BRAK-Mitteilungen 6/2023

sungsverfahren – auch nicht unstreitig, dass die Kl. den Brief nicht persönlich entgegengenommen hat. Im Gegenteil hat sich die Bekl. auf die durch die Postzustellungsurkunde nachgewiesene persönliche Übergabe des Widerrufsbescheids an die Kl. am 11.5.2021 berufen. [13] d) Der AGH hat das Vorbringen der Kl. nicht für hinreichend gehalten, um ein Fehlverhalten des Postzustellers und eine Falschbeurkundung darzulegen. Das Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit dieser Auffassung. Denn hiernach ist gerade nicht jede Möglichkeit ausgeschlossen, dass die in der Zustellungsurkunde beurkundete persönliche Übergabe des Widerrufsbescheids an die Kl. zutreffend sein könnte. Selbst wenn der Vortrag demnach bewiesen wäre, wäre er nicht geeignet, die Beweiskraft der Zustellungsurkunde zu erschüttern. [14] aa) Das dortige Vorbringen der Kl., dass am 11.5. 2021 zwar ein Postbote gekommen sei, der ihren Mann im Rahmen seiner Vorbereitungen für eine Fahrt nach K. zu einem Gerichtstermin in dem Flur vor der Wohnungseingangstüre angetroffen habe, ihm jedoch keinen Brief ausgehändigt habe, sondern wieder gegangen sei, ohne dies auch nur zu versuchen, ist nicht geeignet, um die in der Zustellungsurkunde beurkundete Zustellung an die Kl. zu widerlegen. Selbst wenn dies zutreffen sollte, ergäbe sich hieraus nur, dass in diesem Moment eine Zustellung an den Ehemann der Kl. nicht stattgefunden hat, was indes auch nicht beurkundet wurde. Offen bleibt nach dem Vortrag der Kl. bereits, ob der geschilderte Vorgang überhaupt im Zusammenhang mit einem Versuch der Zustellung des Widerrufsbescheids stand. Jedenfalls schließt das von ihr behauptete Zusammentreffen ihres Ehemanns mit einem Postzusteller nicht aus, dass der Kl. der Widerrufsbescheid an diesem Tag – wie beurkundet – persönlich übergeben und damit zugestellt wurde, sei es durch denselben Postboten im zeitlichen Zusammenhang mit diesem Vorfall oder zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt oder aber durch einen anderen Zusteller bzw. eine Zustellerin. Vor diesem Hintergrund ergeben sich auch nicht deshalb ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, weil der AGH von der Zustellung durch eine Zustellerin spricht, der Ehemann der Kl. indes einen männlichen Postboten angetroffen haben will. Sollte die Zustellung durch eine Zustellerin beurkundet worden sein, spräche dies erst Recht für einen Zustellungsvorgang, der von dem durch den Ehemann der Kl. erlebten Zusammentreffen mit dem Postboten zu unterscheiden wäre. Sollte die zustellende Person männlich gewesen sein, könnte es sich zwar um dieselbe Person handeln, die auch der Ehemann an diesem Tag getroffen hat, was allerdings – wie oben ausgeführt – für die Frage einer an diesem Tag erfolgten Zustellung an die Kl. selbst unerheblich wäre. Im Hinblick darauf, dass das Geschlecht der zustellenden Person, das auf Grundlage des auf der Postzustellungsurkunde angegebenen Namens nicht zweifelsfrei feststellbar ist, mithin unerheblich ist, bedurfte es insoweit keiner weiteren Aufklärung. [15] bb) Auch das Vorbringen der Kl. in der Begründung des Zulassungsantrags, dass sie das Haus am 11.5.2021 nur für zwei Termine gemeinsam mit ihrem Ehemann verlassen habe, sie ansonsten krank im Bett gelegen und ihr Ehemann ihr ganztägig zur Seite gestanden habe, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Denn auch hierdurch würde, selbst wenn dieser Vortrag durch die Vernehmung des Ehemanns bestätigt würde, die Beweiskraft der Zustellungsurkunde nicht entfallen, da damit gerade nicht jede Möglichkeit, dass ihr der Bescheid an diesem Tag an der Zustelladresse übergeben wurde, ausgeschlossen wird und somit eine Falschbeurkundung nicht dargelegt ist. [16] Die Kl. befand sich hiernach über weite Teile des keine Darlegung einer Falschbeurkundung Tages an dem angegebenen Zustellungsort, so dass logistisch und zeitlich eine Zustellung an sie möglich war. Sie war zwar krank, nicht jedoch bettlägerig, sondern vielmehr in der Lage, sowohl einen Arzttermin als auch einen Gerichtstermin in K. durchzuführen, so dass es ihr ebenfalls möglich gewesen wäre, einem Zusteller die Türe zu öffnen und einen Brief anzunehmen. Auch eine Zustellung im Zusammenhang mit dem Verlassen ihrer Wohnung zur Wahrnehmung ihrer Termine ist denkbar. [17] Der von der Kl. vorgebrachte Umstand, dass ihr Ehemann sie zu den Terminen begleitet und ihr ansonsten ganztägig in der Wohnung zur Seite gestanden habe, schließt die Möglichkeit einer Zustellung an sie nicht aus. Die pauschale Behauptung, ihr Ehemann habe eine Zustellung nicht bemerkt, hätte eine solche aber aufgrund seiner ganztägigen Anwesenheit mitbekommen, ist nicht geeignet, um eine Falschbeurkundung zu belegen. Die Zustellung ist ein nur kurze Zeit in Anspruch nehmender Vorgang. Auch bei einem ununterbrochen gemeinsamen Aufenthalt von zwei Personen in einer Wohnung lassen sich nach allgemeiner Lebenserfahrung Momente, in denen diese sich nicht unmittelbar sehen und das Handeln des anderen mitbekommen, zum Beispiel während der Nutzung des Badezimmers, regelmäßig nicht ausschließen, ebenso wenig Momente, in denen die Aufmerksamkeit auf andere – zum Beispiel auch berufliche – Tätigkeiten fokussiert ist und ein kurzer Kontakt des Ehepartners mit einem Postboten nicht bemerkt wird. Eine unbemerkte Zustellung ließe sich allenfalls unter besonderen Umständen sicher ausschließen, etwa wenn eine durchgängige Bettlägerigkeit eine persönliche Zustellung von vornherein unmöglich machte. Derartige Umstände sind in der Zulassungsbegründung jedoch nicht dargetan (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegungslast auch BFH, BFH/NV 2004, 509, 510). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass und aufgrund welcher ungewöhnlichen Umstände eine von ihrem Ehemann unbemerkte Zustellung durch Übergabe an die Kl. ausnahmsweise auszuschließen ist, die Kl. also zu keinem Zeitpunkt an dem Zustellungstag auch nur einen kurPROZESSUALES BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 414

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