BRAK-Mitteilungen 6/2023

der Widerrufsfrist die Möglichkeit gehabt, den Inhalt des Verfahrens und die Tragweite des Vergleichs zu prüfen. Da die Klägerin nicht vortrug, dass sie nicht verstanden habe, dass das Arbeitsverhältnis endet, erschließe sich auch nicht, warum sie – insb. wenn sie auch weiterhin bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber hätte arbeiten wollen – nicht nochmal bei dem Beklagten nachfragte, wenn sie etwas nicht ausreichend verstanden hatte. Es sei daher nicht erkennbar, aus welchen Gründen der beklagte Anwalt erkannt haben sollte, dass noch weiterer Erläuterungsbedarf bestand. (ju) BEAUFTRAGUNG EINES TERMINSVERTRETERS UND KOSTENERSTATTUNG 1. Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen nach Maßgabe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (hier: 0,65-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3401 VV RVG) fallen für einen Terminsvertreter nur an, wenn dieser von der Prozesspartei selbst oder in deren Namen durch den Prozessbevollmächtigten (Hauptbevollmächtigten) beauftragt worden ist, nicht hingegen, wenn letzterer im eigenen Namen den Auftrag zur Terminsvertretung erteilt hat. 2. Bei einer Beauftragung des Terminsvertreters durch den Hauptbevollmächtigten im eigenen Namen sind die Kosten des Terminsvertreters auch nicht als Auslagen des Hauptbevollmächtigten i.S.d. Vorbem. 7 I 2 VV RVG i.V.m. §§ 675, 670 BGB erstattungsfähig. BGH, Beschl. v. 9.5.2023 – VIII ZB 53/21, NJW 2023, 2126, BRAKMitt. 2023, 309 Ls. Der VIII. Zivilsenat des BGH hat hier in einem Kostenfestsetzungsverfahren über die gem. § 91 ZPO notwendigen Kosten eines Terminsvertreters entschieden. Letztlich kann der Beschluss aber auch Haftungsfragen betreffen. Der Sachverhalt ist ebenso einfach wie häufig anzutreffen. Die Kläger im Verfahren mussten die Beklagten an einem weiter entfernten Gericht verklagen, beauftragten aber dazu in der Nähe ortsansässige Anwälte, die wiederum eine andere Kanzlei mit der Terminsvertretung beauftragten. Die Terminsvertreter stellten nun den Hauptvertretern sowohl die Terminsgebühr als auch eine 0,65 Gebühr gem. Nr. 3401 VV RVG in Rechnung. Diese Rechnung war also nicht an die Partei selbst gerichtet; im Kostenfestsetzungsverfahren waren die Vertreter der Ansicht, dies spiele auch keine Rolle.7 7 Die gebührenrechtliche Unterscheidung hatte allerdings schon der BGH mit Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 122/98, BRAK-Mitt. 2001, 140 mit Anm. Praefcke =NJW2001, 753 vorgenommen; dem folgend BGH, Beschl. v. 13.7.2011 – IV ZB 8/11, VersR 2012, 737. Die eigenen Reisekosten wären jedenfalls höher gewesen als die Kosten der Beauftragung von Terminsvertretern. Grundsätzlich sind Kosten und Gebühren aber nur insoweit erstattungsfähig als die entsprechende Beauftragung durch die Partei selbst oder in deren Namen (!) durch die Hauptbevollmächtigten erfolgt, nicht aber, wenn der Hauptbevollmächtigte selbst in eigenem Namen einen Terminsvertreter beauftragt. Beantragt also die Partei die Erstattung der Kosten des Terminsvertreters, hat sie glaubhaft zu machen, dass der Terminsvertreter letztlich durch sie beauftragt wurde und so auch die Partei Kostenschuldner geworden ist. Diese Glaubhaftmachung ist der Klägerin vorliegend nicht gelungen; vielmehr sprachen alle Umstände dafür, dass der Hauptbevollmächtigte selbst den Auftrag und entsprechende Untervollmacht erteilt hatte. Erstattungsfähig wären die Kosten aber dann, wenn man sie als notwendige Auslagen des Hauptbevollmächtigten i.S.d. Vorbem. 7 zu I 2 VV RVG ansehen würde. Diese – umstrittene – Frage löst der VIII. Zivilsenat hier ebenfalls nicht i.S.d. Rechtsbeschwerde. Der BGH begründet das damit, dass es sich vorliegend schon nicht um Auslagen nach § 670 BGB handele, denn der Hauptbevollmächtigte habe eine eigentlich ihm persönlich obliegende Pflicht an die Terminsvertreter übertragen und insoweit zu eigenen Zwecken, nicht im mutmaßlichen Fremdinteresse, gehandelt. Der Aufwendungsersatzanspruch solle lediglich verhindern, dass der Geschäftsbesorger durch die Geschäftsbesorgung eine Vermögenseinbuße erleide, die durch die Vergütung selbst nicht abgedeckt werde. Nach § 5 RVG verdiene der Hauptbevollmächtigte selbst die Terminsgebühr, so dass er diese nicht als Aufwendung ersetzt bekäme. Diese Bemerkung verdeutlicht auch, warum sich der Streit vorliegend lediglich um die 0,65 Verfahrensgebühr, nicht aber um die 1,2 Terminsgebühr drehte. Letztere wurde offenbar nur einmal zur Festsetzung angemeldet. Entweder es handelte sich dabei um originäre Aufwendungen der Partei oder um Auslagen des Hauptbevollmächtigten, weil er selbst insoweit seine Aufgaben übertragen und selbst entsprechend nichts abgerechnet hatte. Die Verfahrensgebühr wurde aber zusätzlich zur Verfahrensgebühr, die schon beim Hauptbevollmächtigten angesetzt war, zur Festsetzung angemeldet. Diese zusätzlichen Gebühren akzeptierte der BGH aus den dargestellten Gründen nicht. Fazit: Werden mehrere Kanzleien tätig, sollten sich die Beteiligten darüber Gedanken machen, wie sie die vertraglichen Beziehungen gestalten. Es ist eben nicht gleichgültig, ob ein Hauptvertreter den Unterbevollmächtigten in eigenem Namen oder im Namen der von ihm vertretenen Partei erteilt. Im Kostenfestsetzungsverfahren kann es einen entscheidenden Unterschied bedeuten, ob es sich bei den angemeldeten Kosten um unmittelbar von der Partei zu zahlende Gebühren oder um Auslagen des Hauptbevollmächtigten handelt. Im vom BGH entschiedenen Fall dürfte es jedenfalls rechtlich am Ende so sein, dass der Hauptbevollmächtigte zwar seine 1,3 Verfahrensgebühr dem Mandanten gegenüber abrechnen kann, seinerseits aber die 0,65 Gebühr für den Terminsvertreter selbst zahlen muss und nicht für den Mandanten festsetzen lassen kann, der JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 381

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