Auch § 60 II Nr. 3 BRAO, wonach nichtanwaltliche Ge- § 60 II Nr. 3 BRAO ist verfassungsgemäß schäftsführungsorgane einer zugelassenen Berufsausübungsgesellschaft Mitglied der RAK sind, ist verfassungsgemäß. Die Regelung ist verhältnismäßig, nämlich geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne (zum Prüfungsmaßstab vgl. BVerfG, NvwZ 2002, 335, 337). Geschäftsführungsorgane einer Berufsausübungsgesellschaft haben eine herausgehobene Stellung innerhalb dieser Gesellschaft inne. Sie vertreten diese nach außen hin und können somit für diese Verpflichtungen eingehen. Mit der Regelung in § 60 II Nr. 3 BRAO wird gewährleistet, dass auch nichtanwaltliche Geschäftsführungsorgane einer Berufsausübungsgesellschaft den anwaltlichen Mitgliedschaftspflichten unterliegen und somit eine effektive Aufsicht der zuständigen RAK über die Berufsausübungsgesellschaft sichergestellt ist. Die Regelung ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet. Die Regelung ist auch erforderlich, um sicherzustellen, dass geschäftsführungsbefugte Personen der Berufsausübungsgesellschaft der Aufsicht der zuständigen RAK unterliegen und damit eine effektive Aufsicht über die Berufsausübungsgesellschaft erfolgen kann (Lauda, in Gaier/Wolf/Göcken, a.a.O., § 60, Rn. 24a; Weyland/ Weyland, a.a.O., § 60, Rn. 14). Ohne diese Regelung wären nichtanwaltliche Gesellerforderlich für effektive Berufsaufsicht schafter einer Berufsausübungsgesellschaft lediglich gem. § 59d I 1 BRAO verpflichtet, die anwaltlichen Berufspflichten zu beachten. Diese würden für berufsfremde Gesellschafter somit nicht unmittelbar gelten; ihre Sanktionierung mit berufsrechtlichen Instrumenten wäre damit nicht möglich (Kilian, NJW 2022, 2577, 2581 Rn. 21). Der Gesetzgeber unterscheidet somit einerseits zwischen nichtanwaltlichen Gesellschaftern einer zugelassenen Berufsausübungsgesellschaft, die keine Geschäftsführungsorgane der Gesellschaft sind und für die Berufspflichten eines Rechtsanwalts nicht unmittelbar gelten, und nichtanwaltlichen Geschäftsführungsorganen einer zugelassenen Berufsausübungsgesellschaft andererseits. Für letztere sollen die anwaltlichen Berufspflichten unmittelbar gelten. Auch durch das zum 1.8.2022 in Kraft getretene Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften (BGBl. 2021, I 2363), durch das die interprofessionelle Berufsausübung für Rechtsanwälte, Steuerberater und Patentanwälte nun in deutlich größerem Umfang möglich gemacht wurde als in der Vergangenheit (vgl. hierzu Kilian, NJW 2022, 2577), hat sich an dieser Unterscheidung nichts geändert. Weiterhin sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nichtanwaltliche Gesellschafterinnen und Gesellschafter, die geschäftsführend für die zugelassene Berufsausübungsgesellschaft tätig sind, persönlich Mitglied der RAK sein (BT-Drs. 19/ 27670, Gesetzesbegründung zu § 59c BRAO, S. 178; BT-Drs. 19/27670, Gesetzesbegründung zu § 59d BRAO, S. 181; BT-Drs. 19/27670, Gesetzesbegründung zu § 59j V BRAO, S. 194 f.; BT-Drs. 19/27670, Gesetzesbegründung zu § 60 BRAO, S. 200). Entgegen der Rechtsansicht des Kl. ist es für diesen Personenkreis erforderlich, dass diese aufgrund ihrer herausgehobenen Stellung den anwaltlichen Pflichten unterliegen, um eine effektive Aufsicht über die Berufsausübungsgesellschaft sicherzustellen. Die Berufspflichtbindung der Gesellschaft selbst, drohende zivilrechtliche Nachteile bei der Verletzung von Berufspflichten durch die Gesellschaft und das in § 59d V BRAO geregelte Verbot, mit Personen in einer Gesellschaft verbunden zu bleiben, die schwerwiegend oder wiederholt gegen Berufspflichten verstoßen haben (s. hierzu Kilian, NJW 2022, 2577, 2581 Rn. 21), sind nicht ausreichend, um eine effektive Aufsicht über die Berufsausübungsgesellschaft zu gewährleisten. Die Regelung des § 60 II Nr. 3 BRAO ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Mit der persönlichen Mitgliedschaft des berufsfremden Geschäftsführungsorgans der zugelassenen Berufsausübungsgesellschaft in der RAK sind nicht nur Mitgliedschaftspflichten, sondern auch Mitgliedschaftsrechte verbunden (Weyland/ Weyland, a.a.O., § 60 Rn. 14). Die Verpflichtung, Kammerbeiträge zu zahlen, erscheint zudem zumutbar. 3. Eine Entscheidung des BVerfG war nicht gem. Art. 100 I GG einzuholen, da der Senat die Regelung des § 60 II Nr. 3 BRAO nicht für verfassungswidrig hält. HINWEISE DER REDAKTION: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Berufung ist beim BGH anhängig (Az.: AnwZ (Brfg) 35/23). Die Hauptversammlung der BRAK hat sich am 13.10.2023 mit § 60 I Nr. 3 BRAO befasst. Nach Auffassung der Rechtsanwaltskammern ist eine Doppelmitgliedschaft in den Rechtsanwaltskammern nur dann erforderlich, wenn nicht bereits eine anderweitige Mitgliedschaft in einer Berufskammer besteht, welche eine vergleichbare Berufsaufsicht (wie beispielsweise bei Steuerberatern, Patentanwälten und Wirtschaftsprüfern) gewährleistet. In diesen Fällen ist eine zusätzliche Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer entbehrlich. Andernfalls sollte es auch zukünftig bei einer Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer verbleiben. Auf Grundlage dieses Beschlusses ist dem BMJ folgende Änderung des § 60 II Nr. 3 BRAO vorgeschlagen worden: „3. Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von Berufsausübungsgesellschaften nach Nr. 2, die nicht schon nach Nr. 1 Mitglied einer Rechtsanwaltskammer oder Mitglied einer anderen Berufskammer eines freien Berufs, die eine vergleichbare Berufsaufsicht ausübt (insb. Steuerberaterkammer, Wirtschaftsprüferkammer, Patentanwaltskammer) sind.“ BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 398
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