Fachgebietes profitiert. Dem Kläger des Verfahrens gelang es auch in der mündlichen Verhandlung nicht, den AGH davon zu überzeugen, dass ihm die maßgeblichen Veranstaltungen fachgebietsspezifisches Wissen innerhalb des Fachgebiets seiner Fachanwaltschaft vermittelt hätten. 2. FALLGEWICHTUNG UND VERFAHREN ZUR ERLANGUNG DER FACHANWALTSCHAFT Dem vom Bayerischen AGH entschiedenen Fall lag das Begehren eines Rechtsanwalts zugrunde, die Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ zu führen. a) AUSGANGSSACHVERHALT Der Kläger legte der Rechtsanwaltskammer zunächst zwei Falllisten vor, von denen eine außergerichtliche Verfahren und eine Gerichts- und rechtsförmliche Verfahren enthielt. Nach einer Überarbeitung dieser Falllisten aufgrund eines Hinweises des Ausschusses zur mangelnden Unterscheidbarkeit der vom Kläger bearbeiteten Fälle, teilte der Kläger mit, dass zahlreichen der in der Liste beschriebenen Fälle, ein ähnlicher, aber nicht gleicher Lebenssacherhalt aus dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung zugrunde läge. Überdies teilte der Kläger im Hinblick auf die Möglichkeit einer Nachmeldung gem. § 24 IV 1 FAO mit, dass er eine erhebliche Anzahl von Fällen aus dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung nicht in die Falllisten aufgenommen habe, um diese nicht unnötig aufzublähen. Der Fachausschuss teilte dem Kläger wiederum mit, dass eine deutliche Mindergewichtung der Fälle angezeigt sei und gab ihm Gelegenheit zur Überarbeitung seiner Listen. Überdies wies der Fachanwaltsausschuss darauf hin, dass zahlreiche Fälle aus der Fallliste des Klägers wohl lediglich mit dem Faktor 0,2 zu bewerten seien. Der Kläger teilte die Auffassung des Fachausschusses nicht, was letztlich dazu führte, dass die ENGEL, DIE ENTWICKLUNG DES FACHANWALTSRECHTS IM JAHR 2023 BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 AUFSÄTZE 378
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