BRAK-Mitteilungen 6/2023

dass Rechtsschutzsuchende die im Verkehr erforderliche Sorgfalt erfüllen, wenn sie einen über die zu erwartende Übermittlungsdauer der zu faxenden Schriftsätze samt Anlagen hinausgehenden Sicherheitszuschlag in der Größenordnung von 20 Minuten einkalkulieren. Selbst wenn man also für die Übermittlung der Datei selbst nur einen ganz geringen Zeitraum veranschlage, müssten Schwankungen bei der Internetverbindung oder eine hohe Belastung des Servers kurz vor Mitternacht etwa wegen einer großen Anzahl eingehender Nachrichten oder Durchführung von Software-Updates einkalkuliert werden. Ob hier ebenfalls 20 Minuten zu veranschlagen sind, lässt der Senat offen; sieben Minuten seien jedenfalls zu wenig. Ein weiteres Verschulden des Prozessbevollmächtigten lässt der Senat ebenfalls dahinstehen: nämlich, ob nicht der Versuch einer Ersatzeinreichung nach § 55d S. 3 und 4 VwGO verlangt werden müsste. Das wäre in der Tat das Mittel der Wahl gewesen. Der BGH9 9 BGH, Beschl. v. 26.1.2023 – V ZB 11/22, Rn. 26, BRAK-Mitt. 2023, 255 f. jedenfalls nahm bei einer nicht unverzüglichen Glaubhaftmachung im Rahmen der Ersatzeinreichung ein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden an. Da es im Rahmen der Ersatzeinreichung gerade nicht auf ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten ankommt, hätte ein zu kurz bemessener Sicherheitszuschlag dabei nicht geschadet. (ju) SINNVOLLE DATEINAMEN FÜR beA-SCHRIFTSÄTZE VERGEBEN! Anwälte müssen im Rahmen der Kanzleiorganisation dafür Sorge tragen, dass für Schriftsätze, die per beA eingereicht werden sollen, sinnvolle Dateinamen vergeben werden, um eine Prüfung zu ermöglichen, ob der richtige Schriftsatz übersandt wurde. (eigener Ls.) BGH, Beschl. v. 31.8.2023 – VIa ZB 24/22, BRAK-Mitt. 2023, 422 (in diesem Heft), NJW 2023, 3434, MDR 2023, 1403 In einem „Diesel-Verfahren“ legte die Kanzlei der Klägervertreter nach Klageabweisung in I. Instanz Berufung ein. Innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist wurde aus dem beA des Anwalts unter dem Dateinamen „Berufungsschriftsatz.pdf“ ein Schriftsatz eingereicht, der ein Monate zurückliegendes Datum trug, an ein anderes OLG gerichtet war und andere Parteien, also ein völlig anderes Verfahren betraf. Nach einem Hinweis des OLG beantragte die Kanzlei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Eine Kanzleimitarbeiterin habe vor der Versendung per beA durch sie nochmals kontrolliert, ob es sich um den richtigen Schriftsatz handle. Das OLG wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarf die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig. Der BGH verwarf die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde als unzulässig. Die Versäumung der Frist beruhe auf einem nach § 85 II ZPO zurechenbaren Anwaltsverschulden. Da die Versendung aus dem beA des Anwalts und nicht einer Mitarbeiterin erfolgt sei, nach dem Vortrag die Versendung aber, insofern entgegen § 26 I RAVPV, durch die Mitarbeiterin erfolgt sei, müsse sich der Anwalt die Übersendung des falschen Schriftsatzes als eigenen Fehler zurechnen lassen. Selbst wenn man dies anders beurteilte, läge ein anwaltliches Organisationsverschulden vor. Wie früher beim Telefax müsse auch beim beA der Versandvorgang überprüft werden. Dies betreffe beim beA die automatische Eingangsbestätigung des Empfangsgerichts. Es müsse aber auch sichergestellt werden, dass das richtige Dokument übersandt wurde. Dies sei anhand eines zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens zu überprüfen. Der Autor kann aus seiner anwaltlichen Praxis bestätigen, dass sehr häufig die von Anwältinnen und Anwälten per beA versandten Schriftsätze Dateinamen tragen, die kaum oder gar nicht Rückschlüsse auf das Verfahren und auf den Inhalt des Schriftsatzes zulassen (z.B. PDF_A_Schreiben, Schr_Kl_StN, 230912-SchrS). Es wäre doch kein allzu großer Aufwand, das Dokument mit Kurzrubrum und Kurzangabe des Inhalts zu bezeichnen. Noch sicherer wäre es natürlich, das Dokument vor und/oder nach dem Hochladen in die beA-Anwendung zu öffnen und inhaltlich zu überprüfen, ob es das richtige ist. (hg) NAME DES ANWALTS MUSS BEI EINFACHER SIGNATUR IMMER ANGEGEBEN WERDEN – AUCH BEI EINZELKANZLEI Die einfache Signatur (Wiedergabe des Namens des verantwortlichen Anwalts am Ende des Textes) ist bei der Übermittlung von Dokumenten gem. der zweiten Variante des § 32a III StPO auch dann zu verlangen, wenn im verwendeten Briefkopf der Rechtsanwaltskanzlei nur ein Rechtsanwalt ausgewiesen ist OLG Braunschweig, Beschl. v. 9.6.2023 – 1 ORbs 22/23, BRAKMitt. 2023, 268 Ein per beA eingereichter Anwaltsschriftsatz, der die Begründung eines Antrags auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde enthielt, war nicht qualifiziert signiert und lediglich mit dem Wort „Rechtsanwalt“ ohne Namensnennung signiert. Auf Hinweis des Gerichts machte der Anwalt geltend, er sei, wie aus seinem Briefkopf hervorgehe, Einzelanwalt, in der Kanzlei seien keine weiteren Anwälte tätig; vorsorglich stellte er Wiedereinsetzungsantrag. Das OLG lehnte den Wiedereinsetzungsantrag ab und verwarf den Zulassungsantrag als unzulässig. Der Schriftsatz enthalte weder eine qualifizierte noch eine einfache Signatur. Für letztere sei die bloße Angabe der Berufsbezeichnung Rechtsanwalt ohne Namensangabe nicht ausreichend. Die Signatur solle sicherstellen, dass die unterzeichnende Person als diejenige erkennbar ist, welche für den Inhalt des Schreibens Verantwortung übernimmt.10 10 BGH, MDR 2022, 1362. Selbst wenn auf dem BriefAUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 383

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