4. Soweit der Kl. die Feststellung begehrt, dass seine Mitgliedschaft als natürliche Person bei der RAK München nichtig ist, handelt es sich um eine Feststellungsklage gem. § 112c I 1 BRAO, § 43 I VwGO. Hinsichtlich der begehrten Feststellung der Nichtigkeit des Kl. als natürliche Person als Mitglied der Bekl. besteht ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 43 I VwGO. Durch die begehrte Feststellung kann verhindert werden, dass der Kl. gegen künftige Beitragsbescheide der Bekl. jeweils gesondert vorgehen muss. 5. Ein Vorverfahren gem. § 68 VwGO war gem. § 112c I 1 BRAO, Art. 15 BayAGVwGO entbehrlich. II. Die Klage ist unbegründet. Der Beitragsbescheid der Bekl. v. 5.1.2023 ist rechtmäßig. § 60 II Nr. 3 BRAO ist verfassungsgemäß. Der Kl. wird durch den Beitragsbescheid nicht in seinen Rechten aus Art. 9 I GG, Art. 12 I GG, Art. 14 I GG und Art. 2 I GG verletzt. 1. Der Beitragsbescheid der Bekl. v. 5.1.2023 ist rechtmäßig. Er beruht auf § 60 II Nr. 3 BRAO i.V.m. Nr. 1, 4 der Beitragsordnung der Bekl. für das Jahr 2022 (B 2). a) Gemäß § 60 II Nr. 3 BRAO sind nichtanwaltliche Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften, die Mitglied der RAK. Der Kl. ist Steuerberater und vertretungsberechtigter Partner der „...“ (B 3, B 4), nicht aber Rechtsanwalt. b) Damit ist der Kl. persönliches Mitglied der RAK, der die Berufsausübungsgesellschaft angehört, deren Partner er ist (Lauda, in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl. 2020, BRAO, § 60 Rn. 24a; Weyland/Weyland, 10. Aufl. 2020, BRAO § 60 Rn. 14). Somit wurde der Kl. durch die am 7.12.2022 erfolgte Zulassung der „...“ als Berufsausübungsgesellschaft durch die Bekl. kraft Gesetzes Mitglied der RAK München (Lauda, in Gaier/Wolf/Göcken, a.a.O., § 60 BRAO, Rn. 10). Da die Mitgliedschaft gem. § 60 II Nr. 3 BRAO kraft Gesetzes eintritt, bedurfte es eines gesonderten Bescheides an den Kl. über die Mitgliedschaft bei der Bekl. nicht. c) Gemäß Nr. 1 der Beitragsordnung der Bekl. für das kein gesonderter Bescheid erforderlich Jahr 2022 beträgt der Jahreskammerbeitrag für Kammermitglieder, die natürliche Personen sind, 300 Euro. Da der Kl. erst im Dezember 2022 Kammermitglied wurde, hat der Kl. gem. Nr. 4 der Beitragsordnung nur einen Kammerbeitrag in Höhe eines Zwölftels des Jahreskammerbeitrags, somit i.H.v. 25 Euro, zu entrichten. 2. § 60 II Nr. 3 BRAO ist verfassungsgemäß. Der Kl. ist durch diese Vorschrift i.V.m. dem Beitragsbescheid der Bekl. v. 5.1.2023 nicht in seinen Grundrechten verletzt. a) Die gesetzliche Mitgliedschaft des Kl. in der RAK München berührt den Schutzbereich von Art. 9 I GG nicht. Art. 9 I GG schützt nicht vor einer gesetzlich angeordneten Art. 9 I GG nicht verletzt Eingliederung in eine öffentlich-rechtliche Körperschaft (BVerfGE 10, 89, 102; BVerfGE 10, 354, 361 f.; BVerfGE 15, 235, 239; BVerfGE 38, 281, 297 f., jeweils zitiert nach juris, zuletzt BVerfG, NVwZ 2002, 335 – beck-online). Das Element der Freiwilligkeit sei für den in Art. 9 I GG verwandten Vereinsbegriff konstituierend. Auch die Entstehungsgeschichte spreche gegen die Einbeziehung öffentlich-rechtlicher Verbände in den Schutzbereich dieser Vorschrift (BVerfG, NVwZ 2002, 335, 336). Gemäß § 62 I BRAO ist die Bekl. eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Art. 9 I GG ist vorliegend somit nicht verletzt. b) Die Pflichtmitgliedschaft in einer RAK fällt auch nicht in den Schutzbereich des Art. 12 I GG. Bei der Pflichtmitgliedschaft handelt es sich nach der Rechtsprechung des BVerfG um eine einfache Folge der Berufsausübung, die weder die Art und Weise der Ausübung des Berufs regelt, noch eine berufspolitische Tendenz verfolgt (BVerfGE 15, 235, 239; s. hierzuHatje, Terhechte, NJW 2002, 1849, 1850). c) Die gesetzliche Mitgliedschaft des Kl. in der RAK München verletzt auch nicht das durch Art. 14 I GG geschützte Eigentum des Kl. Die Auferlegung von Beiträgen hierfür stellt keine VerArt. 14IGG nicht verletzt letzung des Eigentums dar (BVerfGE 10, 89, 116). d) Durch die gesetzliche Mitgliedschaft in der Bekl. wird auch die durch Art. 2 I GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit des Kl. nicht verletzt. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist Art. 2 I GG Prüfungsmaßstab für den Schutz gegen die Inanspruchnahme als Mitglied einer Zwangskooperation (BVerfGE 10, 89, 102; BVerfGE 10, 354, 363; BVerfGE 15, 235, 239; BVerfGE 38, 281, 297 f.; BVerfG, NVwZ 2002, 335, 336). Voraussetzung für die Errichtung eines öffentlich-rechtlichen Verbands mit Zwangsmitgliedschaft ist nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG, dass der Verband legitime öffentliche Aufgaben erfüllt (vgl. nur BVerfGE 10, 89, 102; BVerfGE 15, 235, 241; BVerfGE 38, 281, 299). Damit die grundsätzliche Freiheit der Berufsausübung gem. § 2 I BRAO gewahrt werden kann, ohne dass der Anwaltschaft als solcher und der Rechtspflege, somit dem Gemeinwohl, Gefahren und Schäden erwachsen, sind die einzelnen Rechtsanwälte zu einer Kammer zusammengeschlossen, die in ihrer Gesamtheit und deren von den Kammermitgliedern gewählter Vorstand bestimmte öffentliche Aufgaben im Interesse der Rechtspflege und der Kammermitglieder kraft Gesetzes gem. §§ 73, 89 BRAO zu erfüllen haben. Durch diese Regelung entlastet der Staat seine eigenen Behörden von diesen Aufgaben, nutzt die spezifische Sachund Personenkenntnis der anwaltlichen Selbstverwaltungsgremien und stärkt zugleich die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit des anwaltlichen Berufsstands. Damit erfüllt die RAK legitime öffentliche Aufgaben (Weyland/Weyland, a.a.O., § 60, Rn. 19 f., Lauda, in Gaier/Wolf/Göcken, a.a.O., § 60, Rn. 11 ff.). Die gesetzliche Mitgliedschaft aller Rechtsanwälte in der RAK ist somit verfassungskonform. BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 397
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